Soll ich oder soll ich nicht??? Schreiben, über die Musik zum neuen Bond.
Versuchen wir’s einfach mal und man möge mir verzeihen, sollte ich etwas hin und her springen und man den roten Faden vermissen.
Seit Montag habe ich nun die Musik zu SPECTRE von Thomas Newman und schon einige Mal gehört.
Der Einstieg der CD „Los Muertos Vivos Estan“ (der in der Rhythmus- und Schlagwerkabteilung wohl die Formierung Tambuco enthält) legt die Messlatte schon mal gleich relativ hoch.
Dieses Stück macht wirklich Laune und enthält Variationen des Bond-Themas die vor allem in den Streichern und Bläsern wieder zu finden sind! So liebt man Bond-Musik und mich persönlich hat es an David Arnolds Variationen in „Quantum of Solace“ erinnert, wo Arnold mit einer Leichtigkeit das Bond-Thema variiert, dass es nur so eine Freude ist und dieses Album wesentlich besser zu hören war, als die sicherlich objektiv betrachtet bessere Musik zu „Casino Royale“.
Wo wir bei Arnold sind: was mir beim weiteren Anhören von SPECTRE auffällt ist die Tatsache, dass man mehr als einmal denkt, dass man einiges schon in „Skyfall“ gehört hat!
„Skyfall“ war der Einstand von Thomas Newman, seines Zeichens Sproß einer großen (Film-)Musiker-Familie, dessen Vater Alfred Newman war der wohl zu den erfolgreichsten Musikern in Hollywood gehörte, den aber John Williams in Sachen Oskar-Nominierungen eingeholt hat.
„Skyfall“ brauchte eine Weile, bis ich mit der Musik warm wurde, die mir aber dann zunehmend gut gefiel.
Newmans so eigener Personal-Stil kombiniert mit dem „big Brasy Sound“ den John Barry der ungekrönte Bond-Maestro so treffend etablierte, das war besser als viele evtl. wahrhaben wollten/wollen.
Nun gibt es z. B. in SPECTRE im 3. Stück „The Eternal City“ einige, nennen wir sie mal Motive, ohne zu wissen ob dies aus musiktheoretischer Sicht korrekt wäre, die wir aus „Skyfall“ kennen, nämlich als Bond von Q in SF unterwiesen wird. Dieses leicht ironische in den Streichern, die unverkennbar den Newman-Sound preis geben. Streicher (1. Und 2. Geigen links und in der Mitte) und Cellos und Kontrabässen auf der Rechten mit Blechbläsern (denke Frenchhorn).
Man findet dort auch die Musik die in SF die Momente unterlegt, wo Bond mit seiner Vergangenheit in Schottland konfrontiert wird.
„Backfire“ enthält Musik die wir auch aus SF kennen, Bond in Istanbul aber auch Variationen des Bond-Themas. Interessant bei diesem Stück ist das ein „großer“ Chor zum Einsatz kommt, der einen fast an die frühen Musiken eines Danny Elfman erinnert.
Da ich den Film noch nicht gesehen habe, ist es im Moment reine Spekulation, ob Newman hier möglicherweise versucht für bestimmte, sich wiederholende Elemente der Bond-Filme entsprechende universell einsetzbare Themen oder Motive zu etablieren die dem Zuschauer sagen: Achtung hier haben wir jetzt „Chase“-Musik, Bond jagt jemanden, wie z. B. in SF in der U-Bahn. In Sprectre findet dies seine Entsprechung im 17. Stück „Tempus Fugit“.
Reine Mutmaßung, ABER es fiel schon bei David Arnold auf, dass sich einige Stücke in den Filmen wiederholten, so z. B. das Motiv mit den rhythmischen Streichern kombiniert mit Klavier, dass wir in „The World is not Enough“ serviert bekommen, wenn Bond mit Christmas Jones durch die Pipeline rast oder wenn Bond mit Elektra Ski fährt (romantisch -vermeintliches- Liebesthema), dass wiederum in „Die another Day“ auch am Ende zu hören ist, wenn Bond mit Jinx zusammen ist.
Ich mag eigentlich nicht glauben, dass es einer gewissen Einfalslosigkeit geschuldet sein sollte oder das Mendes den Film mit der Musik aus SF unterlegt hat (Temp Track) und von Newman bestand, diese Dinge zu wiederholen, was durchaus Sinn machen würde, denn im Audiokommentar von SF sagt Mendes über die Musik in der U-Bahn, dass er diese sehr mögen würde.
Aber ich denke eher, dass man versucht wie John Barry gewisse Themen einzuführen, ohne dabei aber dessen melodische Prägnanz zu erreichen!
Wie dem auch sei, Newman versteht es (mein Eindruck von SF) durchaus die Stimmungen eines Filmes in seiner Musik zu unterstützen bzw. greifbar zu machen. Einzig die Fähigkeit große, einprägsame Melodien zu schreiben, scheinen seine Sache nicht zu sein.
Fairerweise muss man aber sagen, dass in SPECTRE die Stücke „Donna Lucia“ und mit einigen Abstrichen auch „Madeleine“ wunderschöne Melodien sind, in denen Newman ganz er selbst ist und mit seiner ihm eigenen Sprache dem Ohr mehr als nur schmeichelt!
Zwischendurch gibt es dann eben Aktionskost die mit rhythmischen und schnellen Streicherläufen und Schlagwerk (elektronisch wie analog
) dem Geschehen auf der Leinwand folgt.
