Mulholland Drive (2001, David Lynch)
'the fuck is this!? 'the fuck was that!? Der Tag ist gekommen, ich habe heute tatsächlich zum ersten Mal in meinem gesamten Leben einen Film von David Lynch gesehen. Ich wusste natürlich in ungefähr, was mich erwartet. Das heisst ich wusste, dass Lynchs Filme surreal, bizarr und völlig gegen konventionelle oder gewohnte Erzählstrukturen gebürstet sind. Ich wusste, dass ich am Ende mehr Fragen gestellt als beantwortet kriegen werde. Aber womit ich niemals gerechnet habe war diese dunkle und fesselnde Atmosphäre. Diese ebenso schöne und beeindruckende wie furchterregende und abstossende Bildsprache, die von der intensiven Audiogestaltung mit Musik, Ton und Stille unfassbar effektvoll akzentuiert wird. Diese Momente, wie wenn ein glaubhaft gespielter, zu Tode geängstigter Mann den Schauplatz seines schlimmsten Albtraums untersucht und eine grausame Entdeckung macht. Oder wenn eine seltsame Figur, genannt der "Cowboy" im unheilvoll flackernden Licht einer Lampe auf seiner Ranch erscheint und merkwürdige Forderungen stellt. Seit ich Hitchcocks Vertigo zum ersten Mal gesehen habe, hatte ich nie mehr eine solche faszinierende Angst, die nur der Atmosphäre und der Musikgestaltung entspringt, wie heute.
Die Geschichte die in Mulholland Drive erzählt wird ist nur bedingt in Worten zu fassen und kaum vergleichbar mit den inhaltlichen Strukturen der meisten anderen Filme. Lynch weigert sich, den Zuschauer vollends in seine Geheimnisse einzuweihen und erzählt in komplex verschachtelten Episoden ein merkwürdiges, bizarres und labyrinthisches Verwirrspiel rund um die Themen Identität, Angst und - passenderweise - Film. Mein Begriff "verschachtelt" bezieht sich aber weniger auf die Chronologie der Handlung sondern vielmehr auf das (scheinbare) Wechselspiel zwischen verschiedenen Realitäten oder Scheinwelten. Diese sind dabei vollgepackt mit unerwarteten Déjà-Vu-Situationen und Verknüpfungen, die aber bis und mit zur allerletzten Minute keinen greifbaren Sinn ergeben, sondern nur Raum für Spekulationen aller Art öffnen.
Eine Wertung auf der Zehner-Skala ist heute fast unmöglich. Fest steht, dass mich der dieses denkwürdige, schräge Horror-Drama mit seiner Symbiose aus surrealer Erzählung und wahnsinnig intensiver Atmosphäre schwer beeindruckt und gebannt in den Sessel gedrückt hat. Ich werde zumindest noch lange über den Film nachdenken und über den Eindruck, den er hinterlassen hat.
Re: Zuletzt gesehener Film
5237Interessant, wenngleich ich das alles völlig anders und doch absolut genauso empfinden würde.
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Re: Zuletzt gesehener Film
5238So sollte ein 10er Film auf einen wirken, auch wenn der verstörende Aspekt kein absolutes Muß ist. Aber es ist diese Art von direkter Erfahrbarkeit die Mulholland Drive zum vielleicht herausragenden Film des neuen Jahrtausends machen. Warum nur vielleicht? Weil es zum Glück noch sehr viel mehr ähnlich überragender Filme gibt.GoldenProjectile hat geschrieben:Mulholland Drive (2001, David Lynch)
'the fuck is this!? 'the fuck was that!? Der Tag ist gekommen, ich habe heute tatsächlich zum ersten Mal in meinem gesamten Leben einen Film von David Lynch gesehen. Ich wusste natürlich in ungefähr, was mich erwartet. Das heisst ich wusste, dass Lynchs Filme surreal, bizarr und völlig gegen konventionelle oder gewohnte Erzählstrukturen gebürstet sind. Ich wusste, dass ich am Ende mehr Fragen gestellt als beantwortet kriegen werde. Aber womit ich niemals gerechnet habe war diese dunkle und fesselnde Atmosphäre. Diese ebenso schöne und beeindruckende wie furchterregende und abstossende Bildsprache, die von der intensiven Audiogestaltung mit Musik, Ton und Stille unfassbar effektvoll akzentuiert wird. Diese Momente, wie wenn ein glaubhaft gespielter, zu Tode geängstigter Mann den Schauplatz seines schlimmsten Albtraums untersucht und eine grausame Entdeckung macht. Oder wenn eine seltsame Figur, genannt der "Cowboy" im unheilvoll flackernden Licht einer Lampe auf seiner Ranch erscheint und merkwürdige Forderungen stellt. Seit ich Hitchcocks Vertigo zum ersten Mal gesehen habe, hatte ich nie mehr eine solche faszinierende Angst, die nur der Atmosphäre und der Musikgestaltung entspringt, wie heute.
