Re: Zuletzt gesehener Film

2911
Kill The Boss

So ziemlich jeder Otto-Normal-Verbraucher kennt dieses Gefühl wohl: Eigentlich mag man seinen Job ja schon und man gibt sich auch wirklich Mühe, um eventuell mal befördert zu werden, doch alles scheitert dann an einem - Dem Boss. Kaum einer mag seine Vorgesetzten, sie kommandieren dich herum, sie strapazieren deine Nerven und erkennen deine Leistungen nie so an, wie du es eigentlich verdient hättest. Und es sind sicherlich nicht wenige Arbeiter, die schon einmal mit dem Gedanken gespielt haben, ihren unbeliebten Chef hinterrücks zu ermorden. Immerhin täte man damit nicht nur sich selbst, sondern auch allen anderen gequälten Seelen einen Gefallen und würde auch das Unternehmen wieder ins rechte Licht rücken. Doch, wer wird schon zum kaltblütigen Mörder ausgebildet und damit bleiben diese Vorstellungen meistens nur ein abregendes Fantasieprodukt... Meistens!

Inhalt:
Nick Hendriks (Jason Bateman) wünscht sich seit Jahren nichts anderes, als endlich befördert zu werden und als Vize-Präsident auch mal den Ton angeben zu dürfen. Doch sein Chef Dave Harken (Kevin Spacey) ist ein sadistischer zensiert, der ihm klar zu verstehen gegeben hat, dass er einen Furz wert ist und es niemals zu irgendetwas bringen wird. Ähnlich gedemütigt fühlt sich auch Nicks Kumpel Dale Arbus (Charlie Day), der sich eigentlich auf die ihm bevorstehende Hochzeit mit seiner Verlobten freuen müsste, jedoch an seinem Arbeitsplatz regelmäßig von der Zahnärztin Dr. Julia Harris (Jennifer Aniston) sexuell belästigt und erpresst wird. Kurt Buckman (Jason Sudeikis) hingegen liebt seinen Job bei einem mächtigen Chemieunternehmen und ist eng mit seinem Vorgesetzten Jack Pellit (Donald Sutherland) befreundet. Als dieser allerdings durch einen Herzinfarkt ums Leben kommt und sein ekelhafter Sohn Bobby (Colin Farrell) die Firma übernimmt, schließen die drei Freunde einen Pakt - Sie wollen gemeinsam ihre Bosse ermorden und sich Rat beim "Mordberater" Motherfucker Jones (Jamie Foxx) holen. Da sie aber alle klare Motive für die bevorstehenden Taten haben, gibt dieser ihnen den Tipp, es ähnlich wie in Alfred Hitchcocks Kultklassiker "Der Fremde im Zug" ablaufen zu lassen, soll heißen: Jeder bringt den Boss von jemand anderen um! Ein an sich totsicherer Plan, wenn die drei Freunde bloß nicht so ungeschickt wären...


Der Filmtitel "Kill The Boss" (im englischen mit "Horrible Bosses" sogar noch treffender) passt hier wie die Faust aufs Auge und sagt dem Zuschauer direkt alles, was er wissen muss - Hier bekommt man es mit einer saumäßig komischen, leicht bösartig anmutenden Satire auf die Arbeitswelt des berüchtigten Durchschnittsbürgers zu tun. Dabei erinnert das Handlungsgerüst ziemlich deutlich an Colin Higgins 1980 erschienenen Brüller "Warum eigentlich... bringen wir den Chef nicht um?", ist aber glücklicherweise speziell im parodistischen Teil noch wesentlich ausufernder und hemmungsloser. Das "Kill the Boss" jedoch so wie er ist auch in den 70er und 80er Jahren durchaus funktioniert hätte, ist kaum zu übersehen. Wäre da nicht die Tatsache, dass innerhalb der Filmhandlung tatsächlich jemand ermordet wird. Diese "Überraschung" stellt gleichzeitig auch den stärksten Moment im Film dar, ist er doch gleichzeitig auch ein Wendepunkt, nicht nur für die Charaktere, sondern auch für den Zuschauer, da die Handlung nun beginnt, das Tempo merklich anzuziehen. Doch ich will vorne anfangen...