Da ist nicht ganz die Wucht und Prägnanz zu finden, wie sie z. B. bei David Arnold durchschlug, aber es ist in Ordnung.
Zum Thema Song: schon lange hat ein Bond-Song nicht mehr so polarisiert wie Sam Smith und dessen „Writing’s on the wall“! Der Song ist nicht auf der CD enthalten. Die Frage ist ob dies einfach nur Masche von EON ist oder Sony? Wobei die CD diesmal nicht von Sony selbst vertrieben wird, sondern von Decca, die aber glaube ich weitläufig zum Sony-Konzern gehören.
Wahrscheinlicher wird sein, dass es letztlich Rechtefragen sind und Newman am Titelsong nicht beteiligt war, das Soundtrack-Album aber mit produziert hat.
Immerhin gibt es wie schon bei SF eine instrumentale Version.
Der Song…ja was soll ich sagen: ich bin einfach noch nicht „warm“ damit. Der Anfang ist gar nicht mal schlecht und erinnert schon an „Thunderball“, aber die Töne (sorry) die Smith von sich gibt sind schon arg hoch. Er selbst hat immerhin Humor und meinte in einer Graham Norton-Show, dass der Song sehr schwierig zu singen sei und ihm die hohen Töne nur gelingen würden, wenn er gewisse Körperteile…gut die Frage die sich mir jetzt spontan stellen würde, wäre, warum man denn überhaupt so hoch singen muss???
Auf die Serie gesehen kann ich noch keine richtige Wertung vornehmen, aber ich würden „Writing’s on the wall“ zu gestehen, dasss er Madonna mit „Die another day“ noch nicht vom Tron des schlechtesten Bond-Songs gestoßen hat.
Insgesamt kann man wohl durchaus sagen, dass Thomas Newman eine solide und wahrlich nicht schlechte Bond-Musik geschaffen hat. Es scheint ein gewisses „System“ in seiner Arbeit (auf Skyfall und Spectre gesehen) erkennbar und er bietet einerseits einen erfrischend anderen Bond-Sound der aber um die klassischen Qualitäten weiß und die der geneigte Fan verlangt.
Er bietet dies gar mehr, als in SF! Insgesamt hat mich seine Musik, vor allem bei den Bond-Variationen doch sehr an Arnolds Quantum-Musik erinnert, die mir im Nachhinein betrachtet fast wie eine Blaupause des modernen Bond-Sounds vorkommt, an dem sich nachfolgende Musiker messen lassen müssen.
Oder wird man neue Komponisten versuchen wie z. B. Nic Raine, der ja mit „Wir wollten an’s Meer“ und „Die Spionin“ gezeigt hat, dass er sehr wohl feine Musiken schreiben kann und durch seine Arbeit an Bond auch weiß worauf es ankommt. Sicherlich sollte dann aber niemand den Fehler machen zu erwarten, dass er dann quasi Retorten-Barry-Musiken liefern wird. Das wäre ihm gegenüber unfair und würde auch nicht funktionieren. Aber wie schon geschrieben, seine o. g. Musiken haben gezeigt, dass er eine eigene Sprache hat, die auch sicherlich zu Bond passen würde!!!
Tja das ist auch eine Frage die man sich stellt, wie geht es musikalisch weiter. Würde Newman der Serie treu bleiben, wenn Mendes bei seinem „No“ bleibt? Würde EON wollen, dass er weiter macht? Oder würde man reumütig zu Arnold zurückkehren? Man kann von Arnold sicherlich halten was man will, ABER er hat durchaus einen neuen Standard gesetzt, der Barryesque/Bondesque mit „modernen“ Sounds und Vorgaben des heutigen Kinos geschickt kombiniert hat, ohne dabei den (meiner Meinung nach) wichtigen Sound klassischer Orchester zu vergessen.
Ein Problem habe ich noch damit, wie ich nun Newmans SPECTRE bewerten soll?! Gelungen? Sicherlich ja. Der Album- Schnitt? Möglicherweise 10 bis 15 Minuten zu lang, wobei mit jedem Hörduchgang weiß man auch die ruhigen Stellen zu schätzen und gibt sich dem „Mood-Scoring“ (Stimmungsmusik - mal gaaaanz frei übesetzt) hin.
Besser als „Skyfall“? Hm…da tue ich mich noch schwer. SF war wirklich gut…Nein das kann ich so noch nicht sagen, dazu muss ich dann doch erstmal den Film schauen, um zu sehen wie die Musik die Bilder unterstützt.
Also Bond-Fan wird sich letztlich die Frage sowieso nicht stellen: kauf ich oder kauf ich nicht. Das wäre nur für Soundtrack-Freunde als solche die Frage.
Wobei wenn jemand unverkennbar eine eigene musikalische Sprache hat, diese mit gewissen Traditionen verknüpfen kann und dabei nicht nach von „bösen“ Produzenten gefordertem Remote Control-Sound (Hans Zimmer) klingt, kann man nur eines sagen: kaufen, um die Arbeit des Komponisten (die wohl unter gewissem Druck in zeitlicher Hinsicht) zu belohnen!
Somit würde ich folgendes Fazit als Schluß setzen wollen: es hätte schlimmer kommen können!
Gruß
Jens
"Ich bin mit meiner kleinen Ratte Gassi gewesen, da ist mir das dumme Ding doch weggelaufen! Wo ist Sie denn???" James Bond (Sean Connery) in Diamantenfieber