Welcher Winnetou-Film ist der beste?

Der Schatz im Silbersee (Harald Reinl, 1962) (Keine Stimmen)
Winnetou I (Harald Reinl, 1963)
Insgesamt abgegebene Stimmen: 2 (29%)
Old Shatterhand (Hugo Fregonese, 1964) (Keine Stimmen)
Winnetou II (Harald Reinl, 1964)
Insgesamt abgegebene Stimmen: 2 (29%)
Unter Geiern (Alfred Vohrer, 1964)
Insgesamt abgegebene Stimmen: 2 (29%)
Der Ölprinz (Harald Philipp, 1965) (Keine Stimmen)
Winnetou III (Harald Reinl, 1965) (Keine Stimmen)
Old Surehand (Alfred Vohrer, 1965) (Keine Stimmen)
Winnetou und das Halbblut Apanatschi (Harald Philipp, 1966) (Keine Stimmen)
Winnetou und sein Freund Old Firehand (Alfred Vohrer, 1966) (Keine Stimmen)
Winnetou und Shatterhand im Tal der Toten (Harald Reinl, 1968)
Insgesamt abgegebene Stimmen: 1 (14%)
Winnetous Rückkehr (Marijan David Vajda, 1998) (Keine Stimmen)
Winnetou – Eine neue Welt (Philipp Stölzl, 2016) (Keine Stimmen)
Winnetou – Das Geheimnis vom Silbersee (Philipp Stölzl, 2016) (Keine Stimmen)
Winnetou – Der letzte Kampf (Philipp Stölzl, 2016) (Keine Stimmen)
Insgesamt abgegebene Stimmen: 7

Re: Der Karl May Thread

241
Wir sind uns ja einig. "Silbersee" 7/10, ein charmanter Film. Bei "Shatterhand" (4,5/10) liegen wir auch eng besammen. Klar ist "Silbersee" ein gelungenes Abenteuer, das den Geist von May atmet. Um das auch wirklich verifizieren zu können, lese ich gerade übrigens "Winnetou 1" :lol: . Mal wieder ganz lustig, nach so ungefähr 25 Jahren. :wink: Interessant auch die Veränderungen im Skript, die aus filmischer Sicht fast alle Sinn machen. Die Humoreinlagen sind nicht unsympathisch, wirken aber eben imo wie Fremdkörper. Ich hätte da eher Hawkens Part ausgebaut, dessen Humor aber weit weniger Holzhammer-artig daherkommt.
http://www.vodkasreviews.de


https://www.ofdb.de/autor/reviews/45039/

Re: Der Karl May Thread

242
vodkamartini hat geschrieben:Ich halte ihn keineswegs für das Totaldesaster, welches z.B. Hille sieht. 2/10 halte ich für übertrieben (bin mal gespannt, was du aus "Firehand", "Surehand" und "Apanatschi" machst :lol: )
Aus der Erinnerung raus werden die alle noch deutlich besser wegkommen. "Old Shatterhand" hat einfach gar nichts - kein Timing, keine Spannung, keinen Unterhaltungswert, keine Handlung, keine ordentliche Inszenierung, keine ansprechenden schauspielerischen Leistungen und ist leider damit genau das, was ich von den RTL-Remakes erwarte: billig (wirkend), schlecht und unansehnlich. Das sind zumindest Surehand und Apanatschi garantiert nicht.
https://filmduelle.de/

Let the sheep out, kid.

Re: MAYRATHON - Teil IV

245
Winnetou 2.Teil (1964) – Harald Reinl

Der erste Winnetou-Teil war für Wendlandt die endgültige Bestätigung, dass ein Markt für eine ganze Reihe an Filmen um Karl Mays Westernmärchen vorhanden war. Entsprechend wurde auch keine Zeit vergeudet und schnell der direkte Nachfolger in Angriff genommen mit der zusätzlichen Zielsetzung den jährlichen Output an Karl May-Filmen ab 1964 zu erhöhen. Diese Erhöhung der Produktionsmenge und –Geschwindigkeit sollte sich in der Folgezeit dann auch mehr und mehr auf die Qualität der Filme auswirken, für den auf dem Höhepunkt des Winnetou-Booms entstandenen 2. Teil gilt dies glücklicherweise nur sehr bedingt, allerdings lassen sich auch hier bereits einzelne Merkmale der zusehends zu schematisierten Routineproduktionen verkommenden Filmen erkennen.

Winnetou 2. Teil macht eigentlich in fast allen Belangen dort weiter, wo der sehr gelungene erste Teil aufgehört hat. Man hat mit Ausnahme von Ralf Wolter alle wesentlichen Darsteller an Bord (was sogar so weit geht, dass typisch für Wendlandt-Produktionen Karin Dor nur zwei Filme nach ihrem Silbersee- Auftritt erneut zu sehen ist, wenn auch mit anderer Hautfarbe), verfügt wieder über wunderbare jugoslawische Landschaften, hat einen flotten und unterhaltsamen Plot, viel Action und auch immer wieder Zeit für (Wild-)Romantik. Auch beim zweiten Teil hat man es im Gegensatz zum Silbersee-Erstling glücklicherweise verstanden eine zusammenhängende und sich weitgehend logisch entwickelnde Geschichte zu erzählen. Der Kerngedanke „böse weisse Ölmänner wollen das Land der Indianer und provozieren daher einen Krieg mit den roten Stämmen“ ist dabei eher schlicht und klischeehaft. Hier fällt besonders der Kontrast zum ersten Teil auf, in welchem die Hintergründe der weißen Schurkerei erheblich ausführlicher und stimmiger in die Handlung integriert waren. Beim zweiten Teil begnügt man sich dagegen mit einer kurzen Erklärung in einem Satz (und ist damit praktisch Ausgangspunkt für viele der anschliessend entstandenen Routinie-Mays, die sich ebenfalls mit rudimentären Klischeehandlungen zufrieden gaben). Im Gegensatz zu dem diesbezüglich ähnlich schlicht aufgebauten Old Shatterhand fällt es beim 2. Winnetou aber eigentlich kaum ins Gewicht, da es Reinl dennoch gelingt seine Antagonisten gekonnt einzuführen und dem Publikum dadurch nie das Gefühl gibt, dass man eigentlich wichtige Informationen vorenthalten bekommt. Dramaturgisch ist diese Einführung recht clever gelöst, indem man zunächst nur die Schurkereien der Handlanger gezeigt bekommt, dann das Publikum zusammen mit den Protagonisten über die Hintergründe rätseln lässt um erst dannach den wahren Hintermann einzuführen, welcher in dieser Szene zudem seine Motivation (wenn auch nur kurz) erläutert. Darüberhinaus ist der Handlungsaufbau sehr stimmig, man hat nie den Eindruck einzelne Passagen zu sehen, sondern die Szenen bauen nahezu alle aufeinander auf und die Handlung wird stimmig vorangetrieben.