Der boshafte und psychopathische Chef als Rollenklischee ist so alt, wie das Medium Film selbst und einer der am häufigst gewählten Antagonisten überhaupt. Hier hat es sich Regiemann Seth Gordon von Anfang an nicht leicht gemacht, war es doch seine Aufgabe, diesen Typ Bösewicht gleich dreimal neu zu definieren. Und am Ende ist es eigentlich nur dem brillanten Trio Aniston, Farrell und Spacey zu verdanken, dass man sich an ihre Fieslinge wohl auch in vielen Jahren noch erinnern wird. Ohne dabei zu sehr in Schwärmerei zu geraten, sollte auf jeden Fall erwähnt werden, wie clever eben jene Karikaturen nicht nur von seiten der Darsteller aus, sondern auch im Drehbuch dargestellt sind. Alle drei schikanieren ihre Untergebenen mit Thematiken und konfrontieren sie mit Problemen und Hindernissen, die man auch in der richtigen Welt vorfindet, bloß sind sie durch die mittelschwere Übertreibung soweit entschärft, dass sie zwar auf der Leinwand noch als moralisch falsch empfunden werden, jedoch nicht mehr diesen Ernst innehaben, so dass es möglich ist, ohne viel nachzudenken frei darüber lachen zu können.

Dummerweise sind es immer grade diese Figuren, die leicht ins Lächerliche geraten können, weil sie beim Versuch, den Grad zwischen Satire und Realismus zu einer überzogenen Parodie ihrer selbst werden. Und genau deshalb ist es jetzt an der Zeit, noch einmal auf die Darsteller zurück zu kommen, angefangen mit Jennifer Aniston als sex-geile Zahnärztin. Sicherlich auf dem ersten Blick eine etwas ungewöhnliche Wahl, die sich im Nachhinein aber als absolute Traumbesetzung zusammenfassen lässt. Sie spielt gekonnt mit ihrer Attraktivität und hat vor allem im Zusammenspiel mit ihrem Gegenpart Day einige richtig gelungene Momente. Farrell hingegen kommt zwar im Vergleich zum restlichen Cast etwas zu kurz, dafür erinnert er aber an seine anfängliche Rollenauslegung des Stu aus "Nicht auflegen!" und seine Frisur ist einfach nur... (hier bitte Superlativ für eine Mischung aus "Geil", "ulkig" und "bescheuert" einfügen) Hervorzuheben ist aber Kevin Spacey als Harken, selten hat man ein so widerliches Arschloch auf der Leinwand gesehen. Ja, die Selbstverliebtheit die Spacey hier an den Tag legt ist Oscar-Reif und die Gigantomanie, mit der er seinen Charakter angeht, erinnert an die verrücktesten aller Bondgegner. Der auf den Werbeplakaten stehende Slogan ("Jennifer Aniston ist eine Schlampe. Colin Farrell ist ein Trottel. Kevin Spacey ist ein Irrer.") klingt wie ein etwas übertrieben formuliertes, dafür aber perfekt passendes Fazit zum Film.

