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von AnatolGogol
Agent
Erlöse uns von dem Bösen (2014) – Scott Derrickson
Das Böse macht derzeit mal wieder einen effektvollen Abstecher ins Kino und als Fan okkulter Großtaten wie Der Exorzist oder Das Omen wollte ich mir den neusten Ausflug in dämonische Gefilde nicht entgehen lassen. Zur Story: Amerikanische Soldaten ziehen sich bei einem Einsatz im Irak über antike Inschriften eine dämonische Bessesenheit zu und geben diese zurück in den Staaten an diverse andere Personen ihres Umfeldes weiter. Ein desillusionierter Cop stösst durch mehrere merkwürdige Ereignisse im Rahmen seiner Arbeit auf die Sache und versucht fortan in Zusammenarbeit mit einem hemdsärmligen Jesuitenpater den Anführer der besessenen GIs dingfest zu machen, um ihn anschliessend zu exorzieren. Viel mehr passiert während der knapp zwei Stunden nicht und genau das ist auch das große Problem des durch den genreerfahrenen Scott Derrickson (Der Exorzismus von Emily Rose) inszenierten Films. Erlöse uns von dem Bösen ist sowohl in Inszenierung als vor allem auch was sein Drehbuch angeht ein erschreckend biederes Werk. Die Geschichte entwickelt sich völlig linear auf den vermeintlichen Höhepunkt hin – den effektgeladenen Exorzismus – und macht dabei noch nicht mal den Versuch die Story mit unerwarteten Twists oder Wendungen aufzupeppen. Man ist 90 Minuten lang Zeuge wie die von Eric Bana solide, aber unspektakulär verkörperte Hauptfigur des Detectives seinem Job nachgeht. Das Szenario führt das Publikum entsprechend von Hinweis zu Hinweis, wobei es nicht wirklich eine klassische Schnitzeljagd ist, denn Banas Figur ermittelt weniger als dass er mehr von Einsatz zu Einsatz gerufen wird und dort dann wieder über Hinweise auf das dämonische Komplott stolpert. Die letzte knappe halbe Stunde ist schliesslich dem finalen Exorzismus vorbehalten, der leider ebenfalls kaum als echter Höhepunkt taugt, da auch hier Ablauf und Dramaturgie blass und vorhersehbar bleiben.
Derricksons Inszenierung geht ähnlich streng nach den Schulbuchregeln vor wie seine beiden Protagonisten während ihres Exorzismus, es wirkt oft schon fast ermüdend mit welcher Vorhersehbarkeit er sämtliche Klischees und Effekte des Genres bemüht. So spielen 90% des Films im Dunkeln bzw. Halbdunkeln, es regnet gefühlt mehr als im Noahfilm und Sieben zusammen, die Schauplätze rekrutieren sich weitgehend aus insektenbefallenen, düster-modrigen Kellerlöchern, es gibt jede Menge eiter- und blutverkrustete Besessene mit Schaum vor dem Mund zu bestaunen und natürlich dürfen die guten alten dynamischen Schockeffekte (die Szene wird ganz leise und langsam und BANG kommt ne Katze oder die Vison eines Besessenen ums Eck) nicht fehlen und damit das auch der letzte Zuschauer mitbekommt wird das Spielchen gefühlt alle 10 Minuten wiederholt. Wobei man Derrickson zu Gute halten muss, dass so bieder und wenig einfallsreich dieses „Inszenieren nach Zahlen“ auch sein mag es letztlich den Film zumindest halbwegs unterhaltsam über die Runden bringt. Dies gilt für die erste Filmhälfte in deutlich stärkerem Maße als für die zweite, in welcher sich der Film zusehends totläuft. Es passiert halt dann doch einfach zu wenig und vor allem zu wenig Überraschendes. Auch gelingt es Film bzw. Regisseur nur selten echte Atmosphäre a la Sieben (trotz des endlosen Regens) oder echte Spannung aufzubauen. Auch die Darsteller und ihre Rollen passen sich dem müden Gesamteindruck an, einzig Sean Harris gibt als dämonenbessesener GI eine halbwegs erinnerungswürdige Darstellung. Bana und Edgar Ramirez liefern hingegen weitgehend „Dienst nach Vorschrift“, wobei sie jedoch mit der Bürde zu kämpfen haben, dass ihre Rollen klischeehaft ohne Ende sind: der desillusionierte Cop, der den Glauben verloren hat und sich zusehends von seiner Familie entfremdet sowie auf der anderen Seite der unkonventionelle, hemdsärmelig-coole, mit allen (Weih-)Wassern gewaschene Jesuitenpater.
Erlöse uns von dem Bösen ist sicherlich kein schlechter Film, dafür ist er handwerklich zu ordentlich und hält sein Publikum trotz aller Konventionalität halbwegs bei Laune. Die beschriebenen Mängel machen sich allerdings mit zunehmender Laufzeit (immerhin fast zwei Stunden) mehr und mehr negativ bemerkbar. Der Film zeigt mM nach aber auch sehr deutlich, wie brillant und effektiv Friedkins thematisch verwandter Exorzist inszeniert ist verglichen mit dem drögen Mittelmaß, welches ein biederer Handwerker wie Derrickson hier aufführt. Unterm Strich müde Hausmannskost zum schnell wieder vergessen.
Wertung: 5 / 10
"Ihr bescheisst ja!?" - "Wir? Äh-Äh!" - "Na Na!"