Alle die SKYFALL bereits gesehen haben: Eure Bewertung?

10
Insgesamt abgegebene Stimmen: 36 (23%)
9
Insgesamt abgegebene Stimmen: 57 (37%)
8
Insgesamt abgegebene Stimmen: 31 (20%)
7
Insgesamt abgegebene Stimmen: 13 (8%)
6
Insgesamt abgegebene Stimmen: 8 (5%)
5
Insgesamt abgegebene Stimmen: 2 (1%)
4
Insgesamt abgegebene Stimmen: 1 (1%)
3
Insgesamt abgegebene Stimmen: 1 (1%)
2
Insgesamt abgegebene Stimmen: 2 (1%)
1
Insgesamt abgegebene Stimmen: 4 (3%)
Insgesamt abgegebene Stimmen: 155

Re: Filmbesprechung: "Skyfall (SF)"

1684
James Bond 007 - Skyfall

50 Jahre haben ihre Spuren sichtbar hinterlassen und auch an einem James Bond konnte ein halbes Jahrhundert nicht einfach so vorbei gehen. Sam Mendes ist der Mann, der für 2012 (exakt 50 Jahre nach dem Bond-Erstling "Dr. No") auserkoren wurde, nicht nur eines der größten Jubiläen der Filmgeschichte zu feiern, sondern mit "Skyfall" den Mythos 007 ein weiteres Mal um neue Abenteuer zu erweitern. Und so liefert er zu Beginn eine schon beinahe anachronistische Verfolgungsjagd quer durch Istanbul, mit ruhigen Bildern von Roger Deakins, veralterten Fortbewegungsmitteln und angestaubt britischem Humor, alles wie immer eben - doch dann der Schock. Der Einsatz geht schef, Bond wird getroffen, tödlich verwundet und fällt zu Boden. Ein Schuss, der nicht nur den Helden, sondern alles wofür er steht, sinnbildlich in den Abgrund stürzt. "Skyfall" ist Heldenverehrung, Entmystifizierung und Abgesang auf den größten Helden einer verlorenen Ära.

In den 70ern hörte man, die Leute hätten an Bond das Interesse längst verloren. Als der Kalte Krieg endete, schien Bond den Leuten zu antiquiert, auch zu Beginn des 21. Jahrhunderts hieß es, die Reihe stünde nun gewiss vor ihrem Ende. Jetzt erwischt es in "Skyfall" den Helden selbst. "This is a young man's job", bekommt Bond nach seiner Auferstehung zu hören, bei den anstehenden physischen Rehabilitationstests versagt er. Ein gefallener Held... auch aus der Zeit gefallen? "Skyfall" selbst wird zum Hin und Her zwischen Tradition und Moderne, jugendlicher Innovation und altem Konservativismus. Mendes zerstört das MI6-Hauptquartier und macht Bonds Institution zur Ruine, führt alte Bekannte wie Gadget-Schmieder Q (gekonnt sarkastisch: Ben Whishaw) wieder ein, nur um sie pubertär neuinterpretiert fortschrittlicher als Bond selbst scheinen zu lassen, der als Einziger neben Vorgesetzte M (wie immer grandios authentisch und lebendig: Judi Dench) von der alten Garde übrig ist. Ein Bondgirl hat "Skyfall" gar nicht erst (die ausdrucksschwache Naomie Harris und die völlig überflüssige Bérénice Marlohe dienen höchstens als Stichwortgeberinnen) und der große Widersacher ist kein Magnat, sondern ein Underground-Hacker à la Wikileaks und an der Weltzerstörung so wenig interessiert wie an anderen Formen der Profitmaximierung, will einfach nur die Überbleibsel der analogen Welt zerstören und zweifelt dafür sogar Bonds Heterosexualität und seinen Don-Juanismus an.

Die Action, die Mendes nur sehr spärlich einsetzt, ist trotz Computereffekten so altmodisch, dass sie die Reihe glatt um 40 Jahre zurückzuwerfen scheint. Ein paar blasse Faustkämpfe vor offensichtlicher Studiokulisse, verpuffte Höhepunkt-Stunts (wie der Zerstörung eines U-Bahn-Tunnels) und eine Materialschlacht in alten Schlossgemäuern, das alles unterlegt von dem (absichtlich?) unpassend modernem Soundtrack Thomas Newmans. Dazu eine Macguffin-Jagd, die durch und durch klassisch erzählt wird, nur um nach etwa 90 Minuten über den Haufen geworfen und einer ganz anderen viel moderneren Geschichte geopfert zu werden. Bei "Skyfall" ist der direkte Konflikt zwischen früher und heute durchgehend Programm und findet seinen Höhepunkt in einer höchst pathetischen Ansprache Ms vor einem Untersuchungsausschuss, in der sie die Relevanz (aber eben auch Beständigkeit) einer eigentlich obsoleten Lizenz zum Töten mit den neuen Ängsten der Post-9/11-Ära zu legitimieren versucht. Diesem unfortschrittlichen Gedanken zum Trotze steht jedoch ein Film, in dem die typischen Ingredienzien und Wahrzeichen der Serie sich einem vor allem die Zerrissenheit der Figuren und zwischenmenschlichen Konflikte anstimmenden Tonfall fügen müssen und zwischen all dem: James Bond!

