Casino Hille hat geschrieben: Man kann das natürlich anders sehen, aber ich finde schon, dass Kubrick, Gilliam und Haneke nicht ganz unrecht damit haben (rein wertfrei betrachtet), wenn sie festhalten, dass Schindlers Liste eben von einem Triumph erzählt oder zumindest auf einer positiven Note endet.
Wie schon geschrieben finde ich den Einwand Triumph statt Scheitern absolut zutreffend. Allerdings muss hier dann auch die Frage erlaubt sein, ob ein den Holocaust thematisierender Film das nicht genauso darf. Denn genaugenommen steckt in dem „Vorwurf“ etwas dieser „Anti“-Haltung drin, die ich eigentlich gar nicht mag (wie z.B. ein Kriegsfilm muss zwingend ein Anti-Kriegsfilm sein, weil alles andere moralisch keinen Sinn macht). Man kann SL ja auch als Plädoyer für die Hoffnung und das Gute sehen, dass inmitten der tiefsten Finsternis immer auch ein Licht weiterbrennt (ich formuliere u.a. auch deshalb so blumig, weil Spielberg genau dieses Bild ausgewählt hat, um seinen Film zu beginnen). Von daher finde ich wie gesagt den Einwand absolut treffend (weil SL eben tatsächlich einen „Erfolg“ thematisiert, etwas was mir bis gestern nie bewusst aufgefallen ist), ich sehe dies aber nicht zwangsläufig negativ.
Casino Hille hat geschrieben: Es ist vielleicht kein absolutes Feel Good Ende, da Spielberg ja die fiktive "I could have saved more"-Szene einfügte, aber der Film erzählt letztlich von Menschen, die den Holocaust überlebten und erzählt wenn man so will von Menschlichkeit und Nächstenliebe in einer schrecklichen, niederträchtigen Epoche.
Ich finde diesbezüglich die “I could have saved more”-Szene gar nicht so entscheidend. Wie gestern schon geschrieben finde ich schon, dass Spielberg das Grauen des Holocaust auf persönlicher Ebene durchaus gut transportiert, vor allem aber die Willkür und die Unmenschlichkeit der ausführenden Organe bzw. des gesamten Systems. Auch wenn die eigentliche Vernichtung nur am Rande konkret thematisiert wird (etwa durch den Asche-„Regen“), so ist es doch immer unterschwellig vorhanden. Es ist mir daher insgesamt zu einfach dem Film unter dem Deckmantel einer wie erwähnt durchaus zutreffenden Beobachtung (Triumph statt Scheitern) vorzuwerfen, er würde das eigentliche Thema zugunsten einer Hollywood-Komplettbedienung opfern (damit meine ich nicht dich, sondern eher Gilliams entspannte Plauderei – die (sorry wenn ich mich wiederhol) als Beobachtung absolut ins Schwarze geht, während ich der daraus abgeleiteten Kritik jedeoch nur bedingt folgen kann.
Casino Hille hat geschrieben: Ich sehe - wie angedeutet - in Schindlers Liste einen auf höchstem technischen Niveau gemachten Unterhaltungsfilm, der aber immer wieder etwas sehr in Hollywood-Mechanismen verfällt, sei das der für mich unpassende Score, seien das klassische Suspense-Motive oder eben das übliche Kitsch-Ende. Deswegen ist es nicht gleich ein schlechter Film, aber einer, der imo hinter seinen Möglichkeiten zurückbleibt, der es sich gerne zu einfach macht, wo der kompliziertere, schwierigere Weg vielleicht ergiebiger wäre.
Beziehst du den komplizierteren, schwierigeren Weg nur auf die angesprochenen handwerklichen Dinge oder auch aufs Inhaltliche? Ich finde z.B. auch, dass SL nicht die theamtische und figürliche Tiefe von z.B. Polanskis Pianisten erreicht, auch weil Spielberg etwas zu oft seine bewährten Hollywood-Tricks einsetzt. Der Pianist hebt sich auch deswegen von SL ab, da obwohl er ebenfalls von einem „Erfolg“ erzählt, er dennoch das „Scheitern“ wesentlich stärker thematisiert
(allein schon dadurch, dass Szpielmanns Familie am Ende eben nicht überlebt hat)
. Ein Vergleich beider Filme ist aufgrund der diversen Parallelen interessant und obwohl Polanski für mich auf eigentlich jedem Gebiet die Nase vorn hat und den wenn man so will „ehrlicheren“ Film gedreht hat, so bedeutet dies dennoch nicht im Umkehrschluß, dass ich Spielbergs Film als gescheitert ansehe.