Die Geschichte die in Mulholland Drive erzählt wird ist nur bedingt in Worten zu fassen und kaum vergleichbar mit den inhaltlichen Strukturen der meisten anderen Filme. Lynch weigert sich, den Zuschauer vollends in seine Geheimnisse einzuweihen und erzählt in komplex verschachtelten Episoden ein merkwürdiges, bizarres und labyrinthisches Verwirrspiel rund um die Themen Identität, Angst und - passenderweise - Film. Mein Begriff "verschachtelt" bezieht sich aber weniger auf die Chronologie der Handlung sondern vielmehr auf das (scheinbare) Wechselspiel zwischen verschiedenen Realitäten oder Scheinwelten. Diese sind dabei vollgepackt mit unerwarteten Déjà-Vu-Situationen und Verknüpfungen, die aber bis und mit zur allerletzten Minute keinen greifbaren Sinn ergeben, sondern nur Raum für Spekulationen aller Art öffnen.
Eine Wertung auf der Zehner-Skala ist heute fast unmöglich. Fest steht, dass mich der dieses denkwürdige, schräge Horror-Drama mit seiner Symbiose aus surrealer Erzählung und wahnsinnig intensiver Atmosphäre schwer beeindruckt und gebannt in den Sessel gedrückt hat. Ich werde zumindest noch lange über den Film nachdenken und über den Eindruck, den er hinterlassen hat.
Der verstörendste Moment war allerdings die auf der DVD verpixelte Scham von Laura Harring ...
Re: Zuletzt gesehener Film
5239Mich würde interessieren, wie du den Rollentausch der beiden Frauen, die Gestalt auf dem Parkplatz hinter Winkies, den Cowboy und den merkwürdigen Mann im Rollstuhl (?) interpretierst.
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Re: Zuletzt gesehener Film
5241Du wirst mich auslachen aber der herausragende Film des neuen Jahrtausends ist für mich in seiner brillanten und vollkommenen filmischen Geschlossenheit immer noch Nolans Memento. Aber du hast recht, es gibt schon genug tolle Filme.Maibaum hat geschrieben:So sollte ein 10er Film auf einen wirken, auch wenn der verstörende Aspekt kein absolutes Muß ist. Aber es ist diese Art von direkter Erfahrbarkeit die Mulholland Drive zum vielleicht herausragenden Film des neuen Jahrtausends machen. Warum nur vielleicht? Weil es zum Glück noch sehr viel mehr ähnlich überragender Filme gibt.
Mich interessiert das aber schon, ob du Mulholland Drive als (anscheinend) langjähriger Bewunderer direkt erlebst ohne dir über die Geschichte Gedanken zu machen, oder ob du hierzu Spekulationen und Interpretationen hast. Ich persönlich habe den Film gestern einfach nur wirken lassen, ohne mir den Kopf darüber zu zerbrechen. Aber heute - und das beschäftigt mich von Stunde zu Stunde mehr - habe ich das dringende Bedürfnis (im Gegensatz zu 2001) das Erlebte zusammen zu puzzeln und Erklärungen zu finden.
Was ich mir auch noch mehrmals angesehen habe ist die Szene auf dem Parkplatz des Schnellrestaurants. Und obwohl ich die Pointe jetzt kenne ist sie immer noch extrem eindrucksvoll in Bezug auf Spannungs- und Stimmungsaufbau die sich immer mehr in so etwas wie schreckliche Angst verwandelt. Und gerade dieses Gefühl der Angst hat in Lynchs audiovisueller Inszenierung eine enorme Faszination. Lynch lässt einen wahnsinnig authentisch mit dem verstörten jungen Mann mitfiebern und verlinkt gleichzeitig die Erinnerungen an "damals" als wir Kinder Angst vor dem Dunkeln hatten und als Übung die Kellertreppe runtergehen mussten.
