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von Hannes007
Agent
Teil zwei meiner Chronologie:
James Bond 007 - Liebesgrüsse aus Moskau
Mit FRWL konnte ich lange Zeit nix anfangen. 'Zu düster, zu wenig exotisch' dachte ich früher.
FRWL kam damals nur ein Jahr (heute wäre sowas undenkbar) nach DN heraus - und irgendwie habe ich stellenweise das Gefühl, man hätte sich vielleicht etwas mehr Zeit lassen sollen.
Erstmals bekommen wir eine PTS zu sehen und befürchten das Schlimmste; nämlich Bond's Tod. Die Überraschung, dass es eben nicht so ist, ist den Machern gelungen. Insgesamt eine spannende PTS, mit einem ersten Eindruck von PHANTOM und bald darauf Blofeld.
Gleich nach der PTS folgt für mich eine köstliche Szene:der eiskalte und brilliante Kronsteen beim Schachspiel. Sein Blick auf den Kellner, der ihm das Wasserglas bringt ist einfach herrlich! Dass Bond erst relativ spät erscheint, stört mich nicht; noch dazu wo die aus DN bekannte Mrs. Trench in dieser erfrischenden Szene ebenfalls dabei ist. Innovativ und wohl eine Seltenheit fürs Jahr '63 ist Bond's Autotelefon.
Ebenfalls zum Ersten Mal spielt Desmond Llewelyn den Waffenmeister. Das passt, genauso wie zwei schon bekannte Gesichter: Mrs. Moneypenny und M. Der zweite Auftritt der Beiden, genauso unterhaltsam wie in DN.
Bonds Ankuft in Instanbul am Flughafen ist der Ankunft in Kingston aus DN nicht unähnlich. Neu ist das Erkennungsmerkmal mit dem Feuerzeug, welcher aber sehr gut ist, wie ich finde. Eins meiner Highlights ist der Dialog mit dem Chauffeur, der Bond abholt. "Sie bewachen uns und wir bewachen sie. Das tut der Freundschaft keinen Abbruch." - herrlich! Kerim Bey, hervorragend gespielt von Pedro Armendariz, ist wohl einer der besten Verbündeten der ganzen Serie und ein echter Gewinn für FRWL.
Istanbul als Hauptlocation hat sich als Volltreffer erwiesen. Die Hagia Sophia, die Fahrt über den Bosporus mit Tanja (sieht man da im Hintergrund Electra King's Haus aus TWINE?), dazu tolle Paronamaaufnahmen der Stadt - die Szenen könnten aus einem Werbefilm entnommen worden sein.
Auch wenn Kerim Bey ein weltklasse Verbündeter ist, so wirkt es auf mich irgendwie, als würde Bond ohne ihn überhaupt nix weiterbringen. Zuerst meint Kerim, dass Bond auf Tanja warten müsse bis sie sich wieder meldet - und dann liegt sie plötzlich so mir nix, dir nix in seinem Hotelbett? Was mir da aufgefallen ist, weil ich vor der Sichtung hier ein wenig gelesen hatte: Tanja ist wirklich nackt, bevor sie ins Bett steigt. Nettes Detail!
Auch aufgefallen sind mir Bonds feine Anzüge. Man könnte zwar meinen, dass er nie was anderes tragen würde; aber mir gefällts und es passt auch. Was ich dagegen weniger passend finde, dass Bond auf dieser wirklichen Ermittlermission sehr oft am Grinsen ist; noch ein Detail auf welches ich nach dem Threadlesen geachtet habe.
Ein weiteres Highlight von FRWL - und wie ich finde, der gesamten Serie - sind die Fahrt und Szenen im Orientexpress. Es ist eine sehr stilvolle Art, per Zug zu reisen und passt daher perfekt zu Bond. Dass dem Kampf mit Grant keine Musik hinterlegt ist, finde ich schlicht und einfach ebenso perfekt. Während den Zugszenen war es auch, als ich zum ersten Mal dachte:"Tanja Romanova wirkt nicht sehr intelligent." Attraktiv dagegen sehr wohl! In all den Szenen, die Grant als schweigenden Killer zeigen, gefällt er mir sehr gut. Sein Text wirkt dagegen etwas unbeholfen auf mich.
Was ich am Anfang damit meinte, als ich schrieb, FRWL hätte etwas mehr Zeit gutgetan: Die ganze Szene im Zigeunerlager dient nur der Unterhaltung und macht eigentlich keinen Sinn, wenn man bedenkt, dass Grant laut PTS NUR ein Ziel hat: Den Tod von Bond. Warum rettet er ihm dann beim Überfall der Bulgaren das Leben? Wegen der Lektor? die hätte er sich auch selber holen können. Oder hat er wirklich übersehen, dass der von ihm in der Hagia Sophia getötete Bulgare ein goldenes Etui mit dem Plan in der Hand hatte?
Die Handlung nach dem Höhepunkt, dem Kampf mit Grant, wirkt auf mich nicht wirklich zu Ende gedacht und wenig aufregend oder spektakulär. Den Kampf mit Klebb, die einen letzten verzweifelten Versuch startet, mag ich.
Mein Fazit: es ist ein echter Agententhriller und Bond, der wieder richtig ermitteln darf,ist auch in seinem zweiten Abenteuer präzise, eiskalt und völlig Herr der Lage wie in seinem ersten. Dass Connery die Rolle wieder so wie in DN anlegt, gefällt mir! Istanbul, der Orientexpress und Venedig (wenn auch nur kurz) sind Top-Locations. Grant ist ein richtig guter Bösewicht. Weniger gelungen finde ich Bond's Grinserei, den Anschein, dass er ohne Helfer völlig aufgeschmissen wäre, den vorgezogenen Höhepunkt samt müder Handlung danach und die dümmliche Darstellung des Bondgirls. Wieder ein grosser Pluspunkt ist die Bondeständigkeit, die man den gesamten Film über spürt.
Lange konnte ich mit FRWL nix anfangen, nach CR dann doch, weil ich das bodenständige an Bond so sehr schätze. Jetzt, nach der Rezension und einigem Überlegen vergebe ich:
7 / 10 Punkte
"Warum hast du ihn geheiratet? - "Er hat mir gesagt er liebt mich." - "Das klingt immer gut."
Tomorrow never dies (1997)