Casino Hille hat geschrieben:Die Quantität kann man natürlich diskutieren, aber ich finde trotzdem, dass die Rahmenhandlung zu viel Zeit einnimmt (es sind anfangs locker 40 und abschließend 20 Minuten),
Bezgl. des zeitlichen Anteils von Einleitung und Finale: der Film beginnt nach 3 Minuten Titeln, die Enterprise kommt im 20. Jahrhundert in Minute 33 an, die Gerichtsverhandlung beginnt nach 108 Minuten, der Abspann beginnt bei Minute 115. D.h. also, für Anfang und Ende geht mit 37 Minuten von 112 Minuten Nettolaufzeit ziemlich genau ein Drittel drauf. Meine 100 Minuten war demnach etwas zu grosszügig angesetzt, deine 60 allerdings ebenso.

Einigen wir und doch darauf: die amüsanten Abenteuer auf der Erde nehmen mit 2/3 den Löwenanteil der Netto-Laufzeit ein.
Casino Hille hat geschrieben:und der Plot innerhalb der Zeitreise-Geschichte zu dünn ist für den gelieferten Humor. Das hängt aber sicherlich auch damit zusammen, dass nicht alle Gags in meinen Augen zünden, aber es sind schon ziemlich viele und ich stelle mir trotzdem die Frage, ob diese Geschichte nicht eher für eine TV-Episode gereicht hätte. Ein Eindruck, den auch schon Nimoys erster ST-Film hinterlassen hatte und der am Ende im Vergleich zu I und II bei Nimoys Arbeiten besonders auffällt. Während sich The Motion Picture und Der Zorn des Khan imo wie Kinofilme mit Kinoformat anfühlen, die die Enterprise in Abenteuer schicken, welche die Laufzeit wert sind, wirken beide Nimoys auf mich etwas, als würde man dünne Geschichten einer TV-Folge auf 2 Stunden strecken müssen.
Ich denke diese Einschätzung hängt entscheidend davon ab was man als Inhalt des Films ansieht. Für mich ist weder die Gefährdung der Erde durch eine extraterrestrische Sonde die Haupthandlung, noch die Rettung der Wale. Die Haupthandlung ist die Interaktion der Enterprise-Charaktere in einer für sie ungewohnten Umgebung. Alles andere sind Subplots und Katalysatoren, um die genannte Haupthandlung in Schwung bzw. die Figuren in interessante Konstellationen zu bringen. Man könnte auch sagen: die Figuren sind der Inhalt des Films. Aufgrund des hohen Volumens an charakterdefinierenden Szenen und zusätzlich dazu der hohen Quantität an Humor sehe ich nach wie vor nicht, wo ST IV weniger Inhalt bieten würde als seine Vorgänger. Es ist eben nur eine andere Art an Inhalt.
Casino Hille hat geschrieben:Findest du E.T. wirklich ähnlich?
Absolut, wie auch die anderen genannten Filme. Allen gemein ist das Hauptthema "Fish out of Water", in E.T. ein Außerirdischer auf der Erde bzw. in der Welt der Kinder (im Gegensatz zu der Welt der Erwachsenen, verkörpert durch Keys bzw. die Wissenschaftler und Agenten, die Jagd auf E.T. machen). Der Film funktioniert zu einem Großteil über die Interaktion der Hauptfiguren in Kombination mit viel Humor (gilt auch für die anderen genannten Filme) und weist ebenfalls einen emotionalen, dramatischen Teil auf (wiederum bei allen anderen genannten). Dieser mag bei ST IV (die Szene mit dem Walfänger und wenn man will die Bedrohung der Erde) in einem etwas kleineren Rahmen abgehen als bei Spielbergs Meisterwerk, ist aber dennoch da. Zu guter letzt lassen sich alle genannten Werke auf den gemeinsamen Nenner "SciFi-Filme, die aber nicht unbedingt das klassische SciFi-Kino bedienen" bringen. BTW: ich mag alle genannten sehr aus den gleichen Gründen, alles wunderbares FeelGoodKino.
Casino Hille hat geschrieben:
Es geht um eine Stelle, die ich im Review schon vorher erwähnte. Für mich wirkt das alles so, als wenn Nimoy keine Lust (netter formuliert: keine Ideen) hatte, seine Protagonisten ernsthaft mit den Konsequenzen ihres Handelns in den Vorgängern zu konfrontieren und sie daher dann in den letzten Minuten (inhaltlich natürlich richtigerweise) zu den Rettern der Erde stilisiert, damit ihnen alles vergeben wird. An sich ist das ja charmant (auch Kirks Herabstufung als die große Bestrafung), aber um ganz ehrlich zu sein, das passt doch überhaupt nicht mehr zum Eingang des Films, als die Klingonen noch laut poltern und sich regelrecht in Rage reden. All das bleibt am Ende einfach so ohne Konsequenz für Kirk? Warum es dann überhaupt in der Einleitung nutzen? Das fand ich schwach und ausflüchtig.
Kann man sicher so sehen, jedoch erfüllt die Szene mit dem klingonischen Botschafter in meinen Augen durchaus einen dramaturgischen Sinn. Zum einen ruft sie auch ohne Rückblende a la ST III die Ereignisse des Vorgängers geschickt in Erinnerung (nicht jeder Zuschauer kennt den Vorgänger zwangsläufig, von daher eine absolut legitime Maßnahme der Inszenierung) und zum anderen verdeutlicht sie das Risiko, welches die Entscheidung der Crew sich der Sternenflotte zu stellen birgt. Die Crew wird in neun schwerwiegenden Punkten angeklagt, muss also eine Verurteilung befürchten. Die Kriegsdrohung der Klingonen lässt dies noch schwerer wiegen, da man sich nicht sicher sein kann, dass eine etwaige Gerichtsverhandlungen und das daraus resultierende Urteil dadurch nicht auch politischen Erwägungen unterliegt. Trotzdem stellt sich die Crew, was sie charakterlich in einem noblen Licht zeigt. Sicher, der Film geht am Ende nicht mehr auf die Klingonen-Problematik ein, aber das ist in meinen Augen legitim, da eine Abhandlung dieses umfangreichen Themas ohnehin nicht in ein, zwei Sätzen zu erledigen wäre. Warum also überhaupt den klingonischen Botschafter zu Beginn integrieren? Wie bereits gesagt, um das Risiko etwas zu erhöhen. Zudem legen diese Szenen ein sehr schönes Fundament, auf welchem die beiden Nachfolger (vor allem ST VI) ihrerseits wunderbar aufbauen können. Denn die Animositäten zwischen Kirk und den Klingonen durch die Ereignisse in ST III wiegen schwer und daher rechne ich es ST IV auch positiv an, dass man dies nicht einfach unter den Tisch fallen gelassen hat. Es sind diese Dinge (wie auch Spocks kurzer Moment mit Pille im Finale von ST II), die die Serie einfach in sich stimmig erscheinen lassen, da dadurch Entwicklungen in den Folgefilmen nicht einfach "aus dem Hut" gezaubert werden, sondern bereits vorbereitet wurden.
Auch die Begnadigung macht angesichts der Ereignisse des Films nach der Klingonenszene absolut Sinn, da diese ebenfalls so schwer wiegen, dass sie die meisten der Verfehlungen des Vorgängers mehr als aufwiegen. Und Kirks Degradierung berücksichtigt sogar die unentschuldbare Befehlsverweigerung sinnvoll.