Winnetou steht diesesmal deutlich mehr im Mittelpunkt als in den vorangegangenen Filmen, diesesmal ist er wirklich der Protagonist des Films und wird nicht von Old Shatterhand in den Schatten gestellt. Brice und sein Charakter bekommen mehr Actionszenen und mehr handlungsrelevante Szenen zugestanden und er darf hier sogar auf Amors Pfaden wandeln – oder zumindest auf so was Ähnlichem. Denn so geschickt die Annäherung zwischen Winnetou und Ribanna von Reinl in Szene gesetzt wird (gerade die Szene in der Hölle ist wirklich toll geschrieben und inszeniert), so unübersehbar ist auch wie wenig romantisch die Chemie zwischen Brice und Dor ist. Das hat eher etwas von einem kollegialen Zusammensein als von einer echten Liebesgeschichte. Die Beziehung der beiden Figuren bzw. ihrer Darsteller bleibt im fertigen Film immer merkwürdig distanziert. Züchtige und jugendfreie Romanze im Karl-May-Stil gut und schön, aber hier herrscht eine kühle Distanz, die eher kontraproduktiv ist, jedenfalls war die Chemie zwischen Barker und Versini im Vorgänger erheblich besser. Das Gute daran ist aber: die Lovestory wird obwohl sie ja eigentlich den Kern der ganzen Geschichte darstellt nur vegleichsweise kurz abgehandelt und daher ist die eher schwache Chemie zwischen den beiden Hauptdarstellern verschmerzbar. Spätestens ab den Friedensverhandlungen (in welchem die schwache Chemie Brice-Dor durch die noch schwächere Chemie Girotti-Dor ersetzt wird) spielt das angesichts der zügig vorantreibenden Story und den actiondominierten Szenen keine wirkliche Rolle mehr.

De Mittelteil der Winnetou-Trilogie ist vermutlich der Serienbeitrag mit den spektakulärsten Actionszenen und gefühlt auch der actionlastigste. Dennoch hat man nie das Gefühl, dass die Action die Handlung und die Figuren erdrücken würde, da praktisch alle Actionszenen sich schlüssig aus der Dramaturgie ergeben ohne zum Selbstzweck zu verkommen. Grandioser Höhepunkt ist diesbezüglich fraglos das explosive Feuerinferno von New Venango, aber auch der Überfall auf das Ponca-Dorf, Castlepools Befreiung, die Belagerung am Salzsee und die finale Schlacht an und in der Grotte wissen zu überzeugen. Einzig der einführende Kampf mit dem Bären ging ziemlich in die Hose. Zu keinem Zeitpunkt lässt es sich übersehen, dass die Herrschaften Dor und Brice es hier mit einem überaus menschlichen Meister Petz zu tun haben. Der bepelzte Darsteller wankt entsprechend schlecht kostümiert und fast schon mitleiderregend unbeweglich durch die Landschaft, wodurch die gesamte Szene zur unfreiwillig komischen Posse verkommt (da hilft auch die finale Einstellung eines mit Kunstblut bekleckerten „sterbenden“ echten Bären nix). Drollig ist auch, wie Dor statt sich vom Bär wegzubewegen immer wieder auf ihn zugeht, damit das olle Pelzvieh überhaupt eine Chance hat sie zu erwischen.

Auch fällt gerade in den Szenen im „Bärenwald“ und im Anschluss bei den Assini-Boins auf, wie erstaunlich grün und bewaldet die Landschaft für den Wilden Westen doch ist, das Ganze erinnert tatsächlich mehr an die heile grüne Welt des 50er Jahre-Heimatfilms, so ganz konnte der gute Harald Reinl seine Wurzeln und Vorlieben dann doch nicht verheimlichen. In der Phantasiewelt des Mayschen Wilden Westens geht das ganze aber fraglos durch und wird perfekt ergänzt durch weitere Leckerbissen aus Jugoslawiens ergiebiger Karst- und Felslandschaft. Besonders die Szenen im Steinbruch (mit dem fantastisch blauen See) und natürlich die Sequenzen in den Adelsberger Tropfsteinhöhlen bleiben in Erinnerung. Letztere Höhlenlandschaft ist sogar derart spektakulär, dass sie fraglos einen Höhepunkt der Serie darstellt.

Die geradezu märchenhaft anmutende Stimmung in der Höhle wird wunderbar ergänzt durch Böttchers Musik, dessen Arbeit zum zweiten Winnetoustreifen noch ausgereifter und abwechslungsreicher ist (u.a. auch durch die einleitende Winnetoumelodie). Diese Szenen erinnern mich daher nicht von ungefähr auch an meinen geliebten Schwarzen Abt. Ebenfalls wieder großartige Arbeit leistete das Team um Setdesigner Vladimir Tadej, vor allem das Öl-Camp New Venango ist ihnen toll gelungen – und das obwohl noch nicht mal allzu viele Bauten zu sehen sind. Aber die Anordnung der paar Gebäude in dem langgezogenen Karst-Canyon in Kombination mit den Fördertürmen und dem Ölbecken ist enorm effektiv und wirkt im fertigen Film bedeutend besser als die gesamten Großbauten des Konkurrenzwerkes Old Shatterhand (was aber natürlich nicht zuletzt auch daran liegt, dass Reinl seine Sets und Bauten wesentlich geschickter in Szene setzt).

Auf Darstellerseite ist (fast) alles im grünen Bereich: Barker souverän wie immer, Brice hat mit diesem Film „seinen“ Apachenhäuptling nun endgültig völlig verinnerlicht und mit seinem ruhig-erhabenen, ja geradezu entrückten Auftreten trifft er die Maysche Figur auf den Punkt. In Abwesenheit von Wolters Hawkens übernimmt dessen dramaturgische Rolle Arents Castlepool, der entsprechen mehr in den Handlungsablauf integriert ist, darüberhinaus aber immer noch genügend Gelegenheit bekommt seinen typischen Humor zu zelebrieren. Wirklich subtiler ist dieser hier eigentlich auch nicht, aber wenn man Arent mag ist dies sicherlich kein Nachteil. Positiv fällt aber in jedem Fall auf, dass sein Castlepool neben einigen tollpatschigen Aktionen auch einige male eine echte Hilfe für die beiden Blutsbrüder darstellt, gerade sein Kunstschuss auf den Tropfstein verleiht seiner Figur etwas mehr Handlungsrelevanz.

