Re: Zuletzt gesehener Film

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Kind 44 (2015) – Daniel Espinosa

Kind 44 ist eine Bestsellerverfilmung, deren literarische Vorlage von Tom Rob Smith auf den berüchtigten Chikatilo-Massenmorden in der ehemaligen Sowjetunion basiert. Die hauptsächlich in den 80ern verübten Morde wurden vom Sowjetregime lange Zeit aus ideologischen Gründen ignoriert, da Mord und insbesondere Massenmord als typisch westliches Phänomen betrachtet wurde und man daher nicht zugeben konnte was nicht sein durfte. Genau dieser Punkt ist dann auch der zentrale Aspekt des Films (welcher die Mordserie in die stalinistische Ära der frühen 50er Jahre versetzt), da die von Tom Hardy gespielte Hauptfigur eines Polizisten dadurch immer wieder in Konflikt zwischen Moral und Regime gerät.

Ein Thriller ist Kind 44 trotz des zugrundeliegenden Themas jedoch nie wirklich, da die Massenmorde lediglich als roter Faden dienen, an denen sich die Entwicklung der Hauptfiguren entlang hangelt. Als Charakterdrama taugt der Film aber auch nur sehr bedingt, da dafür die Figuren allesamt zu blass bleiben und es Drehbuch und Inszenierung obendrein nie gelingt, das Publikum wirklich Anteil an der Malaisse der Hauptfiguren nehmen zu lassen. Stattdessen wird der Film nicht müde mit permament mahnendem Zeigefinger an die Schrecken der Stalinzeit zu erinnern, welche letztlich auch die beiden Hauptfiguren – Hardys Polizist und seine von Noomi Rapace gespielte Frau – am eigenen Leib zu spüren bekommen. Die grobkörnig in düsteren Brauntönen festgehaltene Tristesse der 50er Jahre Sowjetunion erweist sich dabei zu Beginn als äusserst effektiv, um eine bedrohliche und ausweglose Grundstimmung zu etablieren, nutzt sich aber leider im Verlauf des Filmes mehr und mehr ab. Hinzu kommt das Problem, dass Handlung und Figurenentwicklung oftmals einfach unglaubwürdig sind, so dreht sich die Beziehung der Eheleute Hardy/Rapace erst komplett, nur um dann nochmal eine 180 Grad-Drehung hinzulegen;
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vermeintliche Liebe wandelt sich in Abscheu und dann wieder in Bewunderung
– die ganze Beziehung der beiden wirkt einfach nur konstruiert. Nachdem die erste Hälfte des Films sich in erster Linie mit dem sozialen Niedergang der Haupftiguren beschäftigt, nimmt in der zweiten Hälfte dann die Mördersuche einen etwas größeren Teil ein, bleibt aber dennoch immer nur ein Randaspekt. Schade, denn gerade dies hätte dem faden Film wenigstens etwas Spannung verleihen können, aber so gibt es nur eine wiederum unglaubwürdige, weil sprunghaft-verkürzte Kurzermittlung durch Hardy/Rapace im Stile eines Hobbydetektiv-Pärchens
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(„Mensch, viele der Morde sind aber in der Nähe von Rostow!“ „Stimmt, der Mörder arbeitet bestimmt in der dortigen Traktorenfabrik!“ „Komm, wir gehen mal schnell hin und fragen den Vormann, wer der Mörder ist“ – zugegebenermaßen in meiner Wiedergabe etwas ironisiert, aber im Kern spielt sich die Mördersuche genau so ab)
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Der Film hat drei kleinere Actionszenen, allesamt Kampfszenen, bei welchen die Inszenierung offensichtlich einen neuen „Unübersichtlichkeits“-Rekord in Punkto „Wackelkamera“ aufstellen will. Nicht nur, dass diese Stilistik einen kompletten Bruch zur ansonsten sehr ruhigen und konventionellen Kameraarbeit des Films darstellt, die wilden und scheinbar (?) unkontrollierten Kamerabewegungen lassen selbst die Actionszenen in diesbezüglichen Vorreitern wie den Bournes oder QOS geradezu statisch wirken. Die Intention der Regie dabei ist klar: machen wir den Film dynamisch, jetzt wird’s gefährlich, in einem wilden Kampf geht´s unübersichtlich zu – funktioniert hat es für mich trotzdem nicht. Ansonsten bleibt nicht viel Gutes zu berichten, Hauptdarsteller Tom Hardy ist als sowjetischer Polizist wirklich komplett fehlbesetzt und wirkt den ganzen Film über deplaziert. Seine Wirkung wird auch nicht gerade dadurch besser, dass aufgrund seiner übermäßig bulligen Statur die unvorteilhaft geschneiderte Sowjetuniform ausschaut, als ob sie beim Waschen eingegangen und nun mindestens zwei Nummern zu klein ist (kleiner Tipp am Rande: man kann für eine entsprechende Rolle auch mal ein paar Pfund abnehmen und muss nicht in jedem Film immer rumrennen wie King Schinken). Rapace ist solide, aber ihre Rolle ist trotz des immensen Aufwands, den Drehbuch und Inszenierung den Hauptfiguren widmen, höchstens anderthalbdimensional und ihre Entwicklung oftmals unglaubwürdig. Oldman hat eine gute Szene, wird ansonsten aber komplett verschenkt – was in noch verstärktem Maße auch für Vincent Cassel gilt. Die Hintergründe und Motive des Mörders werden – obwohl die Grundidee einer der zentralen Aspekte des Films ist
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(Kindheitstrauma aufgrund der durch Stalins Politik verursachten Hungersnot in den 30ern)
– so gut wie gar nicht behandelt, sein Abgang ist geradezu lachhaft, genau wie das anschliessende „große Finale“ zwischen Hardy und seinem Antagonisten – man halte sich fest: seinem neidischen, „bösen“ Arbeitskollegen (kein Spoiler, sondern traurigerweise ein sich platt durch den ganzen Film schleppender „Konflikt“).