Doch natürlich sind auch die Antagonisten nur so gut, wie ihre Gegner (auch wenn Alfred das andersrum sehen würde) und die brauchen sich keinesfalls vor ihren mächtigen Kontrahenten verstecken. Bis auf den manchmal etwas untergehenden Sudeikis kann das Helden-Trio besonders durch die gelungene Interaktion des geerdeten und rational denkenden Nick und des völlig abgedrehten und trotteligen Dale viele gute Lacher verbuchen, meistens dann, wenn sie auf Erkundungstouren im Privatleben ihrer Vorgesetzten sind. Der besondere Kniff dabei ist wohl der, dass man die Darsteller größenteils hat improvisieren lassen, was den Spaß am Set ins Unermessliche gesteigert haben muss. Und eben dieser Spaß ist es, der sich auf den Zuschauer überträgt und der den besonderen Charme der meisten Szenen ausmacht. Speziell Bateman habe ich als besonders stark empfunden, vor allem wenn man seine Leistung mit der aus vorherigen Machwerken wie "Starsky und Hutch" vergleicht. Ebenso gelingt den dreien eine besondere schauspielerische Kunst, die in einer Komödie schon sehr speziell ist, denn obwohl das, was die drei da tuen, sie uns eigentlich unsympathisch machen müsste, bleiben sie (im vollen Gegensatz zu dem anderen "Trio") sehr menschlich und geerdet, was uns alle drei gleich viel näher bringt. Aufgrund der (natürlich klischeehaften) Unterschiede zwischen ihnen hat wohl jeder Zuschauer gleichzeitig auch eine Identifikationsfigur, mit der er besonders mitfiebert und lacht. Gastauftritte haben nebenbei bemerkt auch Jamie Foxx und Ioan Gruffudd, wobei man wohl grade zu letzterem so wenig wie möglich sagen sollte, ist seine Szene wahrscheinlich die mutigste von allen. Foxx hingegen hat den allergrößten Lacher auf seiner Seite, als man die wahren Hintergründe seiner Figur erfährt, so ist es auch er, der mit seinen zwei Auftritten immer genau dann der Handlung neue Impulse verleiht, wenn sie kurz davor steht, zu belanglos zu werden.

Womit wir beim Kernthema eines jeden Filmes (ja, auch einer Komödie) ankommen - Der Handlung. Diese empfinde ich zwar auch als etwas einfach gestrickt, dafür ist sie aber halt genau das, was man von einem solchen Film erwartet und hält mit der bereits am Anfang erwähnten Ermordung von einem der Bosse auch eine echt geile Überraschung bereit. Während der Film vorher eher wie eine Buddy-Comedy mit Krimi-Verballhornungen im "Hangover"-Stil anmutete, bekommt ab diesem Wendepunkt der Thriller seinen Einzug und zum Ende hin überschlagen sich dann relativ schnell die Ereignisse. Hier finde ich vor allem erfreulich, wie stimmungsvoll der Soundtrack mit den Bildern harmoniert und wie das Tempo bis zur schlussendlichen Verfolgungsjagd kontinuierlich ansteigt. Selbstredend bleibt alles im machbaren Bereich, doch es sind eben die kleinen Dinge, in denen "Kill The Boss" punkten kann und die ihn vom Comedy-Bombast der letzten Jahre abhebt. Überraschend auch, dass selbst dümmliche Sexwitze hier mal gar nicht so dumm rüberkommen, sondern geschickt mit der Story verknüpft sind, natürlich grade in Form der Zahnarzt-Geschichte. Einzig die finale Konfrontation mit Harken kommt etwas zu kurz, dies entschuldigt jedoch ein Nachklapp, der eine mögliche Fortsetzung andeutet. Immer her damit, wenn sie auf diesem Niveau weiter machen kann!

Fazit: In der Tat, die öfters gelesenen Kritikpunkte stimmen, die Handlung als solches ist relativ gewöhnlich, der von den Protagonisten beabsichtigte Plan nicht stimmig und es zündet weiß Gott nicht jeder Witz. "Kill The Boss" legt seinen Schwerpunkt allerdings auf etwas ganz anderes und das ist das Zusammenspiel seiner Darsteller. Ein Glücksfall also, dass diese selbst bis in die kleinsten Nebenrollen wie die Faust aufs Auge passen und damit den Plan der Produzenten voll aufgehen lassen. Nebenher werden dem Publikum gleichzeitig auch noch fiese Anspielungen auf den Berufsalltag eines jeden von uns, frauenfeindliche Sprüche, rassistische Witze und intelligenter Tiefgang präsentiert, die mehrmals über das hinaus gehen, was man vorab hätte erwarten dürfen. Ein echter Geheimtipp für Fans des Genres und den Auftritt des ominösen Wet-Work-Mannes sollte nun wirklich jeder mal gesehen haben.

