vodkamartini hat geschrieben:Nein, aber er liefert imo eine völlig falsche Begründung für den Klassiker-Status von GF. Der Film ist kein von den Medien gepushtes Phänomen, sondern war ein phänomenaler Publikumserfolg, der die Reihe letztlich zu dem gemacht hat, was sie heute ist, bzw. den Weg dazu bereitet hat.
Ich habe nicht gesagt, dass der Film ein von den Medien gepushtes Phänomen ist.
Ich stimme zu, dass der Film 1964 die Bond-Manie ins Laufen brachte und das alles kombiniert mit dem Siegeszug der Briten, was die Unterhaltungsindustrie angeht.
Mir ging es nur darum, dass die Medien heute diesen Status, den der Film natürlich hat, weil er extrem erfolgreich und stilistisch prägend war, immer weiter zelebrieren, und das alles häufig zu einer Bond-Traum-Vergangenheit verkommt.
Wenn bei Oliver Geißen in der Chart-Show auf RTL irgendwelche B-Promis gefragt werden, was denn ihr Lieblingsbondfilm sei, dann sagen 3 von 4 "Goldfinger". Und dann zählen sie auf wie toll das Auto sei, und dass Gert Fröbe ja die Tradition der deutschen Bösewichte begonnen hat. Und dass Connery sowieso der beste sei. Alles schön und gut.
Hier beginnt aber der Teufelskreis, von dem danielcc spricht.
Die anderen Filme (bzw. fast kein anderer) wird in den Massenmedien so häufig erwähnt und gefeiert wir Goldfinger. Und daher kommt dann auch bei Nicht-Wissenden Zuschauern, die damals weder den Erfolg des Films mitbekommen haben, noch ihn wirklich mal bewusst gesehen haben, das Gefühl auf, dass dies wohl der beste Bondfilm aller Zeiten sein müsse.
Ja, sowas nennt man Klassiker-Status.
Wie gesagt: es ging mir nur darum, warum dieser Film so einen Status innehat.
Was eine filmhistorische Bedeutung von Bondfilmen angeht:
Ich sehe zwei Punkte, die durchaus prägend für den Action/Abenteuerfilm waren:
- der Schnitt von Peter Hunt (vor allem in FRWL, und später auch die Action in OHMSS)
- das Design von Ken Adam
In der Pop-Kultur hat beides etwas ins Laufen gebracht.
Die Kampfszene mit Grant im Zug ist 1963 so geschnitten worden wie man es heute noch gewohnt ist. Wenn man Actionszenen aus anderen Filmen der späten 50er und frühen 60er ansieht, dann sieht man wie "langsam" da alles war. Bei Bond gab es schon einen gewissen Quantensprung. Allerdings erst bei FRWL, in DN war alles noch sehr behäbig.
Allerdings hat Ken Adam in DN schon seinen Stempel hinterlassen.
Wer Bond nicht kennt, sieht bei DN in der ersten Hälfte erstmal einen normalen Krimi.
Sobald Prof. Dent aber zur Insel fährt und in den Spinnenraum geführt wird, entwickelt sich das erste Mal die eigenen Bond-Welt, die es vorher so noch nicht gab. Und das transportiert sich durch das Design der Bösewicht-Unterschlüpfe. Adam hat da Formen gefunden, die futuristisch, aber doch noch wie aus dieser Welt wirken. In einem "normalen" Krimi hätte die Tarantel vielleicht in einem normalen Hotelzimmer in ihrem Käfig gestanden.
Was OHMSS angeht, da bin ich komplett bei Maibaum:
Der Film funktioniert als Film, und nicht nur als Bondfilm. Und zwar auch heute noch.
Das gab es danach erst wieder 2006 mit "Casino Royale".
Anders gesagt: würde Connerys Charakter in GF nicht James Bond heißen, sondern Peter Smith, dann wäre der Film um Längen langweiliger als er es ohnehin schon ist. Liegt daran, dass er auf Schauwerte setzt und nicht auf Emotionen. Dadurch altert so ein Film extrem schnell.
Würde Lazenbys Charakter in OHMSS Peter Smith heißen, wäre der Film immer noch genauso gut.
Bei OHMSS habe ich eine emotionale Bindung zu den Charakteren, die Schauplätze kommen mir realer vor.
Bei GF ist mir total schnuppe wer, wann, wie irgendwo getötet oder bedroht wird. Den Film betrachte ich wie durch eine dicke Glasscheibe, ohne dass ich je ins Geschehen hineingezogen werde. Der Zuschauer bleibt hier die ganze Zeit total passiv. Null Spannung.
Und zum Abschluss:
"Goldfinger" ist DER Überklassiker für die Öffentlichkeit
"On Her Majesty's Secret Service" ist der Klassiker für die Filmwelt. Als Regisseur oder Autor kann man aus diesem Film viel mehr ziehen als aus GF.
danielcc hat das ja ähnlich auseinanderdividiert.