Re: Klassiker oder einfach "die alten Filme"?

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Ach, man muss sich ja nicht an den dümmsten Kommentaren der dümmster User aufhängen! Die Erfolge von Craigs Filme spricht doch eine ganz andere Sprache. und dieser Erfolg kommt grade dadurch, dass Craigs Bond mehr Emotionalität zulässt. (was ja auch wiederum kritisiert wird, was zeigt...)
Wenn du sogar MR dazuzählst, der von der Inszenierung her sehr nah an TSWLM ist und eigentlich nichts neues hat, was für die Filmreihe von Bedeutung war, dann muss auf jeden Fall auch OHMSS dazu. Die Skiszenen waren prägend und wurden so auch in späteren Filmen (z. B. TSWLM und FYEO) wiederholt.
Ehrlich gesagt hast du Recht.
Ich habe aber das Gefühl, dass heute MR viel bekannter ist und das Bild über Bond stärker prägt als OHMSS. Wie gesagt, OHMSS ist einfach irgendwie bei der Masse in Vergessenheit geraten. Bei Bond-Medleys werden Szenen aus allen möglichen Filmen gezeigt, aber eigentlich selten oder nie die aus OHMSS. Das ist in gewisser Weise ein Teufelskreis:
- OHMSS war etwas weniger erfolgreich
- Man denkt er ist nicht gut und hält Lazenby für schwach
- Die Medien reflektieren das und zeigen ihn noch seltener
- Die Masse kennt den Film noch weniger und Lazenby wird nicht als Bond erkannt
- Der Film taucht nicht mehr in solchen Zusammenschnitten auf
- Die Leute kennen ihn noch weniger

Natürlich ist die Winter Action in OHMSS toll und bahnbrechend. Aber da das für mich später durch FYEO getoppt wurde, sieht man auch eher Bond im Eiskanal aus FYEO als Bond im Eiskanal in OHMSS.

MR wurde nie getoppt. Der steht für alle Zeiten da als Monolith und als Eckpeiler dessen, was Bond maximal sein darf.
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Re: Klassiker oder einfach "die alten Filme"?

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vodkamartini hat geschrieben:Nein, aber er liefert imo eine völlig falsche Begründung für den Klassiker-Status von GF. Der Film ist kein von den Medien gepushtes Phänomen, sondern war ein phänomenaler Publikumserfolg, der die Reihe letztlich zu dem gemacht hat, was sie heute ist, bzw. den Weg dazu bereitet hat.
Das eine schließt das andere aber nicht aus. 8)
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Re: Klassiker oder einfach "die alten Filme"?

95
Ursache und Wirkung sind hier immer in einem Kreislauf, wie von mir beschrieben.
Dieser Kreislauf führt dazu, dass GF als Klassiker gilt, und er führt dazu, dass OHMSS eher in Vergessenheit gerät beim Breitenpublikum.

Kein Film der Reihe ist für sich genommen so herausragend brillant, dass er die Filmwelt verändert hat. Die ersten 3-4 haben aber eine Genre begründet.
Alles andere ist ein Wechselspiel aus ursprünglichem Erfolg, Rotation im TV und dadurch erzeugte Bekantheit.
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Re: Klassiker oder einfach "die alten Filme"?

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danielcc hat geschrieben:
Hat OHMSS denn eine gewisse Bedeutung und wenn ja warum?


Wenn man nun mal durchgeht, welche Filme im besonderen dazu beigetragen haben, bleibe ich bei:
- DN->GF: Hier wurden im Grunde alle Bausteine eingeführt, die die Serie ausmachen
- TB: Leichte Erweiterung hin zum Bombastischen, größter Erfolg der 60er, Popularität auf dem Höhepunkt; zudem bahn
- TSWLM: Neues Highlight auch was den Erfolg angeht nach Jahren der relativen Mittelmäßigkeit
- MR: Tja, das Einspielergebnis spricht für sich und der Film markiert auf eigene Art und Weise einen Meilenstein - auch wenn das für viele negativ ist
- GE: Bond ist wiedergeboren und immer noch der gute Alte
- CR: Bond ist wiedergeboren und ein ganz frischer Neuer
Der Begriff Klassiker kann auch auf Filme zutreffen die damals wenig Bedeutung haben ,aber heute als wichtig angesehen werden. Genau so können damals bahnbrechende Filme heute schon lange bedeutungslos sein.

