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von GoldenProjectile
'Q Branch' - MODERATOR
Batman v Superman: Dawn of Justice (2016, Zack Snyder)
Vor nunmehr drei Jahren feuerte Regisseur Snyder mit seinem Superman-Mythos Man of Steel den Startschuss für ein neues DC-Superheldenuniversum, welches als unverkennbare Konkurrenz zur mittlerweile berühmten Filmreihe von Marvel Studios darstellen soll. Das Ergebnis war leider eine mittelschwere Katastrophe, und Man of Steel präsentierte sich als seelenloser, stumpfer und über alle Massen langweiliger Blockbuster-Mischmasch ohne Sinn und Verstand, ein Abziehbild eines Hollywood-Krawallstreifen, dem im Vergleich zu so manch anderem Genrefilm jeglicher Stil und Charme abging. Nun folgt Runde zwei, in der Snyder und seine Kameraden von Warner Brothers DC-Heldenikone Batman einführen und in einer Neuinterpretation mit dem in Man of Steel etablierten Superman zusammenführen. Kann der langerwartete Film die niedrige Messlatte des Vorgängers übertreffen? Auf jeden Fall! Ist Snyder mit seiner Vorbereitung auf die bereits akribisch geplante Justice-League-Reihe ein unterhaltsamer Film gelungen? Nicht so wirklich. Aber der Reihe nach.
Eines der vielen elementaren Probleme des Man-of-Steel-Fiaskos war sein dünnes und uninteressant erzähltes Handlungsgerüst, und BvS krankt hierin an ähnlichen Schwächen. Snyder kommt mit einem ziemlichen wirren und wenig beeindruckenden Plot um die Ecke, mit dem er seine zweieinhalbstündige Heldenmär zusammenhalten will. Besonders in der ersten Filmhälfte schafft er damit ein fragmentarisches und chaotisches narratives Konzept, welches das filmische Treiben für längere Zeit nicht wirklich vom Fleck kommen lassen will und sich vielmehr als Potpourri zahlreicher Einzelszenen denn als kohärenter Filmfluss präsentiert. Die Motive seiner beiden Protagonisten sowie des Antagonisten, die über das Gewirr an Subplots mehr und mehr in einen Dreifrontenkrieg miteinander geraten, bleiben dabei ziemlich schwammig und unglaubwürdig. Trotzdem wirkt vieles von dem, was geboten wird, um einiges unterhaltsamer als die zählen Äquivalenzpassagen in Man of Steel. Snyder wechselt dieses Mal zwischen verschiedenen Charakteren und Ereignissen, anstatt sich nur auf die blasse Figur Clark Kent zu konzentrieren, und kann damit ein gewisses Tempo aufrechterhalten. Auch seine Inszenierung ist abwechslungsreicher geworden, auch wenn sich sein Hang zu einer grauen und trüben Farbpalette, extremer Zeitlumpe und bombastischen Hans-Zimmer-Chören sowie zu einem generell sehr bedeutungsschwangeren und düsteren Grundton zuweilen abnutzt, gelingen ihm mitunter auch edle und starke Bilder. So bleibt festzuhalten dass die erste Hälfte des Filmspektakels trotz einem Wirrwarr an Parallelhandlungen nicht völlig misslungen ist, sondern durch seine dick aufgetragene Bildgewalt und einige nette Einzelszenen durchaus in besserer Erinnerung bleibt, als der gesamte Vorgängerfilm.