Es ist wohl Daniel Craig zu verdanken, dass auch "Skyfall" bei aller Meta-Betrachtung einfach ein starker Unterhaltungsfilm ist. Mag Craig als in die Jahre gekommener Agent schon seines Körperbaus wegen optisch etwas fehlbesetzt wirken, spielt er mit ruhigen Zwischentönen die Vermenschlichung des Archetypen, der diese im Laufe der Handlung wieder abtrainieren muss, um zu dem zu werden, der er ist. Craigs Bond, der wie ein Best-Of aus all seinen Vorgängern (und Craigs eigenen Vorfilmen) auftritt, entwickelt sich über seinen Charakter heraus zum Platzhalter für die ganze Serie, die sich von all den Veränderungen der Zeit gänzlich unbeeindruckt gibt, sowie der freilich stets ins schräge Overacting fallende Schurke Javier Bardem trotz aller Aktualität nur ein uralten Gelüsten unterliegende Wicht von Nebenan ist. Im fast schon nihilistisch düsterem Showdown in Schottland, der die Entmystifizierung Bonds gänzlich auf die Spitze treibt und wissentlich unbeholfen dessen sonst nur selten in der Historie kommentierten Patriotismus erklären will, liegen schlussendlich beide Seiten offen und es bleibt das fast schon episch zelebrierte gegenseitige Töten als Antwort auf alle vorher gestellte Fragen, wobei der Tod (in "Skyfall" von Bond folgerichtig als "Beruf" betitelt) als wichtigste Konstante Bond und seine Umwelt zusammenhält. Ein pechschwarzer Blick auf eine einstige Entertainment-Reihe mit lockerer Ironie: Am Ende scheint niemand gewonnen oder verloren zu haben, und es bleibt die sichere Gewissheit: James Bond Will Return.

Fazit: Poetisch, geduldig, doch schon fast regressiv vollzieht Mendes Bond-Debüt eine Metamorphose der Filmreihe, die um einiges gewichtiger ausfällt, als man zu einem solchen Jubiläum hätte erwarten dürfen. Mendes hinterfragt, analysiert und dekonstruiert den Bond-Mythos nahezu gänzlich, setzt die "Resurrection" aber gerade noch rechtzeitig, um in einer Bond-bejahenden Einstellung in den Abspann überzuleitenden. "Skyfall" ist dabei (auch wegen seiner kompletten Andersartigkeit) weniger ein Bond-Film, als eine Parabel über die Bond-Filme, welche die Antwort auf die Relevanz des Helden (anders als Martin Campbells ähnlich (aber doch weniger radikal) angelegter "GoldenEye") nicht bieten kann oder gar will. Mehr noch scheint sich 007 vor allem im gänzlich aus der Reihe fallenden Schlussdrittel vollends den neuen Anforderungen des Massenpublikums an Filmprotagonisten des 21. Jahrhunderts und ihren Traumata zu ergeben, steht in der allerletzten Szene dafür gekonnt über den Dingen. Den Puritanern mag dies ein Dorn im Auge sein - die Fans wissen dafür in diesen Sekunden wieder, was sie an ihrem Bond so lieben. Die Antwort darauf, ob dieser lange Weg zu der knappen Erkenntnis nötig war, bleibt Mendes genauso schuldig wie den restlichen Fragen, denn letztendlich ist Bond sowieso nur eines: Unterhaltung!

In diesem Sinne: Happy Birthday, 007.

7/10
https://filmduelle.de/

Let the sheep out, kid.

Re: Filmbesprechung: "Skyfall (SF)"

1685
SF nutzte einfach den Hype um Britannia von 2012 aus (Queens Jubiläum + Olympia + Kate und Wills) aus.
Man hätte mit einfachen Kniffen unfassbar dumme Fehler vermeiden können. Dass man diesen Patrice (der einzige Handlanger, der jemals gegen Bond zwar auch nur durch Schützenhilfe von Moneypenny wenigstens einen Etappensieg davontrug), der anfänglich durchaus eine interessante Rolle spielte (also nicht bloss der übliche depperte Jump and Runner war, sondern Bond auch Kontra geben konnte), dann doch so mir nix dir nix entsorgte, war der erste Fehler. Der zweite war der lächerliche Ablauf von Silvas Rache, die man mit einfachen Handlungsänderungen plausibler machen hätte können -seine Handlanger in London wären Schläfer, die durch das Signal seiner Festnahme und Überführung nach London aktiv geworden wären. Auch hätten sie den Hack gemacht, wäre das akzeptabler gewesen; so wird ausgerechnet der Technikfreak Q zum Hackeropfer)
"There is sauerkraut in my lederhosen."
Bild