In der Praxis wird es immer eine Mischung sein aus der Bedeutung die ein Film mal hatte, und - wichtiger - welche Bedeutung man heute in ihm sieht. Und da ist OHMSS, im Gegensatz zu LTK, schon lange sehr stark weg von dem Außenseiterimage, hin zu einem der zentralen Filme der Serie geworden.
Und das sehe ich bei DN nicht, der von vielen nur als ein Anfang angesehen wird. Er hat eine sehr große Bedeutung für die Etablierung der Serie, gilt aber nur seltne als einer der großen Bonds.
Die nächsten 3 sind dann die eigentlichen bestimmenden Klassiker. Wobei FRWL eigentlich eher untypisch für die Serie ist, und TB in den Büchern meist nicht so gut wegkommt. GF ist jedenfalls der Oberklassiker, ob er das verdient oder nicht ist eine andere Frage.

Was das Einspielergebnis zu TSWLM angeht, laut der Sony Liste war ja LALD der erfolgreichste Moore Bond. Und LALD wäre schon alleine durch die Etablierung Moores einer der wichtigsten Bonds, denn bis zu LALD (und gerade nach Lazenby) hatte niemand erwartet daß die Serie auch mit einem anderen Darsteller funktionieren könnte. Noch dazu mit einem Film der weniger den frühen Bonds nacheiferte, sondern eher dem Weg folgte den YOLT und DAF gegangen waren, also endgültig weg von Fleming und vom Thriller und hin zum großformatigen Actionspektakel mit viel Humor angereichert. TSWLM hat dann nur noch bestätigt daß der Erfolg von LALD keine Eintagsfliege war, und die Serie noch mehr hin zum Familienfilm geöffnet.
LALD empfinde ich mittlerweile als unterschätzt, was die Wertschätzung seitens der Fans angeht.

Was Brosnan betrifft, so scheint er gerade aufgrund des veränderten Fokus der Craig Bonds, eine massive Abwertung zu durchlaufen. Seine Filme sind anscheinend noch zu neu bzw nicht alt genug, um von dem Nostalgiefaktor von Connery und Moore zu profitieren.

Re: Klassiker oder einfach "die alten Filme"?

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Maibaum hat geschrieben: Und da ist OHMSS, im Gegensatz zu LTK, schon lange sehr stark weg von dem Außenseiterimage, hin zu einem der zentralen Filme der Serie geworden.
Sehe ich absolut NICHT so. (hattest du übrigens nicht vorne LTK als Klassiker genannt?)
Was ist denn an OHMSS zentral für die Serie? Das man weiß, wie man es am Besten nicht machen sollte? Welchen Darsteller man nicht nehmen sollte? OK, das war jetzt provokativ aber der Film hat der Serie ja keinerlei nachhaltige Impulse gegeben. Die extrem andere Richtung des Nachfolgers spricht Bände.
Maibaum hat geschrieben:Und das sehe ich bei DN nicht, der von vielen nur als ein Anfang angesehen wird. Er hat eine sehr große Bedeutung für die Etablierung der Serie, gilt aber nur seltne als einer der großen Bonds.
Die nächsten 3 sind dann die eigentlichen bestimmenden Klassiker. Wobei FRWL eigentlich eher untypisch für die Serie ist, und TB in den Büchern meist nicht so gut wegkommt.
Wie du sagst, kann aber ein Klassiker ja grade der Film sein, der vielleicht gar nicht so herausragend aufgenommen wurde aber in der historischen Betrachtung großen Einfluss hatte. DN hat doch alles in die Wege geleitet bis hin zu kleinsten Details des Ablaufs, der Konstellationen, der Charaktere,... Sogesehen hat er viel mehr beeinflusst und etabliert als die meisten späteren. Daneben hat der Film unheimlich viele Momente, die legendär sind und immer wieder als prägend für die Serie genannt und gezeigt werden.

Maibaum hat geschrieben:Was Brosnan betrifft, so scheint er gerade aufgrund des veränderten Fokus der Craig Bonds, eine massive Abwertung zu durchlaufen. Seine Filme sind anscheinend noch zu neu bzw nicht alt genug, um von dem Nostalgiefaktor von Connery und Moore zu profitieren.
Sehe ich auch so.
Dennoch kann man die Rolle von GE als gar nicht groß genug einschätzen. Im Grunde war der Film der zweite Geburtstag für die Serie.
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Re: Klassiker oder einfach "die alten Filme"?

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danielcc hat geschrieben:
Maibaum hat geschrieben:Was Brosnan betrifft, so scheint er gerade aufgrund des veränderten Fokus der Craig Bonds, eine massive Abwertung zu durchlaufen. Seine Filme sind anscheinend noch zu neu bzw nicht alt genug, um von dem Nostalgiefaktor von Connery und Moore zu profitieren.
Sehe ich auch so.
Dennoch kann man die Rolle von GE als gar nicht groß genug einschätzen. Im Grunde war der Film der zweite Geburtstag für die Serie.
Ich glaube, GE ist davon auch nicht so betroffen. Der Film ist ja immer noch sehr beliebt. Die Abwertung betrifft vor allem die anderen Brosnan-Filme. DAD natürlich vollkommen zurecht. ;-)
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Re: Klassiker oder einfach "die alten Filme"?