Hauptdarsteller Henry Cavill lässt das Befürchtete eintreten und vergisst seinen Charme und seine Ausstrahlung mal wieder in der Umkleidekabine. Seine Verkörperung des blassen und biederen, unkaputtbaren Superheldenmessias bleibt ähnlich blass und bieder wie im Vorgänger, nur ist die Darbietung dieses Mal marginal besser, wenn Cavill seinen Clark Kent nicht nur stoisch und teilnahmslos sondern zuweilen auch hasserfüllt und gepeinigt geben darf. Zweiter Protagonist ist natürlich DC-Legende Batman, Multimilliardär und dunkler Ritter, der dem Mann aus Stahl hinterherjagt. Der im Vorfeld von vielen Fans verrissene Ben Affleck gibt eine solide Show und verleiht seinem Bruce Wayne, der alleine konzeptionell schon bei Weitem der interessantere der beiden Hauptcharaktere ist, eine Mischung aus energischer Grimmigkeit und staubtrockenem Humor, angereichert mit einer enormen physischen Präsenz. Auch das Zusammenspiel mit seinem treuen Helfer Alfred, neu in der Gestalt von Jeremy Irons, vermag zu überzeugen, auch wenn das Gespann Affleck/Irons die lebendige und glaubwürdige Chemie ihrer beiden Vorgänger Christian Bale und Michael Caine nie erreicht. Jesse Eisenberg spielt Nemesis und Strippenzieher Lex Luthor, und sein unorthodoxer Ansatz bewegt sich unverkennbar im Fahrwasser von Heath Ledgers jetzt schon absolut legendärem Joker. An dessen ausgereifte Komplexität und Präsenz kommt Eisenluthor zwar nie heran, aber sein mitunter völlig durchgeknalltes Spiel als jovialer Irrer macht Laune und gehört zu den wenigen Momenten, in denen auch mal geschmunzelt werden darf.
Nach viel hin und her bewegt sich BvS in der zweiten Hälfte auf den titelgebenden Gladiatorenkampf der beiden Superhelden hin, der als Höhepunkt des Films konzipiert und versprochen ist, und das vollkommen zurecht. Die Motivationen der beiden Streithähne mögen wenig glaubwürdig aufbereitet worden sein, aber sobald sich der Man of Steel und der Dark Knight gegenüberstehen beschwört Snyder nicht nur eine gekonnt epische Atmosphäre, er verzichtet auch glücklicherweise darauf, den "Clash of Titans" zur unüberschaubaren Effektorgie verkommen zu lassen sondern liefert einen wuchtigen und brutalen Zweikampf, auf den sich das Warten gelohnt hat. Hier scheint Snyder fast schon auf dem Zenit seines Könnens zu sein, besonders da der Ausgang des Kampfes mit einem klaren Sieger Lust auf den allerletzten Kampf, denjenigen gegen den Bösewicht macht, und davor noch eine weitere unverschämt starke Actioneinlage folgt, in der Batman als agile und erfindungsreiche Ein-Mann-Armee wuchtig in Szene gesetzt wird. Soweit wäre die zweite Hälfte tatsächlich richtig stark, nur leider trotzt das, was zum Ende kommt, jedem Verstand. Im ganz, ganz grossen Finale Grande, in dem nicht einer, nicht zwei, sondern drei DC-Superhelden in die Schlacht rennen unterbietet Snyder seinen Man-of-Steel-Showdown noch einmal um ein Vielfaches und liefert einen konzeptlosen und wilden Salat aus Spezialeffekten, Explosionen, Schockwellen, Blitzen, umherfliegenden Trümmern und sich gegenseitig wie von Sinnen dazwischen hin und her prügelnden Kontrahenten. Sehr viel Schrott, sehr viel Lärm, sehr viel Effekte und nichts dahinter. Dieser actionmässige Abschluss fällt umso negativer ins Gewicht man bedenkt, wie Snyder kurz zuvor noch zwei richtig gute und im Rahmen des Films einigermassen glaubhafte Actionsetpieces gezaubert hat.
Unterm Strich hat "Rush to the Justice League" die Mindestanforderungen erfüllt und den katastrophalen Vorgängerfilm um ein Deutliches überboten, krankt aber an vielen Stellen an denselben Schwächen. Viel Pathos, viel theatralische Düsternis und dann doch viel, wirklich viel übertrieben zusammengewürfelte Pseudo-Action in einer lärmigen Effektorgie. Dazwischen gibt es aber auch Faktoren, die Man of Steel so nie und nimmer hatte, zum Beispiel einen vernünftigen und gar amüsanten Bösewicht, eine interessante Heldenfigur, das ein oder andere visuelle Highlight und sogar vergleichsweise reduzierte, wirklich starke Actionszenen. Batman v Superman hat zu viele Schwächen, um wirklich gut zu sein, und er überrascht mit so vielen Stärken, dass er nicht wirklich schlecht sein kann. Folglich kann es nur ein Verdikt geben.
Wertung: 5 / 10
We'll always have Marburg
Let the sheep out, kid.