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von GoldenProjectile
'Q Branch' - MODERATOR
Im Kino - The Grand Budapest Hotel (2014)
Drehbuch & Regie: Wes Anderson
Darsteller: Ralph Fiennes, Tony Revolori, Adrien Brody, Edward Norton, Willem Dafoe, F. Murray Abraham, Tom Wilkinson, Jude Law, Tilda Swinton, Saoirse Ronan, Jeff Goldblum, Mathieu Amalric, Jason Schwartzman, Harvey Keitel, Bill Murray, Owen Wilson, Florian Lukas, Bob Balaban
Ein angesehener Schriftsteller (Tom Wilkinson) berichtet im Vorwort seines Buches The Grand Budapest Hotel, wie es zu der von ihm niedergeschriebenen Geschichte kam. Während einer Schreibblockade verbrachte er als junger Mann (Jude Law) einige Tage im einst berühmten, doch heute verfallenen Grand Hotel eines fiktiven osteuropäischen Bergstaates, wo er dessen exzentrischen und einzelgängerischen Eigentümer (F. Murray Abraham) kennenlernte. Dieser erzählte ihm eine Geschichte, die sich in den 30er-Jahren zugetragen hat als er selbst die Tätigkeit eines Lobbyboys (Tony Revolori) und des persönlichen Assistenten von Concièrge Gustave (Ralph Fiennes) ausübte...
Dies war mein erster Kontakt mit dem Regisseur Wes Anderson, doch wird es nach diesem einzigartigen Meisterwerk bestimmt nicht der letzte sein. Es ist nahezu unbegreiflich, woher die unerschöpfliche Kreativität kommt um so einen unterhaltsamen Film zu kreieren. Mit einem grossen Ideenrepertoire erzählt Anderson die Abenteuer des Hotelconcierges Gustave H. und seinem treuen Lobbyboy. Der grossartige Ralph Fiennes, der offenbar viel Spass an der Geschichte hat, verkörpert mit Herz und Seele den elitären Fachmann, der in seinem Hotel die betagten Witwen beglückt und jeden noch so banalen Satz in hochgeschwollener Eloquenz ausdrückt, wobei er zu den unpassendsten Zeitpunkten - und oft zum Ärger seiner Mitmenschen - in verträumte Poesie ausbricht. Unterstützt wird er dabei von einem Schaulaufen grosser Stars, die sich in weitgehend untypischen Nebenrollen gekonnt selbst auf die Schippe nehmen - die meisten davon erhalten sogar erstaunlich viel Screentime. Der ganze Film ist gespickt mit einzigartigen Besetzungsclous, wobei vor allem Norton, Dafoe und Keitel den Vogel abschiessen.
Aber jeder Star wäre in diesem Film nutzlos ohne die kreative Kraft von Wes Anderson. Grand Hotel Budapest ist nämlich wie ein grosses, animiertes Bilderbuch inszeniert, welches sich in mehrere schrullig benannte Kapitel aufteilt. Der Film ist im Format 4:3 gedreht und voller altmodischer, rosaroter Kulissen. Oft vermittelt die Szenerie den Eindruck eines Bühnenstücks, manchmal auch eines Gemäldes, immer wieder gibt es ungewöhnliche Perspektiven und in der zweiten Hälfte eine hochwitzig animierte Stop-Motion-Actionszene. Dazu ist Grand Hotel Budapest unheimlich temporeich, durch den einprägsamen Soundtrack flott und launig und insgesamt einfach extrem stimmig. Wes Anderson hatte definitiv eine wunderbare, einzigartige Vision und die hat er auch gekonnt und einfallsreich visualisiert. Zu der einzigartigen Inszenierung kommt aber noch der unerschöpfliche Wortwitz, mit treffend eingesetzten Gags, herrlicher Situationskomik und dem selbstironischen Spiel der Darsteller. Liebenswerte Nostalgie und dezenter Slapstick in skurrilem Gewand ergänzen sich perfekt.
Ein rundum gelungenes, auf sämtlichen Ebenen von originellen Ideen übersprudelndes Leinwandabenteuer. Vermutlich die beste Komödie seit Jahren.
9,5 / 10 (nach der sicherlich anstehenden Zweitsichtung ist dann aber sehr wahrscheinlich die Höchstnote gefragt)
We'll always have Marburg
Let the sheep out, kid.