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Maibaum hat geschrieben:Die sehe ich bei GF nicht. Auch bei keinem anderen Bond.
Zumindest als Ausgangspunkt für unzählige Epigonen lässt sich dem Film ein bedeutender filmhistorischer Einfluss aber nicht absprechen. Ähnlich wie zB der erste Dollarfilm löste GF eine jahrelang anhaltende Welle an ähnlichen Produktionen aus.
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Re: Klassiker oder einfach "die alten Filme"?

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danielcc hat geschrieben:
Maibaum hat geschrieben: Und da ist OHMSS, im Gegensatz zu LTK, schon lange sehr stark weg von dem Außenseiterimage, hin zu einem der zentralen Filme der Serie geworden.
(hattest du übrigens nicht vorne LTK als Klassiker genannt?)
Das war einfach eine Aufzählung meiner Lieblingsfilme. Das sind dann meine persönlichen "Klassiker".
Was ist denn an OHMSS zentral für die Serie? Das man weiß, wie man es am Besten nicht machen sollte? Welchen Darsteller man nicht nehmen sollte? OK, das war jetzt provokativ aber der Film hat der Serie ja keinerlei nachhaltige Impulse gegeben. Die extrem andere Richtung des Nachfolgers spricht Bände.
Es geht nicht um die direkten Impulse, es geht mehr darum daß er schnell, jedenfalls mit gar nicht so viel Abstand, als einer der Besten galt und gilt, wenn nicht der Beste. Gerade weil er anders ist, weil er filmischer ist als die anderen Bonds aus der Zeit.

Haben nicht auch Nolan oder Forster ihn als den Besten bezeichnet?
Maibaum hat geschrieben:Und das sehe ich bei DN nicht, der von vielen nur als ein Anfang angesehen wird. Er hat eine sehr große Bedeutung für die Etablierung der Serie, gilt aber nur seltne als einer der großen Bonds.
Die nächsten 3 sind dann die eigentlichen bestimmenden Klassiker. Wobei FRWL eigentlich eher untypisch für die Serie ist, und TB in den Büchern meist nicht so gut wegkommt.
Wie du sagst, kann aber ein Klassiker ja grade der Film sein, der vielleicht gar nicht so herausragend aufgenommen wurde aber in der historischen Betrachtung großen Einfluss hatte. DN hat doch alles in die Wege geleitet bis hin zu kleinsten Details des Ablaufs, der Konstellationen, der Charaktere,... So gesehen hat er viel mehr beeinflusst und etabliert als die meisten späteren. Daneben hat der Film unheimlich viele Momente, die legendär sind und immer wieder als prägend für die Serie genannt und gezeigt werden.
Ja, von da her ist er sehr wichtig, aber er gilt trotzdem meist als weniger gelungen, mehr als Anfang denn als Vollendung. Auch bei den Bond Fans ist er weniger beliebt als die 3 Nachfolger.

Es basiert ja alles auf Einschätzungen, was ein Klassiker ist und was nicht. Und bei solchen Einschätzungen ist auch immer eine Portion Irrationalität dabei.

Ich mache das aus einer Mischung heraus aus
1. was ich in Büchern gelesen habe
2. sonstige Einschätzungen von Leuten deren Urteil ich etwas zutraue
3. wie die Filme hier in den Foren von den Fans eingeschätzt werden.

Und wenn du für Letzteres deine Auswertung der Lieblingslisten nimmst, oder das Bondesliga Spiel im anderen Forum, dann ist OHMSS immer ganz oben dabei und DN landet in der Mitte. Und das passt auch zu dem was ich so von den Personen aus 1. und 2. mitbekommen habe. Und da CR da auch überall jetzt schon eine herausragende Stellung hat, kann man getrost sagen daß er jetzt schon diesen Klassikerstatus inne hat.
Zuletzt geändert von Maibaum am 13. Februar 2015 15:25, insgesamt 1-mal geändert.

Re: Klassiker oder einfach "die alten Filme"?

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@Anatol
So ist es. GF kann bei aller Vorliebe oder Abneigung eine große filmhistorische Bedeutung imo nicht ernsthaft abgesprochen werden. Der Film hat nicht nur eine in Kombination von Langlebigkeit und Erfolg einzigartige Reihe etabliert, sondern auch ein ganzes Genre (den Actio(spionage)-Thriller) los getreten. OHMSS ist dagegen bestenfalls eine Randnotiz wert. Das spielt nicht nur keinesfalls in derselben "Einfluss-Liga", sondern nicht mal im selben "Einfluss-Universum".