Ich mag die Dor in ihren Rollen ja sehr, den Rollentypus „Rehhaftes Fräulein-in-Not“ hat sie in den 60ern perfektioniert wie keine zweite, aber als Indianierin geht sie nur sehr bedingt durch. Irgendwie sieht man doch immer nur Karin Dor als Indianerin verkleidet. Darüberhinaus spielt sie allerdings mindestens solide, nur hat sie halt das Problem, dass die meisten ihrer Szenen romantischer Natur sind und wie bereits erwähnt die Chemie mit ihren Partner nun so überhaupt nicht stimmt. Und mit Mario Girotti in diesem Film spielen zu müssen ist auch nicht gerade ein Segen. Der spätere Terence Hill spielt im zweiten Winnetou sowas von steif und ungelenk, dass es fast schon zum Lachen ist. Immer nach dem Motto: Kinn hoch und schön aufrecht dastehen steift er sich durch den Film. Sein Spiel wirkt extrem verkrampft und gestellt, eine Tendenz die viele seiner Darstellungen in der ersten Hälfte der 60er Jahre hatten (und auch im späteren Verlauf seiner Karriere bei „seriöseren“ Rollen noch in gewissem Maße ein Problem darstellen sollte). Als Entschuldigung für seine ungenügende Vorstellung taugt seine Rolle des aufrecht-naiven Musterweissen auch nur sehr bedingt.

Anthony Steel als Oberschurke und Öl-Magnat Bud Forrester macht seine Sache eigentlich sehr ordentlich. Er verfügt über die passend finstere Ausstrahlung, macht optisch mit grauen Schläfen und Errol Flynn-Bärtchen was her und spielt seine Rolle sehr solide. Sicherlich gehört er nicht zur Premiumklasse der May-Schurken, aber einen Platz direkt dahinter erspielt er sich problemlos. Seine Rolle hat auch etwas das Problem, dass er im Gegensatz zu den Herren Lom und Adorf nicht die vollständige Bad-Boy-Aufmerksamkeit zugestanden bekommt, da ihm in Gestalt von Klaus Kinski ein echter Henchman im Stile der Bondfilme zur Seite gestellt wurde. Kläuschen darf entsprechend die ganze Dreckarbeit machen, während Steels Forrester eher für die Anweisungen sowie die Wortgefechte mit Shatterhand zuständig ist. Kinski spielt famos, sein Auftritt als völlig gewissenloser Desperado steht in direkter Linie zu seinen vielen anderen Grosstaten in den Wallace-Filmen. Es ist schon außergewöhnlich, wie es Wendlandts bestem Mann in vergleichsweise wenigen Szenen gelingt einen unvergesslichen Eindruck zu hinterlassen. Wunderbar, mit welch verachtender Bösartigkeit er die Rolle spielt. Technisch wie eigentlich immer auf allerhöchstem darstellerischen Niveau, immer wieder ein Genuss wie er beispielsweise die Dynamik seiner Stimme einzusetzen weiss. Die Szene, in der er als vermeintlich von den Poncas überfallener Siedler im Fort Zuflucht sucht ist Kinski at his allerbest, diese brüchige Ausgelaugtheit die er da in die Szene reinbringt ist sagenhaft. Kurz: Kinski ist ohne Wenn und Aber das absolute darstellerische Highlight der gesamten Serie und wertet in seinem einzigen Karl May-Auftritt den Film in erheblichem Maße auf.

Umso unverständlicher, wie belanglos sein Dahinscheiden im Finale in Szene gesetzt wird, wenn man nicht genau aufpasst entgeht einem Kinskis Leinwandtod sogar leicht. Nach solch einer bösartigen Gala so ein schwaches Ende ist schon ziemlich enttäuschend. Dabei ist das Finale an sich gut inszeniert mit der Belagerung der verschanzten Forrestergang durch Shatterhand, die Assinis und die Army und vor allem durch den Unterwasser-Angriff von Winnetou und seinen Kriegern und dem anschliessenden Gefecht in der Höhle. Hier werden Erinnerungen wach an das ähnlich aufgebaute Finale des ersten Teils, wenngleich die Fortsetzung diesen hohen Standard nicht ganz erreicht. Forresters Ende ist einfallsreich, aber auch recht effekthascherisch und fühlt sich irgendwie an wie ein abgetrennter Fremdkörper. Auch der Abschluss des Films wirkt in sich weniger stimmig wie beim Vorgänger, man beendet den Film ohne weitere Szene mit den grüßenden und davonreitenden Blutsbrüdern, hier fehlt mir etwas das stimmungsvolle und abschliessende Ende von Teil 1, Teil 2 steht diesbezüglich eher in der Tradition des Silbersees (wie man generell festhalten muss, dass die meisten Karl May-Filme ein sehr abruptes und handlungstechnisch etwas unbefriedigendes Ende haben). Die Bösen sind tot, der Friede gewahrt, das muss reichen. Tut es irgendwie ja auch, aber ein wenig mehr wäre trotzdem schön gewesen.

Auch mit seiner dritten Karl May-Verfilmung trifft Regisseur Harald Reinl wieder weitgehend in Schwarze und qualitativ siedelt sich der Mittelteil der Winnetou-Trilogie genau in der Mitte zwischen Silbersee und 1. Teil an. Mit einer stimmigen und kohärenten Geschichte, einem guten Darstellerensemble, schön integrierten Landschaften und Sets und einer effektiven Inszenierung sammelt der Film ordentlich Punkte und ist oft eigentlich genau so gut wie sein direkter Vorgänger. Einige wenige Wermutstropfen lassen ihn in Summe dann aber doch etwas schwächer wirken, wobei die Betonung hier auf „etwas“ liegt. Das ändert aber nichts daran, dass auch Winnetou 2. Teil ein sehr unterhaltsamer und gelungener Teutonen-Western ist.

Wertung: 7,5 / 10
"Ihr bescheisst ja!?" - "Wir? Äh-Äh!" - "Na Na!"

Re: Der Karl May Thread

246
vodkamartini hat geschrieben: Eine Kritik von vodkamartini (Bewertung des Films: 9 / 10)

„Make peace, not love! - Karl Mays Winnetou - 2. Teil"


Deine Überschrift fasst den Film perfekt zusammen! :D Obwohl wir notenmäßig etwas auseinanderliegen, sind wir bei den meisten Punkten doch fast deckungsgleich. Ich pick mal dennoch ein paar Punkte als Diskussionsansatz raus:
vodkamartini hat geschrieben: Tatsächlich ist diese Liebesbeziehung aber original Karl May, wenn auch dort deutlich nebensächlicher in einer Rückblende abgehandelt und mit Old Firehand als Winnetous Rivale. Dennoch funktioniert die stärkere Akzentuierung im Film erstaunlich gut, da sie tragisch verläuft und dabei wiederum eng mit Winnetous Lebensaufgabe der Friedenssicherung zwischen rot und weiß verknüpft ist.
In Bezug auf Dramaturgie und Inszenierung sicherlich, allerdings finde ich wird das schon in gewissem Maße torpediert durch die mangelhafte Chemie zwischen Brice und Dor (was du später dann ja auch bemängelst). Die Frage ist halt, in wie weit das die Liebesgeschichte negativ beeinflusst. Da sich positive (Inszenierung, Dramaturgie) und negative (Darsteller) Aspekte die Waage halten, ist es für mich gerade noch verschmerzbar, aber ich finde dennoch nicht, dass die Liebesgeschichte überzeugend und damit gut rüberkommt, dafür ist der darstellerische Einfluss zu groß.

