Winnetou 1. Teil(1963)
Nachdem „Der Schatz im Silbersee“ ein Riesenerfolg geworden war, startete man gleich im Jahr darauf mit dem nächsten Karl May-Film. Und nachdem man im Vorgänger die beiden Blutsbrüder bereits als Duo gezeigt hatte, machte man sich nun an den eigentlichen Anfang der Blutsbrüderschaft, nämlich der Verfilmung von Karl Mays Roman „Winnetou I“, der das erste Zusammentreffen von Winnetou und Old Shatterhand schildert.
Von der Besetzung her fallen natürlich erst Pierre Brice und Lex Barker auf, die man einfach als Idealbesetzung für den Apachenhäuptling und den weisen Westmann, obwohl Häuptling in diesem Film eher nicht zutrifft, da Winnetous Vater noch lebt. Mario Adorf spielt den Bösewicht Santer und stellt diesen nochmal eine ganze Stufe kaltblütiger, gewalttätiger und einfach grandios hassenswerter da als der ebenfalls tolle Herbert Lom vor ihm. Auch begeistert Ralf Wolter als Sam Hawkens, der hier auch mal öfter kräftig zulangen darf als im Vorgänger. Seine Albereien sind einfach köstlich und dennoch wirkt er nicht albern. Anders bei Chris Howland, dessen englischer Fotograf teilweise sehr albern wirkt, aber dazu später mehr. Die hübsche Marie Versini als Nscho-Tschi sollte man auf jeden Fall erwähnen, in ihrer Art ist sie sehr passend. Walter Barnes, dessen Rolle hier gar nicht mal groß ist, stellt seinen Jones ebenfalls sehr gut dar und auch die anderen Rollen wie Intschu-Tschuna, Kleki-Petrah oder Bullok sind gut besetzt.
Auch in diesem Film verfehlen die Drehorte in Jugoslawien ihre Wirkung nicht. Ob im Pueblo der Apachen, auf der weiten Ebene des Kiowa-Überfalls oder beim Nugget-Tsil, alles übermittelt die wild-romantische Stimmung, die ungeheuer wichtig für den Film ist. Natürlich sorgt auch Martin Böttcher dafür, der wiederum mit romantischer als auch spannender Musik aufwartet, die den Zuschauer begeistern.
Die Story in diesem Film ist wesentlich ausgefeilter als im Vorgänger, hier hat man eine richtige, echte Story um die Szenen gewebt, die einer der wesentlichen Schwachpunkte des Vorgängers ist. Auch ist dieser Film wohl der May-Film, der sich am meisten an die Buchvorlage hält, obwohl auch dieser Film es nicht so genau mit ihr nimmt. Das Grundprinzip bleibt allerdings erhalten und es stört auch bei weitem nicht.
Nachdem der Film Winnetou vorgestellt hat, wird der grandiose Mario Adorf eingeführt, der gleich mal lachend die Büffel der Apachen abschießt. Auch in der Szene, in der er den Apachenkrieger foltert, beweist er sein Talent.
Nun kommt der Siedlertreck, bei dem auch Old Shatterhand sich befindet und nicht das Lederhemd von vorher trägt, sondern ein schönes rotes Hemd. Er trifft auf Sam Hawkens und gleich danach geht es in eine erste, toll inszenierte Actionszene, die Verfolgungsjagd der Kiowas hinter dem Treck her. Vom ersten Schuss bis zur Wagenexplosion kommt keine Langeweile auf.
Und gleich nachdem die restlichen Kiowas wieder davon reiten, tritt Chris Howland auf, der als Fotograf Taff-Taff Eddie Arent ersetzen sollte und im Westen unterwegs ist, um Indianer zu fotografieren und ebenfalls für den Humor sorgen soll. Dabei spielen seine Auftritte immer abseits vom eigentlichen Geschehen und haben keinen Bezug zur Story. Einige seiner Albernheiten sind amüsant und man schaut sie sich gerne an, andere sind schon fast zu albern und stehen hart am Übertritt der Ertragensgrenze. Aber das ist auch in Ordnung.
Während Santer Mr. Bancroft einschüchtert, berät man sich im Eisenbahnercamp über die unerlaubte Planänderung.
In Roswell hat auch Old Shatterhand eine Unterredung mit Santer, auch wieder toll von Adorf gespielt und danach gibt es einen stimmigen Kampf mit der „Schmetterhand“, der von Sam Hawkens unterbrochen wird. Die Aufforderungen an die Banditen sind absolut köstlich und werden durch Howlands Fotografie perfekt abgerundet.
Eine klasse Szene folgt nun durch das Gespräch mit Winnetou und Kleki-Petrah, dem „weißen Vater“. Wie Santer sie mit seinen Leuten einkreist, von Winnetou zu Boden geschlagen wird und dann kaltblütig auf diesen schießt, ist erstklassig. Kleki-Petrah wirft sich vor Winnetou und stirbt (was Winnetou ihm später ja nachmacht).