Goldfinger dürfte einer der wenigen Filme sein, die genreunabhängig global einen enormen Bekanntheitsgrad genießen. Das ist in wirklich jeder Hinsicht - egal wie man es dreht, wertet, betrachtet etc. - ein lupenreiner Film-Klassiker. Reiner geht gar nicht. Mir komplett schleierhaft, wie man OHMSS auch nur in dessen Dunstkries sehen will. Kann ich nicht mal rudimentär nachvollziehen.
http://www.vodkasreviews.de


https://www.ofdb.de/autor/reviews/45039/

Re: Klassiker oder einfach "die alten Filme"?

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AnatolGogol hat geschrieben:
Maibaum hat geschrieben:Die sehe ich bei GF nicht. Auch bei keinem anderen Bond.
Zumindest als Ausgangspunkt für unzählige Epigonen lässt sich dem Film ein bedeutender filmhistorischer Einfluss aber nicht absprechen. Ähnlich wie zB der erste Dollarfilm löste GF eine jahrelang anhaltende Welle an ähnlichen Produktionen aus.
Den hat er, aber das macht für mich noch keinen großen Filmklassiker. Den Klassiker Begriff verwende ich etwas sparsam, und auch fast nur für Filme die etwas Besonders sind, und auch besondere Qualitäten haben. Auch für Filme die ich nicht so mag, aber von andren als solche eingeschätzt werden.
Für eine Handvoll Dollar ist ein Westernklassiker, aber für mich keiner der großen Filmklassiker, dafür hat er zu viele Schwächen. Spiel mir das Lied vom Tod ist dagegen beides.
Und dafür fehlen mir bei GF dann ebenfalls die filmischen Qualitäten.
Vom Winde verweht sehe ich als einen der wenigen der an sich nicht so guten Filme, die ich diesen Klassiker Status trotzdem zugestehen würde,

Aber dieser direkte Einfluss der Bonds in den 60ern war vielleicht gar nicht mal so groß. Es gab zwar eine Reihe von Spionagefilmen, die aber eher Thriller waren, und weniger auf die große Action setzten. Die großen Spektakelfilme der 60er und 70er waren doch eher in anderen Genres zu finden. Die Verfolgungsjagden der 70er basieren eher auf Bullitt als auf Bond, und vieles was bei Bond etabliert wurde, wurde zeitgleich auch woanders gemacht.

Der 1. Fantomas Film (1964) enthält mit einer sehr, sehr langen Verfolgungsjagd (mit Auto, Zug und Booten) und geheimen Basen und fantastischen Verkleidungen viel mehr Bond als es bis dato bei Bond gab, und z.b. die sicherlich von Bond beeinflussten Derek Flint Filme enthalten andererseits auch viel Zeugs was Bond erst danach gemacht hat.

Eigentlich ist erst mit den Indiana Jones Filmen ein so richtig breitenwirksamer und dauerhafter Bond Einfluss entstanden. Aber das zu einer Zeit als es mit Bond konstant bergab ging.

Re: Klassiker oder einfach "die alten Filme"?

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Ich finde die Argumentation hier wirklich gut und spannend...

Was ich immer merke ist, dass Maibaum eine spezielle Sichtweise auf Filme und deren Wirkung hat - was sich dann durch viele Diskussion durchzieht. Das meine ich nicht abwertend aber es ist schon erstaunlich und ganz anders als vodka und ich das sehen.

GF ist ein filmhistorisches Klassiker. Selbst wenn alles im Film geklaut, kopiert, langweilig und belanglos wäre, und nichts davon irgendeinen bahnbrechenden inszenatorischen Einfluss auf die Filmschaffenden gehabt hätte, so wäre er es dennoch, denn letztlich zählt die Reaktion beim Publikum und deren Einfluss auf weitere Filme.

OHMSS oder QOS dagegen, können noch so filmisch sein noch so elegant und inszenatorisch raffiniert, sie können den anderen Filmen erzählerisch um Lichtjahre voraus sein - wenn das nicht ankommt beim Publikum und somit keine Wirkung hat, dann ist der Film für mich eine Randnotiz.

Da mag man dann trennen zwischen "Publikums-Klassikern" und "filmhistorischen Meilensteinen" aber dennoch würde ich da OHMSS/QOS nie in einen Topf werfen mit GF.

Idealerweise - und da sind wir uns sicher einig - muss ein Film all diese Kriterien erfüllen. Aber auch da sehe ich bei OHMSS/QOS zu wenig auf der (von mir favorisierten) Seite, als dass die "Maibaum-Seite" das kompensieren könnte :-)
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