vodkamartini hat geschrieben: Überhaupt ist dieser Topos nicht nur das zentrale Motiv bei Karl May, sondern eben auch bei Horst Wendlandts Film-Versionen
(…)
Ein wesentlicher Erfolgsgarant ist dabei das Skript.
In wieweit stellt es für dich einen negativen Aspekt des W2-Skripts dar, dass man die Hintergründe zu Forresters Schurkerei hier nur sehr rudimentär erläutert, gerade im Vergleich zu dem thematisch ähnlichen W1-Skript? Für mich ist dies schon eindeutig der Ausgangspunkt für das was in den weiteren Filmen kommen sollte: idR die immer gleiche, oberflächliche „böse weisse Spekulanten/Banditen hetzen gegen die Indianer“-Story, wodurch die Filme dann viel an Eigenständigkeit eingebüsst haben. Ist zwar in W2 nicht so dramatisch, da der große Rest so gut ist, aber ich würde das Drehbuch in diesem Punkt schon etwas kritisieren.
vodkamartini hat geschrieben: Auf einer Lichtung wird er Zeuge des ungleichen Zweikampfes zwischen einer Indianerin und einem Grizzly-Bären.
Das muss ich jetzt einfach fragen, da du darüber gar nichts geschrieben hast: findest du die technische Umsetzung der Bärenszene nicht auch schlecht? Ich fand das schon bemitleidenswert peinlich und als unangenehmen Kontrast zum ansonsten eigentlich tadellosen technischen Niveau des Films. Aber ein rumwankender menschlicher Petz geht gar nicht, ich fand die Szene schon als Kind merkwürdig und unglaubwürdig.

vodkamartini hat geschrieben: Allein die Idee, ihn „Abenteuer" anstatt „Schmetterlinge" sammeln zu lassen, ist irgendwie sympathischer, origineller und integriert ihn auch stimmiger und glaubwürdiger in die Handlung.
Zumindest lässt es ihn nicht als völligen Kauz dastehen, was dann schon hilft, um ihm seine tatkräftigen Auftritte abzunehmen. Beim Silbersee fand ich es immer schon zu albern, dass er nur senkrecht in die Luft schiesst, um nen Vogel runterzuholen. Durch solche Szenen wird ein Figur nicht unbedingt glaubwürdiger, das Problem ist also weniger die Albernheit an sich, als mehr dass man der Figur später dann abnehmen soll, dass er ein Meisterschütze ist.

vodkamartini hat geschrieben: Zudem war ihre Beziehung zu Pierre Brice eher von professioneller Nüchternheit geprägt, ein Umstand den man auch in ihrem Zusammenspiel als Liebespaar erkennt, welches die Leinwand nicht unbedingt zum Knistern brachte (aber auch nicht unglaubwürdig war).
In letzterem Klammersatz widerspreche ich dir, denn eine Liebesbeziehung nehme ich Brice und Dor nicht ab, beim besten Willen nicht.


vodkamartini hat geschrieben: Besonders eindrucksvoll waren dabei die Tropfsteinhöhlen (dunkel, feucht und klamm) von Postojna
Interessant, die wirken auf mich eher märchenhaft illuminiert denn dunkel und eher angenehm kühl (wie wenn es draußen gleissend heiss ist und drinnen angenehm kühl) statt feucht und klamm.
vodkamartini hat geschrieben: ist „Winnetou II" damit der landschaftlich vielfältigste und farbig kontrastreichste Karl May-Film.
Stimmt, aber ich finde dennoch, dass Reinls Inszenierung in Teil 1 diesbezüglicher schwelgerischer war und die Einbindung der Landschaft ein Spur stimmiger und auch die Landschaften etwas märchenhafter und wildromantischer waren. Was mich bei W2 immer etwas belustigt ist die Aufnahme vor der Adria, da reiten irgendie permanent die Protagonisten dran vorbei, mal von links nach rechts, dann in die andere Richtung, dann wieder andersrum – Reinl hat da echt nen Narren dran gefressen. :D
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Re: Der Karl May Thread

247
Wie unschwer zu erkennen, ist Winnetou II für mich in Summe der gelungendste May-Film, obgleich ich viele der nachfolgenden schon lange nicht mehr gesehen habe (also unter Vorbehalt). "Silbersee" (7/10) ist viel episodenhafter, Barker und Brice noch nicht so verschmolzen mit ihren Rollen und auch nicht präsent genug. "Winnetou 1" (8/10) zeigt etwas zu wenig von seiner Titelfigur (ist im Roman übrigens ganz ähnlich) und legt den Fokus etwas zu sehr auf die Auseinanderstzung Eisenbahner versus Gangster.

Im Detail:
Liebesgeschichte:
Die Chemie ist nicht gerade überwältigend (liest man ja auch in jeder Sekundärliteratur, was den Eindruck imo im Nachhinein verstärkt), aber zumindest Brice schmachtet einigermaßen glaubhaft. Als Kind fand ich die sogar besser als Shatterhand - Nscho-tschi. :) Kurz: die Chemie reicht aus.

Forrester:
Sicher werden seine Hintergründe wenig beleuchtet, aber das ist bei Santer nicht wesentlich besser/anders. Er steht nur vielmehr im Zentrum des Bösen - hat auch keinen Henchman - und hat mehr direkte Zusammenstöße mit den Helden. Santer will Land und Geld, Forrester will Öl und Geld, das ist schon sehr ähnlich. Und Kinski ist der eigentliche Bad Guy. Und der ist famos.

Bärenkampf:
Hat mich nie so gestört. Klar sieht das nicht super aus, man hatte ja eigentlich einen echten Bären vor Ort, aber der machte nicht so, wei Reinl wollte. Habe vor kurzem "Red Machine" gesehen (von 2014!) und da sind direkte Kampfszenen ehrlich gesagt auch nicht das Gelbe vom Ei. Ist auch extrem schwer zu drehen.

Arent:
Im "Silbersee" ein alberner Fremdköper (wie Howland in Winnetou 1) - den es gar nicht bräuchte -, hier aber recht sinnig in die Handlung intergriert. Ich finde auch die Pfahl-Szene ganz witzig und im Prinzip denkbar.

