Re: Der Spielberg Thread

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So, ich habe jetzt Vodkas Kritik gelesen. Wirklich toll geschrieben und auf den Punkt gebracht! Ein kleines Detail zum Meckern: Wie kommst du bei dem von Sebastian Koch verkörperten DDR-Anwalt auf den Namen Engel? Hiess der Mann nicht Vogel?

Abgesehen davon gibt es aber nur zustimmende Worte von mir. Ich war von Bridge of Spies ebenfalls positiv überrascht, habe eigentlich eine langatmige und hölzerne Geschichtsstunde à la Amistad erwartet. Stattdessen habe ich einen sehr schönen, spannenden und gut erzählten Film bekommen, eine Mischung aus Justizdrama und Politthriller die mich in Thematik und Stimmung an Alfredsons Tinker Tailor Soldier Spy erinnert hat, diesen aber dramaturgisch um Längen schlägt. Ich mochte ebenfalls die kühle und atmosphärische Bildsprache, die den Zeitgeist des Kalten Krieges trotz oder gerade wegen Bleach Bypass stimmig akzentuiert. Hanks funktioniert auch sehr gut in der Rolle und was mir besonders gefallen hat, ist wie manche Aspekte der Geschichte, in erster Linie die Beziehung zwischen dem sowjetischen Agenten und seinem Anwalt, mit etwas Humor ausgeschmückt werden (hier verdächtige ich die Coen Brothers, die ja auch am Drehbuch mitgeschrieben haben). Auf seinen gewohnten Zuckerguss konnte Spielberg zwar nicht vollständig verzichten, gerade die Schlussszene im Zug mit dem Zeitungsartikel und den Gartenzäunen ist mit ihrer schnulzigen Williams-, ehm, ich meine Newman-Musik ein kleiner pathetischer Dorn im Auge. Die Stärken überwiegen aber eindeutig und auch ich votiere mit glatten 7 bis 8 Punkten!
We'll always have Marburg

Let the sheep out, kid.

Re: Der Spielberg Thread

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Vielen Dank, Eric. :) Da waren wir wohl beide positiv überrascht von Steven. Würde ebenfalls jede deiner obigen Amerkungen voll unterstreichen, ein guter, im positiven Sinne altmodischer Agenten-Thriller. Und natürlich heißt Kochs Figur Vogel, danke auch dafür. :)
http://www.vodkasreviews.de


https://www.ofdb.de/autor/reviews/45039/

Re: Der Spielberg Thread

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Gernot hat geschrieben:hat hier eigentlich jemand "Bridge of Spies" gesehen?
Yep.
Für mich der beste Spielberg seit den 90ern.

Mark Rylance würde ich sofort den Oscar in der Kategorie "Bester Nebendarsteller" geben.
Eine wahre Freude ihm zuzusehen.

Also: ab ins Kino, damit der Film die Zuschauer bekommt, die er verdient.
Kein Film, bei dem man auf die DVD warten sollte.

Re: Der Spielberg Thread

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Review zu „Bridge of Spies“ (2015)

Worum geht es in „Bridge of Spies“ ?


Der amerikanische Versicherungsanwalt Jim Donovan darf im Jahre 1957 vor dem Hintergrund des kalten Krieges einen Austausch zwischen dem russischen Spion Rudolf Abel und dem amerikanischen Soldaten Francis Gary Powers verhandeln. Der Schauplatz für den Austausch ist das geteilte Berlin.

Was halte ich davon ?


Tom Hanks und Steven Spielberg gehören weniger zu meinen filmischen Favoriten, aber ich zolle den beiden äußersten Respekt für die filmischen Werke, die beide, unabhängig ob miteinander oder getrennt voneinander, geschaffen haben. Nachdem Spielberg mit Filmen wie z.B. „Schindlers Liste“, „Der Soldat James Ryan“ oder auch „München“ bereits diverse wichtige geschichtliche Epochen meisterhaft erzählt hat, ist ihm das nun auch mit „Bridge of Spies“ gelungen.

Für mich als Liebhaber von Spionagefilmen ist „Bridge of Spies“ ein Film, den ich mir definitiv ansehen wollte – und bereue meine Sichtung keineswegs. Die Ausgangssituation, die hier erzählt wird, ist sehr überschaubar und minimalistisch. Es geht rein um den Austausch zwischen einem russischen Spion und einem amerikanischen Soldaten. Ich finde es toll, wenn ein Film eine kleine Ausgangssituation nutzt, um daraus viel mehr zu machen. Der Film wird anfangs in zwei parallelen Geschichten erzählt, die sich dann in der Mitte zusammenfügen. Zum Einen die Geschichte des russischen Spions und den Verhandlungen in den USA und zum Anderen die Geschichte des amerikanischen Soldaten.

Die Geschichte des amerikanischen Soldaten ist am Ende eben nur notwendiges Beiwerk. Der Kern liegt wohl eher an der sehr nüchternen, engagierten Arbeit von Jim Donovan. Tom Hanks liefert hier eine sehr gute Arbeit ab. Nachdem ich den Film gesehen habe, verstehe ich nun, warum Mark Rylance den Oscar bekommen hat. Seine nüchterne, sehr dezent nuancierte Darstellung des russischen Spions und das Zusammenspiel mit Tom Hanks sind wirklich toll.

Allgemein ist die Darstellung aller Beteiligten, die Inszenierung und die Erzählung der Geschichte sehr nüchtern, engagiert, menschlich und dezent. Der ganze Film ist trotz seiner Dialoglastigkeit extrem dramatisch und spannend. Die Atmosphäre wird eben durch einen sehr dezenten, unaufdringlichen und tollen Soundtrack von Thomas Newman und natürlich auch durch die Darstellung der Schauplätze, allen voran das geteilte Berlin, noch verdichtet und macht aus dem Film ein extrem rundes Werk, das als ein Mahnmal für Menschlichkeit und Vernunft stehen kann.
Viele Szenen und Momente werden in meinen Augen auch noch auf Jahren als Klassiker dastehen.

„Bridge of Spies“ ist ein Film, dem ich in gewisser Art und Weise den Stempel eines „Epos“ oder eines „Meisterwerks“ aufdrücken würde. Er ist ein Stück überraschend runder und anspruchsvoller Unterhaltung. Leider habe ich ihn im Jahre 2015 nicht mehr sehen können – Er wäre definitiv auf einem der Plätze meiner Top10 gelandet – Jedoch habe ich mir dieses Jahr etwas für Nachzügler aus vorigen Jahren überlegt. Filme aus vorigen Jahren, die ich in diesem Jahr zum ersten Mal sehe, kommen in eine Topliste für Nachzügler. Und um auf den ersten Platz dieser Liste zu kommen, müssen alle „nachgeholten“ Filme dieses Jahr an „Bridge of Spies“ vorbei.

„Bridge of Spies“ bekommt von mir 10/10 Punkte.
"Weiter rechts, weiter rechts ! ..... "