Da Santer Winnetou nun den Kiowas übergeben hat, beschließt ausgerechnet das Greenhorn Old Shatterhand, Winnetou auf eigene Faust zu befreien. Es ist immer wieder schön anzusehen, wie unser Greenhorn alle Kiowas auf seinem Weg außer Gefecht setzt und dann den Indianer befreit, natürlich unerkannt.
Die Schlacht mit Santers Leuten in Rosewell überzeugt vollständig und ist großartig inszeniert, ohnehin sind die Actionszenen in diesem Film große Klasse. Santer schießt hier auch Jones kaltblütig nieder und nach weiteren Schießereien kommt der Höhepunkt dieses Kampfes: Eine Lokomotive fährt mitten in den Saloon hinein, der explodiert und dann wie ein Kartenhaus in sich zusammenfällt. Santer konnte allerdings entkommen.
Nun freut man sich erst mal über den Sieg, aber es gibt keine Pause, denn die Apachen greifen nun an. Eine weitere große, toll inszenierte Schlacht. Dabei wird so ziemlich jeder Nicht-Apache getötet, mit Ausnahme der Santer-Bande, die entkommen konnte und Sam Hawkens, Dick Stone, Will Parker und Old Shatterhand, der allerdings von Winnetou höchstpersönlich schwer verwundet wird. In dem Moment denkt man sich erst mal „Oha!“.
Im Apachenpueblo wird Old Shatterhand von Nscho-Tschi versorgt und einige Zeit sieht man kaum etwas anderes, bis Nscho-Tschi nach Rosewell reitet, um Old Shatterhands Befreiungsaktion zu beweisen und die vier Weißen an die Pfähle gebunden werden und sterben sollen.
Nachdem Sam Hawkens das Gerede des Häuptlings übersetzt hat, soll Old Shatterhand sich auf dem Rio Pecos bewähren. Die nun folgende Szene im Kanu und der Kampf ist einer der Höhepunkte des Films, er ist fantastisch inszeniert und profitiert dazu noch überaus von Böttchers passender Musik, obwohl die den ganzen Film über klasse ist.
Old Shatterhand hat nun also sich und seine Freunde rehabilitiert und schließt mit Winnetou Blutsbrüderschaft. Die Szene ist sehr schön geworden, selbst wenn die Schauspieler Brice und Barker dabei ein paar Probleme bereiteten.
Der Film verliert nun leider an Fahrt und es wirkt allerdings so, als wolle man nur noch zum großen Finale hinkommen. Die Szenen hier lassen nun einiges zu wünschen übrig. Erst einmal ist da Sam Hawkens´ unsägliche Freundin Vollmond, gegen die Chris Howlands Albereien teilweise fast blutiger Ernst sind. Hier wurde die Erträglichkeitsgrenze deutlich überschritten. Zudem wird versucht, durch einige romantische Momente zwischen Nscho-Tschi und Shatterhand deren Beziehung zu verdeutlichen, was man allerdings nicht schafft, diese Beziehung wird bloß am Ende deutlich, wenn überhaupt.
Man reitet zum Nugget-Tsil, wo Santer ein letztes Mal eingreift und ein klasse Finale geboten wird, das sich doch deutlich vom Silbersee-Ende abhebt. Die Schlacht ist packend inszeniert und Santers Abgang ist einfach herrlich, sowohl von Adorfs Spiel als auch vom Einfallsreichtum her.
Die Szene mit Nscho-Tschi und Old Shatterhand ist dann doch noch emotional, aber leider wird der Tod von Intschu-Tschuna und Nscho-tschi sonst fast wie eine Nebensache behandelt, leider, das ist im Roman wesentlich besser abgehandelt.
Der Film endet aber stilvoll, wie die beiden Blutsbrüder in Richtung Sonnenuntergang reiten.
„Winnetou 1. Teil“ erzählt die Anfangsgeschichte zwischen Winnetou und Old Shatterhand schön und ist eine tolle Fortsetzung der May-Reihe. Er braucht sich weder vor ausländischen, noch vor dem Vorgangswestern zu verstecken und unterhält trotz einiger Längen und humoristischer Schwächen mit klasse inszenierten Actionszenen, einer tollen Besetzung und einer gut ausgearbeiteten Story. Der Anfang der Blutsbrüderschaft ist ein würdiger Western, der fast vollständig überzeugt.
Punkte: (8/10)
Casino Hille hat geschrieben:der Shatterhand grübelt reitend einmal in seinen nicht vorhandenen Bart und weiß dann (wieso auch immer) das da Gefahr droht.
Ich habe das immer so gedeutet, dass er die Spuren von Santer und Co. entdeckt. Ist aber auch nur eine Vermutung
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