Re: Filmbesprechung: "Skyfall (SF)"

1687
Vielleicht ist bei SF auch die extrem gelungene Fanservice Lieferung der letzten 3 Minuten, die mich derartig versöhnlich stimmen konnte. 6 Punkte kämen jedenfalls auch gut hin, die 7 sind vielleicht einfach der übliche Bond-Bonuspunkt - wenngleich ich den eigentlich selten vergebe und es hier keinesfalls bewusst beabsichtigte.
https://filmduelle.de/

Let the sheep out, kid.

Re: Filmbesprechung: "Skyfall (SF)"

1688
Tolle Kritik, verstehe aber da die niedrige Wertung nicht.
Und zwei Dinge:
Du kannst das noch so oft betonen aber Berenice Marlohe bleibt doch eine der in Anbetracht ihrer knappen Spielzeit stärksten Bondgirls. Mit ihr hat Craig eine der besten Szenen der ganzen Reihe.
Was sind denn die Faustkämpfe vor offensichtlicher Studiokulisse?

Übrigens hätte in deine Analyse noch gut gepasst, dass der altmodische Held am Ende den Hightech Widersacher folgerichtig mit einem Messer tötet, nachdem der ganze moderne Firlefanz ihm nur Ärger gebracht hat (Laptop...). Und das zerstörte MI6 Gebäude wird nicht durch eine Forstersche Hightech Zentrale ersetzt, nein es wird wieder altmodischer gemacht.

Herrlich. Der Film ist ein einziger Triumph für Bondfans - wenn man denn versteht warum man Bondfan sein sollte
"It's been a long time - and finally, here we are"

Re: Filmbesprechung: "Skyfall (SF)"

1691
danielcc hat geschrieben:Du kannst das noch so oft betonen aber Berenice Marlohe bleibt doch eine der in Anbetracht ihrer knappen Spielzeit stärksten Bondgirls.
Natürlich ist das alles Geschmackssache und sehr subjektiv. Ich glaube dir auch durchaus, dass du diese Szene genießen kannst, ich kann leider mit dieser Art des Schauspiels überhaupt nichts anfangen, mich "toucht" das wirklich in keiner Art und Weise. Dieses imo übertriebene Zittern mit den Fingern, wenn Bond sie auf ihre Vergangenheit anspricht, dieser starre Blick, dass geht leider an mir vorbei. Klar ist es fraglich, ob man angesichts manch früherer Bondine die Bérénice so hart abstrafen sollte, aber in meinem Review habe ich gerade dieser Fairness halber auch bewusst auf eine Bewertung des Schauspiels gesetzt, sondern ihre Rolle als "völlig überflüssig" bezeichnet. Das mag für dich hart oder unverständlich klingen - da mir Skyfall aber eh schon einen Tick zu lange ist, hätte ich auf Severine tatsächlich ganz gut verzichten können (und bevor jemand fragt: selbstredend hätte man die Handlung dann etwas umschreiben müssen, was meiner Ansicht der inneren Logik aber zu Gute hätte kommen können).
danielcc hat geschrieben:Übrigens hätte in deine Analyse noch gut gepasst, dass der altmodische Held am Ende den Hightech Widersacher folgerichtig mit einem Messer tötet
Stimmt, wenngleich ich deine Ansicht nicht teilen würde, dass Bond ein "altmodischer" Held ist. Skyfall stellt ja die Frage nach "Tradition" oder "Moderne", und beantwortet diese ganz klar OHNE echte Positionierung für eine der beiden Seiten (Gott sei Dank, denn die Moderne hätte man mit Bonds Rollenbild wohl kaum predigen können, sowie eine bedingungslose Hingabe zur Tradition (wie von mir angedeutet) einen arg unfortschrittlichen Gedanken zu Grunde liegen würde bei Betrachtung von Randthemen wie der Licence To Kill), sondern viel irrwitziger: er zeigt uns Bond als den Archetypen schlechthin, der von all diesen Fragen und Vergleichen komplett ungerührt und unantastbar durch den Film wandelt und dessen Konflikt eigentlich nur ein psychischer ist und nicht an eine gewisse Zeit gebunden ist. Skyfall ist damit für mich gleichzeitig der Bond, dem man seine Entstehungszeit am ehesten anmerkt, kombiniert mit der vielleicht zeitlosesten Bond(charakter)-Interpretation... auch wenn für mich da das letzte Drittel (welches ich bekanntlich als größte Schwäche des Films empfinde) bei der Dekonstruierung des Mythos 007 zu viele Zugeständnisse an heutige "Sehgewohnheiten" eingeht.
danielcc hat geschrieben:Der Film ist ein einziger Triumph für Bondfans - wenn man denn versteht warum man Bondfan sein sollte
Dem kann ich dann (wer meine Rangliste sieht, der weiß Bescheid) weniger zustimmen. Skyfall ist für mich wohl der Bondfilm von allen 25, der am allerwenigsten irgendwo einzusortieren ist und in keine klare Schublade passt: Ich gehe sogar soweit, dass er (und eben nicht CR, QOS, OHMSS oder LTK) für mich der außergewöhnlichste und ungewöhnlichste Bondfilm der Serie ist. In Skyfall ist eigentlich alles anders als ich es bei Bond erwarte und von Bond kenne, der Schuss Eves, der die PTS beendet, bringt praktisch alle Konventionen des Franchises ebenfalls zu Fall und erst in der allerletzten Szene steht Bond gemeinsam mit der Filmreihe wieder von den Toten auf. Alles dazwischen ist ein Film, der beinahe alles ignoriert, was bei Bond gang und gäbe ist und stattdessen eine Meta-Betrachtung auf die Reihe und die altbekannten Figurenkonstellationen eingeht, die ich (trotz der für mich stark konstruierten Handlungsebene) zwar sehr interessant finde (und wegen der Bond seine 7 Punkte dann auch verdient hat), mich aber im Nachhinein (und da liegen die großen Probleme zwischen mir und Mendes Erfolgsfilm) seit des Kinobesuches bis heute frage, warum Mendes 143 Minuten dafür verwendet, auf etwas hinzuarbeiten, dass 49 Jahre lang ohne diese Hinarbeit funktionierte. Sicher, der Jubiläumshintergrund rechtfertigt diesen einzigartigen Ansatz sicherlich, aber so ganz hätte ich dies als Fan einfach nicht gebraucht (und mir selbst wohl auch ein anderes Jubiläumsgeschenk gewünscht). :)
https://filmduelle.de/