Höhle:
Zweifellos haben die die nach allen Regeln der Beleuchtungskunst illuminiert, was recht schwierig und knifflig war. Im Kontrast zu den Außenaufnahmen sind die aber schon recht dunkel. :) Vielleicht liegt es aber auch daran, dass ich selbst schon vor Ort war und die sind schon feucht und klamm (sind ja auch Tropfsteinhöhlen :)).

Landschaften:
Insgesamt gefällt mir Winnetou II da am besten. Klar sind die Pueblo- und Zweikampfszenen im 1. Teil superb wie auch die Felsen des Nugget Tsil. Davor allerdings - Camp, Kiowas, Westernstadt, Eisenbahnbau - ist das eher "normal" für Reinls Verhältnisse.
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Re: Der Karl May Thread

248
vodkamartini hat geschrieben: Sicher werden seine Hintergründe wenig beleuchtet, aber das ist bei Santer nicht wesentlich besser/anders. Er steht nur vielmehr im Zentrum des Bösen - hat auch keinen Henchman - und hat mehr direkte Zusammenstöße mit den Helden. Santer will Land und Geld, Forrester will Öl und Geld, das ist schon sehr ähnlich.


Der Unterschied zwischen den Hintergründen zur Eisenbahnschurkerei in W1 und der Ölintrige in W2 ist aber, dass in W1 das in diversen Szenen thematisiert wird, nicht zuletzt auch durch die Person von Bancroft. Gerade das Thema der Streckenbegradigung bzw. Umleitung durchs Apachengebiet wird mehrfach angesprochen, man bekommt es sogar via Landkarte bildlich gezeigt. Auch die Interessen Santers werden deutlich thematisiert, wiederum u.a. durch seine Beziehung zu Bancroft. In W2 dagegen ist es tatsächlich nur ein Satz, der das ganze thematisiert. Der Unterschied ist gewaltig, auch wenn die Geschichten bzw. die Beweggründe der Schurken an sich ähnlich sind. Mit der teilweisen Schwächung des Forrestercharakters durch Kinski hat das eigentlich nichts zu tun. Die Frage ist natürlich: brauche ich den ganzen Hintergrundkram überhaupt, wenn der Film als Actionfilm genau so gut auch ohne funktioniert? Im Falle von W2 würde ich sogar sagen: nicht unbedingt, da der Film dafür zu gut aufgebaut und inszeniert ist. Dennoch ist dieses Mehr an Hintergrund in W1 eben auch etwas, das den Film runder und einfach auch etwas komplexer macht (falsches Wort, richtiger wäre nicht ganz so einfach/oberflächlich wirken lässt).

vodkamartini hat geschrieben: "Winnetou 1" (8/10) zeigt etwas zu wenig von seiner Titelfigur (ist im Roman übrigens ganz ähnlich) und legt den Fokus etwas zu sehr auf die Auseinanderstzung Eisenbahner versus Gangster.


Das siehst du als Nachteil? Erstaunlich, das sind für mich alles Vorteile. Shatterhand ist für mich der viel interessantere Charakter, gerade in W1 durch seinen Emigranten-Hintergrund und die Tatsache, dass er eben noch nicht Old Shatterhand ist, sondern erst dazu wird. Die Eisenbahnergeschichte in all ihrer „Komplexität“ (zumindest relativ) ist für mich das dramaturgische Highlight der Serie, ist ja fast schon so etwas wie eine vorweggenommene Variante von Leones Lied vom Tod. Aber so gesehen wird natürlich auch klar, warum jeder von uns einen anderen Teil bevorzugt.

vodkamartini hat geschrieben: Bärenkampf:
Hat mich nie so gestört. Klar sieht das nicht super aus, man hatte ja eigentlich einen echten Bären vor Ort, aber der machte nicht so, wei Reinl wollte. Habe vor kurzem "Red Machine" gesehen (von 2014!) und da sind direkte Kampfszenen ehrlich gesagt auch nicht das Gelbe vom Ei. Ist auch extrem schwer zu drehen.


Das ist schon sehr wohlwollend in Anbetracht der Tatsache, dass der W2-Bär unrealistischer wirkt als Samson aus der Sesamstrasse, ein echter Problembär eben. :lol: Klar ist es schwer das umzusetzen, vor allem mit drei domestizierten Zoobärchen, die dann keinen Bock haben auf den Dreh worauf sich ihr Dompteur das Petzkleid überwirft. Aber das ist doch keine Entschuldigung für die wohl dämlichste und technisch dilettantischste Szene der gesamten Serie. Das war von Anfang an klar, dass sowas schwierig umsetzbar sein würde, dann hätte man das Drehbuch halt entsprechend abändern müssen, meinetwegen das Ribannas Gaul mit ihr durchgeht und Winnetou sie rettet oder was ähnliches. Aber so wie es ist, das geht eigentlich gar nicht.

Ich kenne „Red Machine“ nicht, aber dass es auch ganz anders geht hat ja Tamahoris The Edge mehr als eindrucksvoll gezeigt. Klar, sowas geht mit drei Zoo-Petzen aus deutschen Landen nicht, aber wie gesagt, dann hätte man es eben lassen müssen. Dagegen finde ich Howlands irrelevante Clownereien vollkommen harmlos.
vodkamartini hat geschrieben:Ich finde auch die Pfahl-Szene ganz witzig und im Prinzip denkbar.

Wenn Castlepool einen kompletten Baumstamm problemlos buckeln kann, dann hätte der Stein im Utahlager aber für ihn auch kein Problem darstellen dürfen. :wink:
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Mayrathon - IV

249
Dieses Mal nicht so knapp auf den letzten Drücker, wie bei "Old Shatterhand", weil ich mich doch speziell auf den hier auch zugegeben besonders gefreut habe. Lest selbst. :)

Winnetou II

Nach dem gigantischen Erfolg der Karl May Verfilmungen "Der Schatz im Silbersee" und "Winnetou I" und dem ebenfalls erfolgreichen Sonderfall ("Plagiat" träfe es eher) "Old Shatterhand" war es nur eine Frage der Zeit, dass auch "Winnetou II" verfilmt werden würde. Wie bei den beiden Rialto-Vorgängern führte erneut Harald Reinl die Regie und brachte somit 1964 bereits den vierten Ableger der Reihe in nur drei Jahren heraus. Was das Publikum damals so begeisterte, mag heute schnell veraltet wirken, denn wie seine Vorgänger ist "Winnetou II" ein naives Wildwest-Märchen, dass vor Kitsch oft nur so trieft und heute mit den Kostümen so manchen ein wenig an einen Themenabend auf einer Karnevalsfeier erinnern dürfte, doch speziell "Winnetou II" ist der schlagende Beweis dafür, dass auch ein simpel gestrickter Film funktionieren kann, wenn die Zutaten einfallsreich und fantasievoll aufbereitet werden.