Nur - wie hängt diese phänomenale kurze Sequenz eigentlich mit dem Rest zusammen?
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Re: Zuletzt gesehener Film
5242Der erzählerische Bruch im letzten Drittel ist für mich schon erklärbar, das sind die reale und die erträumte Welt der Hauptfigur, aber für vieles andere in MD habe ich tatsächlich keine Erklärung, habe aber auch nie das Bedürfnis verspürt eine finden zu müssen, habe aber immer das Gefühl gehabt das alles genau so sein muß wie es ist.
Auch die Schlußeinstellung ist 100% perfekt, aber ich kann das nur über meine Gefühle begründen, es aber nicht über den Verstand begreifen bzw erklären können. Der Film behält seine Geheimnisse, und das ist gut so.
Und warum sollte ich dich wegen Memento auslachen? Ist doch ein sehr guter Film.
Auch die Schlußeinstellung ist 100% perfekt, aber ich kann das nur über meine Gefühle begründen, es aber nicht über den Verstand begreifen bzw erklären können. Der Film behält seine Geheimnisse, und das ist gut so.
Und warum sollte ich dich wegen Memento auslachen? Ist doch ein sehr guter Film.
Re: Zuletzt gesehener Film
5243Ja, nur scheinen die Geheimnisse des Filmes (die zum Teil in seiner Willkürlichkeit liegen) zwar geheim zu sein, sind es dann aber gar nicht.Maibaum hat geschrieben:Der Film behält seine Geheimnisse, und das ist gut so.
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Re: Zuletzt gesehener Film
5245Mulholland Drive offenbart sich für mich am Ende eigentlich immer als tatsächlich willkürlicher Film. Womit sein großes Geheimnis (nämlich seine Wirkung) für mich am Ende gar keines ist. Wenn du so willst ein Zufallsergebnis. Obwohl das hart wäre. Und dem Film vielleicht auch nicht ganz gerecht wird. Aber ich hatte nie das Gefühl, dass es da ein Geheimnis gibt und wenn hätte es mich auch nie genug interessiert, um da länger drüber nachzudenken.
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Re: Zuletzt gesehener Film
5246Wenn MD nicht wirkt, dann mag er willkürlich erscheinen, oder auch eine Frechheit sein, aber wenn er wirkt dann ist er ein unglaubliches Erlebnis.
Aber hier waren mit den Geheimnissen ganz konkret eine Reihe von Szenen und Figuren gemeint deren Bedeutung für die Haupthandlung sich nicht direkt erschließt.
Aber hier waren mit den Geheimnissen ganz konkret eine Reihe von Szenen und Figuren gemeint deren Bedeutung für die Haupthandlung sich nicht direkt erschließt.
Re: Zuletzt gesehener Film
5247Achso, ne, darum gings mir gar nicht.
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Re: Zuletzt gesehener Film
5248Das mit dem Auslachen war nur so eine Redensart von mir.Maibaum hat geschrieben:Und warum sollte ich dich wegen Memento auslachen? Ist doch ein sehr guter Film.
Wenn ich so darüber nachdenke gibt es besonders zwei Fragmente des ersten Teils die irgendwie nirgends so richtig reinpassen: Das Winkie Monster (brrrr...) und dieser bizarre Zwerg in seinem Rollstuhl oder Sessel der nach einiger Zeit plötzlich nirgends mehr auftaucht.Maibaum hat geschrieben:Aber hier waren mit den Geheimnissen ganz konkret eine Reihe von Szenen und Figuren gemeint deren Bedeutung für die Haupthandlung sich nicht direkt erschließt.
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Re: Zuletzt gesehener Film
5249Immerhin möchtest du nicht gesteinigt werden, wonach sich hier sonst fast alle sehnen ...GoldenProjectile hat geschrieben: Das mit dem Auslachen war nur so eine Redensart von mir.
Re: Zuletzt gesehener Film
5250Das tut ja auch viel zu sehr weh...
Was jetzt? Lost Highway?
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