Am besten funktioniert Kind 44 noch als eine Art Sozialstudie der stalinistischen Zeit, aber auch dafür ist vieles einfach zu plakativ und komprimiert. Als Charakterdrama entbehrt der Film interessanter Figuren und glaubhafter Beziehungen, als Thriller widmet er sich der Mördergeschichte viel zu halbherzig und spannungslos. Am härtesten trifft Kind 44 aber die bleierne Inszenierung, die den deutlich über zwei Stunden dauernden Film gefühlt doppelt so lange wirken lässt.

Wertung: 3,5 / 10
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Re: Zuletzt gesehener Film

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Citizen X (1995) – Chris Gerolmo

Citizen X ist sozusagen das vollständige Kontrastprogramm zu Kind 44, basiert er doch ebenso auf den Chikatilo-Massenmorden, gleichwohl er sein Thema komplett anders angeht. Der 1995 entstandene Film nimmt sich bei der filmischen Aufbereitung der Mordserie weit weniger dramaturgische Freiheiten und hält sich recht eng an die tatsächlichen Ereignisse.

Über einen Verlauf von nahezu einer Dekade schildert der Film die akribischen und oftmals auch frustrierenden Ermittlungen der Rostower Miliz nach dem Mörder, die sich dabei immer wieder mit internen, parteiideologischen Hindernissen konfrontiert sieht. Parallel dazu nimmt sich die Inszenierung viel Zeit um auch auf das Leben und die Hintergründe des Serienkillers Chikatilo selbst einzugehen und kombiniert dies sehr effektiv mit seinen mörderischen Ausfällen. In dieser Beziehung ist Citizen X nicht ganz unähnlich zu der Schilderung des von Gert Fröbe gespielten Kindermörders in Es geschah am hellichten Tag.

Obwohl der fürs TV gedrehte Film nur über ein recht begrenztes Budget verfügte gelingt es ihm dennoch sehr gut Stimmung und Ambiente der Sowjetunion der 80er Jahre nachzustellen, die Entscheidung den Film in Ungarn zu drehen erwies sich diesbezüglich als goldrichtig. Die Nüchternheit der verwendeten Locations unterstützt dabei die aufgrund von Thematik und Inszenierung durchgängig bedrohliche und erdrückende Stimmung geradezu kongenial, gleiches gilt für den erstklassigen Soundtrack von Randy Edelman.

Das absolute Sahnestück des Films ist jedoch seine Besetzung, die nicht nur ausgesprochen namhaft ist, sondern gleichzeitig auch extrem herausragende Leistungen bietet. Stephen Rea gibt den Chefermittler derart spröde und nüchtern, wie man einen filmischen Protagonisten in dieser Form sonst so gut wie nie zu sehen bekommt. Seine bemerkenswert zurückhaltende Darstellung zwischen (Über)-Eifer, Hartnäckigkeit und Depressionen ist schlicht grossartig. Ihm ebenbürtig spielt Donald Sutherland die zweite Hauptrolle als Reas Vorgesetzter und legt seinen Milizoberst dabei erstaunlich jovial und humorvoll an – ebenfalls nicht gerade die Standardinterpretation eines sowjetischen Beamten, aber gerade deshalb umso interessanter und von Sutherland wunderbar leicht und ironisch gespielt.

Die Topbesetzung wird ergänzt durch Max von Sydow in der Schlüsselrolle eines Psychaters, der das Profil des gesuchten Mörders „Citizen X“ erstellt und ihm später während des Verhörs dann auch das Geständnis entlockt. Joss Ackland gibt den misanthropischen Parteifunktionär, der Rea und Sutherland immer wieder die Ermittlungen behindert – und wer anders als „der ewige Schurke“ Ackland könnte eine solche „Kotzbrocken“-Rolle überzeugender spielen? Den darstellerischen Vogel schiesst jedoch Jeffrey DeMunn als Chikatilo ab, der einen der beängstigendsten und kaltblütigsten Killer der Filmgeschichte gibt und das alles in Form eines unauffälligen, biederen Durchschnittsbürgers – das ist schlicht absolute Weltklasse!

Citizen X ist ein hervorragendes Thrillerkleinod, das mit einer überragenden Bestzung sowie durchgängig hoher Spannung und extrem hoher atmosphärischer Dichte zu punkten versteht, gleichzeitig aber auch seine Charaktere wie auch die sowjetische Gesellschaft der 80er Jahre überzeugend und präzise analysiert.

Wertung: 9 / 10

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Re: Zuletzt gesehener Film

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Hab gestern Nacht "The Green Hornet" gesehen. Und damit auch das erste mal Christoph Waltz. Sein Part war wunderbar und auch sehr gut gespielt von ihm. Insgesamt kommt der Film bei mir leider nur auf 6,5/10 Punkten, weil er sich durch massenweise unnötige Albernheiten und Fäkalhumor seine grandiosen Szenen, die es ebenfalls zu Hauf gibt kaputt macht.
Es gibt wenig Filme bei denen ich öfter gelacht und gleichzeitig öfter unterbrechen musste, weil der Film fast zu peinlich zum Weiterschauen war.
"You only need to hang mean bastards, but mean bastards you need to hang."