Sofort, nur nach wenigen Akkorden des wundervollen musikalischen Themas Martin Böttchers, fühlt man sich wieder in die Weiten des Wilden Westens versetzt, wenn Reinls Film einsetzt. Mit dem wilden Westen haben seine grasgrünen Landschaften hier zwar wirklich gar nichts mehr zu tun, aber so erhaben wie Pierre Brice als Winnetou im Sattel durch die Landschaft reitet, nimmt man ihm das Ambiente trotzdem ab und witzigerweise liegt gerade darin ein großer Teil des Charmes, den "Winnetou II" hat. Bereits die Vorgänger waren ja von Romantik und Unschuld geprägt, doch beides treibt Reinl dieses Mal noch deutlich auf die Spitze. Das fast schon leicht homoerotisch-wirkende "Anschmachten" der beiden Protagonisten, die unfassbar seichte und zarte Liebesgeschichte, die einfach nur von Grund auf bösen Motive der Feinde, der ganz vorsichtige Versuch, eine Aussage in Richtung Rassismus zu treffen, der aber am Ende eben nur gutgemeint erscheint... Es mag so negativ klingen, doch eigentlich sind gerade diese Momente das, was man an den Filmen so genießen kann. Während in Italowestern ein Mensch schlechter als der andere ist und die Realität selbst ohnehin oft genug brutaler ist als man möchte, entführen einen Winnetous Abenteuer in eine Fantasiewelt, in der das Gute immer siegt und keinem Helden wirklich ernsthaft etwas geschehen kann. Was wie ein idealer Spannungskiller klingt, steht Reinls Dramaturgie hingegen keinesfalls im Weg. Die hat er fest im Griff und weiß sogar, sich die Naivität seines Filmes zu Nutzen zu machen.

Denn die Handlung, die wie schon insbesondere bei "Winnetou I" auf die großen Emotionen setzt, verwendet er dazu, die Charaktere durch einzelne Episoden laufen zu lassen, die allesamt etwas für sich haben. Aufgehen tut das dieses Mal aber auch deshalb, weil Reinl, anders als noch bei seinem letzten Film, nun besser gelingt, den Zuschauer an seine Figuren zu binden, die hier besser besetzt sind als in den drei Filmen zuvor. Auch wenn Ralf Wolter schmerzlich vermisst wird, so ist Mirko Boman als Gunstick Uncle ein netter Ersatz und die Rückkehr von Eddi Arent als Lord Castlepool sorgt für ein paar reichlich amüsante Slapstick-Momente, über die man sich wahrlich kringelich lachen kann. Karin Dor, die ebenfalls bereits in "Der Schatz im Silbersee" die weibliche Hauptrolle innehatte, dieses Mal besetzt als Indianerin Ribanna, ist ein weiterer Glücksfall für den Film, da sie in nur wenigen Minuten sofort eine sichtbare Chemie mit Brice aufweisen kann und ihre Rolle schön die Intention des Filmes unterstützend anlegt. Auf Seite der Bösewichte überzeugt Anthony Steel als obligatorischer Bandenchef, der zwar nicht ganz das Charisma eines Mario Adorfs hat, seine Sache aber dennoch ordentlich macht und durch seine finstere Ausstrahlung lebt. Er wird allerdings von seinem Kumpanen Klaus Kinski, ebenfalls als Gangster besetzt, mehrfach an die Wand gespielt. Wie Kinski es schafft, Wahnsinn und Gerissenheit in einen Blick zu legen, ist ganz großes Schauspielkino. Neben dem gewohnten Charismabolzen Lex Barker überzeugt außerdem noch ein nicht unbekannter Nebendarsteller: Mario Girotti (der später als Terence Hill bekannt werden sollte) präsentiert sich als kleineren Sympathieträger und ist mit so viel Elan bei der Sache, dass man ihm seine etwas undankbare Funktion im Film sofort verzeiht.

Während Reinl also auf Seiten der Besetzung alles richtig macht und seine schwelgerischen Kamerafahrten über die Natur Jugoslawiens schon fast nach Alltagsarbeit aussehen, zeigt er in "Winnetou II" auch, dass er aus den wenigen dramaturgischen Fehlern des Vorgängers gelernt hat. Die einzelnen Episoden (das Abenteuer im Öl-Lager oder der Überfall auf den Track) sind opulent und gekonnt in Szene gesetzt. Die Action sitzt, die Choreographien sind packend, die Inszenierung (insbesondere der Schnitt von Hermann Haller fällt seiner Dynamik wegen positiv auf) weiß was sie will und inhaltlich gehen die einzelnen Kapitel flüssig ineinander über und glänzen durch viele gute Einfälle (wie das Entkommen aus einer gefährlichen Situation mithilfe dreier Leichen und ein paar Schnüren). Auch der Showdown ist sehr ansprechend gestaltet und mit einem netten Abschluss versehen, sogar für einen Bärenkampf ist sich Reinl nicht zu schade, selbst wenn der Bär gerne etwas tierischer hätte wirken dürfen. Dieser Kritikpunkt kann bei allem Spaß nicht ganz beseitigt werden, gerade in den Massenszenen wirkt "Winnetou II" dann oft etwas zu sehr wie ein Faschingsfest mit Pferden. Und das die große Wendung des Filmes, die Winnetou zwar in ein nettes Dilemma stürzt, dann inhaltlich ziemlicher Humbug ist, ist vielleicht nicht unbedingt die glücklichste Fügung.

Fazit: Wie schon die anderen beiden Reinl-Beiträge zum Franchise ist auch "Winnetou II" ein knackiges Märchen im Western-Ambiente (jedenfalls inhaltlich), dass nie vorgibt, mehr zu sein als es ist. Was sich beim "Schatz im Silbersee" allerdings hin und wieder noch etwas zu unorganisch anfühlte, wird hier zu einer mehr als gelungenen Einheit und einem somit wirklich spannenden und flüssigen Film, den man nur der Tatsache wegen, dass er sich selbst seines einfachen Charakters bewusst ist, überhaupt ernstnehmen kann. Dass darin eine unverschämte Ironie liegt, macht ihn dann sogar gleich noch charmanter. Welch ein Teufelskreis!