Let the sheep out, kid.

Re: Filmbesprechung: "Skyfall (SF)"

1692
Casino Hille hat geschrieben: Skyfall ist für mich wohl der Bondfilm von allen 25, der am allerwenigsten irgendwo einzusortieren ist und in keine klare Schublade passt: Ich gehe sogar soweit, dass er (und eben nicht CR, QOS, OHMSS oder LTK) für mich der außergewöhnlichste und ungewöhnlichste Bondfilm der Serie ist.
Dem kann ich größtenteils zustimmen. Es ist schon komisch, dass man genau mit dem Film einen so ungewöhnlichen geschaffen hat, der doch eigentlich das altbekannte zurückbringen sollte.

Re: Filmbesprechung: "Skyfall (SF)"

1694
Casino Hille hat geschrieben: In Skyfall ist eigentlich alles anders als ich es bei Bond erwarte und von Bond kenne, der Schuss Eves, der die PTS beendet, bringt praktisch alle Konventionen des Franchises ebenfalls zu Fall und erst in der allerletzten Szene steht Bond gemeinsam mit der Filmreihe wieder von den Toten auf [huch, die war tot?]. Alles dazwischen ist ein Film, der beinahe alles ignoriert, was bei Bond gang und gäbe ist und stattdessen eine Meta-Betrachtung auf die Reihe und die altbekannten Figurenkonstellationen eingeht, die ich (trotz der für mich stark konstruierten Handlungsebene) zwar sehr interessant finde (und wegen der Bond seine 7 Punkte dann auch verdient hat), mich aber im Nachhinein (und da liegen die großen Probleme zwischen mir und Mendes Erfolgsfilm) seit des Kinobesuches bis heute frage, warum Mendes 143 Minuten dafür verwendet, auf etwas hinzuarbeiten, dass 49 Jahre lang ohne diese Hinarbeit funktionierte. Sicher, der Jubiläumshintergrund rechtfertigt diesen einzigartigen Ansatz sicherlich, aber so ganz hätte ich dies als Fan einfach nicht gebraucht (und mir selbst wohl auch ein anderes Jubiläumsgeschenk gewünscht). :)
Als Bond-Fan kann man sich bestimmt über den 2,5h langen Kommentar auf die Reihe freuen. Andere hätten sich mehr über einen Bond-Film gefreut. Stattdessen nutzt Mendes das Franchise, um eine Geschichte zu erzählen, die Bond aus der subjektiven Sicht des Regisseurs betrachtet, mit einem James Bond Film aber nichts zu tun hat. Außerdem funktioniert die Metaebene nicht als Film.
It's the BIGGEST... It's the BEST
It's BOND

AND BEYOND