8/10
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Re: Der Karl May Thread

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AnatolGogol hat geschrieben: Der Unterschied zwischen den Hintergründen zur Eisenbahnschurkerei in W1 und der Ölintrige in W2 ist aber, dass in W1 das in diversen Szenen thematisiert wird,
Stimmt, aber besonders tiefschürfend ist das dennoch nicht und läuft letztlich wieder nur auf Geldgier auf Kosten der Indianer hinaus (wie in fast allen May-Filmen ).
AnatolGogol hat geschrieben: Die Frage ist natürlich: brauche ich den ganzen Hintergrundkram überhaupt, wenn der Film als Actionfilm genau so gut auch ohne funktioniert? Im Falle von W2 würde ich sogar sagen: nicht unbedingt, da der Film dafür zu gut aufgebaut und inszeniert ist. Dennoch ist dieses Mehr an Hintergrund in W1 eben auch etwas, das den Film runder und einfach auch etwas komplexer macht (falsches Wort, richtiger wäre nicht ganz so einfach/oberflächlich wirken lässt).
Interessant. :) Ich empfinde Winnetou II als etwas runder, von der Komplexität nehmen sie sich imo nichts.
AnatolGogol hat geschrieben: Shatterhand ist für mich der viel interessantere Charakter, gerade in W1 durch seinen Emigranten-Hintergrund und die Tatsache, dass er eben noch nicht Old Shatterhand ist, sondern erst dazu wird. Die Eisenbahnergeschichte in all ihrer „Komplexität“ (zumindest relativ) ist für mich das dramaturgische Highlight der Serie, ist ja fast schon so etwas wie eine vorweggenommene Variante von Leones Lied vom Tod. Aber so gesehen wird natürlich auch klar, warum jeder von uns einen anderen Teil bevorzugt.
Für mich war Winnetou immer der interessantere Charakter :). Liegt wohl an meinem Faible für Indianer und dem wesentich schöneren Gewand. :) Wobei natürlich beide nicht sehr vielschichtig gezeichnet sind. Barker hat eine enorme Leinwandpräsenz im Verhältnis zu seinen mimischen Fähigkeiten und passt superb als Shatterhand, keine Frage. Naturgemäß beschäftigen sich die Erzählungen mehr mit ihm (vor allem in den Büchern und besonders in Winnetou I), da May ja vornehmlich aus der Ich-Perspektive erzählte. Die Eisenbahn-Geschichte find ich jetzt gar nicht mal so aufregend im Sinne einens herausragenden Highlights. Das ist ein recht gängiges Westernmotiv ("Feuerroß verdrängt Indianer und eröffnet skrupellosen Geschäftemachern enorme Einnahmequellen").
Für mich ist Winnetou II da interessanter mit den Themen "indianer vereinigt euch, sonst geht ihr unter", "konfliktbeladenen, mit gegenseitigem Misstrauen behaftete Verhandlungen" sowie der enormen "Fragilität des Friedens". Wie gesagt, wir bevorzugen da andere Themen und sehen deshalb die beiden Winnetou-Filme in unterschiedlicher Reihenfolge. Dennoch halten wir beide für sehr gut.
AnatolGogol hat geschrieben: Wenn Castlepool einen kompletten Baumstamm problemlos buckeln kann, dann hätte der Stein im Utahlager aber für ihn auch kein Problem darstellen dürfen. :wink:
Vielleicht war der etwas morsch, wahnsinnig dick war er auch nicht :). Der Papp-Felsbrocken aus dem "Silbersee" ist da schon ein anderes Kaliber. :)
http://www.vodkasreviews.de


https://www.ofdb.de/autor/reviews/45039/

Re: Der Karl May Thread

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Nun auch Winnetou II gesehen. Kann es sein, das die verwendeten Locations mehr und mehr grüner werden? :-)

hat mir gut gefallen, aber vielleicht nicht so gut wie Teil I. Prinzipiell halte ich ja Shatterhand für interessanter, aber dennoch schön, wenn Winnetou wie hier mehr zu tun bekommt. Der Film hat viel mehr als die vorherigen eine "politische" und "diplomatische" Dimension, und das gefällt mir sehr gut. Man hätte das aber wirklich raffinierter erzählen können. Sei es drum.

Die Einbindung von Eddie Arent gefällt hier deutlich besser. Die gesamte Liebesgeschichte ist aber so haarsträubend naiv und prüde, das es eher zum fremdschämen ist.

Audio-visuell ist alles auf gewohnt hohem Niveau. Es ist fast erschreckend, wie die May Verfilmungen meine Sicht auf den Wilden Westen geprägt haben. Für mich ist hier jede Aufnahme fast schon magisch, jede Location wird immer mit einem Schwenk über die weite Landschaft eingeführt und man glaubt wirklich, dass dies alles nur im entfernte Amerika sein kann.
Akkustisch hat mir die Höhle am Ende nicht so sehr gefallen. Da tauchen immer wieder fast kirchliche Klänge auf, die nicht so recht zum Geschehen passen wollen.

Ohne eine Logik Debatte starten zu wollen, vielleicht noch die Anmerkung, dass mich schon früher immer gewundert hat, wie oft und wie zufällig man sich immer wieder in diesen irrsinnigen weiten der Prärie wiederfindet und begegnet :-)
"It's been a long time - and finally, here we are"

Re: Der Karl May Thread

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Winnetou 2. Teil(1964)

Es war nur natürlich, den beiden Erfolgsfilmen „Der Schatz im Silbersee“ und „Winnetou I“ einen weiteren Nachfolger hinterherzuschicken und welcher Stoff war nach dem ersten Winnetou-Teil passender als Winnetou II? Schließlich war sogar die Brauner-Produktion „Old Shatterhand“ ein Erfolg gewesen. Erneut wurde Harald Reinl als Regisseur genommen, um das vierte May-Abenteuer ins Kino zu bringen.

Reinl bewies hier wieder seine Kunst, die jugoslawische Landschaft so stimmungsvoll in den Film einzubauen, welche Hugo Fregonese bei Brauners Film völlig abging und die Musik von Martin Böttcher befreite das Ohr vom Shatterhand-Mix Riz Ortolanis und überzeugt fast noch mehr als im Erstling. Die Landschaft wirkt zwar irgendwie noch grüner als vorher, aber das tut dem Film keinen Schaden. Ob New Venango, das Fort oder die Tropfsteinhöhle am Ende, erfreuen die Locations stets das Herz des Zuschauers.

Die Story ist wie beim Erstling viel ausgearbeiteter und die Actionszenen reihen sich auch ohne Macken in das Geschehen ein. Die Story nimmt es mit dem Roman zwar nicht sehr genau, eigentlich noch ungenauer als der „Silbersee“, welcher auch schon sehr frei nach der Vorlage gedreht wurde. Dennoch überzeugt das Skript voll und ganz, auch weil es dem Titelhelden, der in den vorigen Rialtos immer etwas im Schatten Shatterhands stand, nun mehr Raum zum handeln gibt und klar wird, wer hier die Hauptperson ist. Old Shatterhand hat allerdings auch noch einiges zu tun und wirkt auf keinen Fall wie Nebenfigur.

Die Darsteller Pierre Brice und Lex Barker treten wieder sehr souverän auf, vor allem ersterer ist spätestens jetzt in seiner Winnetou-Rolle vollends angekommen, es ist erstaunlich, wie genau seine Darstellung der Figur der aus den Romanen gleicht. Für den Humor sorgt diesmal nicht Ralf Wolter, dessen Sam Hawkens in diesem Teil nicht auftritt, sondern Eddi Arent, dessen Lord Castlepool für einige sehr witzige Momente sorgt, bei denen man sich teilweise wirklich schlapp lachen kann, da er hier auch einmal etwas wirklich auf eigene Faust unternimmt, was natürlich nicht gut gehen kann. Karin Dor überzeugt als Indianerin Ribanna vollkommen und auch Mario Girotti, der später als Terence Hill bekannt werden sollte, liefert eine solide Leistung, aber auch keine besonders nennenswerte. Man muss aber auch sagen, dass seine Rolle nicht besonders viel hergibt.
Anthony Steel gibt eine solide Darstellung als Bandit Forrester ab, an die beiden Vorgänger Lom und Adorf kommt er zwar nicht heran, aber das muss er auch nicht, seine Figur kommt auch so an. Trotzdem bleibt seine Darstellung weit hinter der zurück, die sein Banditenkollege Klaus Kinski abliefert. Es macht einfach Lust, seinem mimischen Spiel zuzuschauen, wie er mit abgrundtiefer Bösartigkeit die Drecksarbeit für Forrester erledigt, ein echter Henchman im Sinne der Bondfilme.

Der Film beginnt mit einer kleinen Einführung, von Martin Böttcher herrlich untermalt und dann inszeniert Reinl direkt einen Kampf mit einem Bären, von denen May auch einige in seinen Romanen hat. Leider erzielt der Kampf die gewünschte Wirkung nicht, weil der Bär, vor dem Winnetou Ribanna beschützt, nicht wirklich als Bär durchgeht, da kann man machen, was man will.
Es geht weiter im Dorf der Assiniboins, wo Winnetou seine Friedensliebe beweist und dafür sorgt, dass die Gefangenen Weißen befreit werden. Sein erhabenes Auftreten, als er die Indianer davon überzeugen will, zum Fort Niobrara zu reiten, um zwischen Weißen und Indianern Frieden zu schließen.
Unterdessen werden der befreite Leutnant Merril und seine zwei Kumpane Zeugen eines Überfalls auf ein Ponkadorf, der schon herrlich inszeniert ist.
Auch der Überfall danach auf die drei überzeugt, als Old Shatterhand und der Gunstick-Uncle auftauchen, es ist schön, dass man Boman nochmals als Gunstick-Uncle verwendet hat.
Winnetou und Ribanna gestehen sich ihre Liebe zueinander, ihre Romanze bleibt aber eher kühl und nüchtern, eine richtige Liebesbeziehung zwischen Brice und Dor ist da aber nicht.
Old Shatterhand folgt mit Lord Castlepool den Banditen zur Stadt New Venango, in der sie ihr Hauptquartier haben und nach Öl bohren. Schöne Szenen werden einem da geboten, von Castlepools köstlichen Albereien über eine Prügelei mit den Banditen zur Arbeiterverschwörung gegen Forrester. Vor allem hier im Gespräch mit Old Shatterhand beweist Anthony Steel, dass er doch ein guter Bösewicht ist. Dann folgt die große Brandszene, die einen großen Actionhöhepunkt des Films darstellt und klasse inszeniert ist. Nur Old Shatterhand und Castlepool überleben, abgesehen von den Banditen.
Es soll nun Frieden geschlossen werden, vorher lässt sich Castlepool aber trotz der Warnungen Old Shatterhands von Forresters Männern gefangen nehmen, was noch einige lustige Momente verspricht.
Die Friedensverhandlung weiß zu gefallen, die bunt kostümierten Indianerhäuptlinge diskutieren über den Frieden, der nur durch die Heirat von Leutnant Merril und Ribanna zustande kommen wird. Das stürzt Winnetou in ein Dilemma, welches vielleicht nett ist, durch die fehlende romantische Stimmung zwischen Brice und Dor jedoch etwas zunichte gemacht wird.
Doch da eine feste Bindung an eine Frau sowieso nicht zu Winnetou passt, heiratet Leutnant Merril nun Ribanna. Dann wollen Winnetou und Old Shatterhand Castlepool befreien. Einfach köstlich, wie Castlepool um seinen Hut streitet und den Baumstamm trägt, da hat er wohl ein bisschen trainiert, den Stein aus dem „Silbersee“ könnte er jetzt sicher auch schon anheben.
Der Überfall auf den Treck reiht sich nahtlos in die bisherige Story ein und der Schusswechsel am großen See mit den verbundenen Pistolen und Gewehren ist einfallsreich und gut gemacht.
Kinski überzeugt auch als angeblicher Überlebender des Trecks, der gesehen haben soll, wie die Assiniboins den Treck überfallen haben, wird von diesen aber gefangen.
Schön wird gezeigt, wie er sich wieder befreit und dann Forrester und Co. vor den Assiniboins warnt.
Er führt sie zu der Höhle, wo sich die Frauen und Kinder der Assiniboins sowie Leutnant Merril versteckt haben. Sie fangen diese und binden Merril und Ribanna an die Felsen. Winnetou aber hat die Banditen belauscht und nun rückt die Armee mit Shatterhand, Castlepool und den Assiniboins an. Das Zeitspiel zwischen den Banditen und den Helden macht ziemliche Laune, bis es dann zur Endschlacht kommt.
Der Kampf vor und in der Höhle begeistert und macht Spaß, auch wegen der Schwimmszenen, in denen Winnetou und die Indianer heimlich in die Höhle dringen. Auch Castlepool darf hier nochmal beweisen, dass er doch etwas drauf hat. Leider erhält Klaus Kinski einen mehr als unrühmlichen Abgang, der überhaupt nicht zu seiner großartigen Leistung passt. Passt man nicht auf, kann einem sein Tod sogar entgehen und man fragt sich, wo er geblieben ist.
Forresters Ende hingegen ist einfallsreich und neuartig, was die Tode der Bösewichter bisher bei den May-Filmen immer waren.
Das Ende ist dann doch ein wenig sehr ein Happy End von wegen die Bösen sind besiegt und die Guten reiten weite, aber das ist in den Mayfilmen häufig der Fall und stört auch nicht vehement.

„Winnetou II“ ist ein Western, der Spaß macht, abwechslungsreich ist und auch sonst überzeugt. Auch Wendtlands dritte Produktion trifft den Nagel auf den Kopf und überragt die beiden auch grandiosen Vorgänger noch ein bisschen. Auf jeden Fall ist dieser Film ein Höhepunkt der Reihe, der immer wieder unterhält und dessen Nachfolger sein Niveau und das seiner Vorgänger kaum noch halten konnten.

Punkte:(9/10)
"East, West, just points of the compass, each as stupid as the other."
(Joseph Wiseman in Dr. No)