9/10
https://filmduelle.de/

Let the sheep out, kid.

Re: Zuletzt gesehener Film

2913
es ist schon einige zeit her, dass ich den film gesehen habe, aber kill the boss war teilweise wirklich sehr derb, aber dafür auch wirklich extrem lustig wenn man damit etwas anfangen kann! ;) es war auch für mich eine der besseren komödien der letzten jahre, auch wenn die handlung natürlich nicht ganz lupenrein ist. wenn man sich von ein paar bösen dialogen und schimpfwörtern nicht fürchtet, dann steht einem komischen filmvergnügen nichts im wege.

9/10 finde ich ein bisschen zu hoch, aber 8/10 kann man sicherlich geben - es ist jedenfalls keine der 0815-komödien die der trailer und die sonstige aufmachung des filmes vermuten lässt.
Bond... JamesBond.de

Re: Zuletzt gesehener Film

2914
Ist bei 21 Jump Street imo ähnlich. Wenn man den Humor mag, rockt der Film. Aber ich bin auch froh, dass knackige Komödien wie Einfach zu haben, Crazy, stupid love oder Friends with benefits erschienen sind. Mal was ganz anderes als diese 0815 Fließbandproduktionen. :)

@topic:

Das Schwergewicht BD

Mal wieder eine Komödie mit Kevin James. Wer schon Kaufhaus Cop, Kindsköpfe und Chuck und Larry mochte, wird auch hier seinen Spaß haben. Sitcom Ikone Kevin James (King of Queens) spielt hier einen Lehrer, der sich für seine Schule einsetzt und versucht Geld für diese durch MMA Kämpfe zu bekommen.

Die Story ist nicht der überhammer aber sehr sympathisch und locker umgesetzt. Die Witze sind toll, die Charaktere sympathisch und neben Kevin James sind u.a auch Salma Hayek & Henry Winkler dabei. :)

Die Laufzeit ist vollkommen okay und Langweile kommt auch keine auf. Definitiv besser als Kaufhaus Cop aber nicht ganz so gut wie Kindsköpfe. Meine Meinung. Dort ist der Spaßfaktor höher. Dieser hier hat aber ne feine Geschichte, zumindest was die Umsetzung angeht. (Endfight mal ausgenommen :D )

8/10

-

Silent Hill BD

Ich liebe diesen Film ja. Er ist näher am Spiel als alle Resident Evil Filme es waren. Optisch ist der Film absolut brilliant. Ich mag die Spiele ja sehr gern und man, ich hatte so oft den Controller vor lauter Angst/Schrecken weg geworfen und diese Atmosphäre wird schon allein durch die Optik so gut übertragen. Genial. Der Soundtrack ist ebenfalls extrem großartig. Liegt wohl daran, dass wie bei den Spielen auch hier Akira Yamaoka am Werk war. Er bleibt sich selber treu und liefert großes ab.

Der Gewaltgrad ist manchmal extrem hoch und doch verliert der Film sich nicht in Gewaltorgien, sondern kümmert er sich auch um die Geschichte und baut dort auch immer wieder coole Schockmomente und toll gestaltete Monster ein. Die Designs waren schon in den Spielen klasse und sind hier toll umgesetzt.

Die düstere Atmosphäre in Kombination mit dem Soundtrack ist beinahe schon beklemmend und beängstigend. Dazu noch die Monster und die Figuren - sehr krass. Mich hat der Film überzeugt und auch die Fortsetzung fand ich gut und niemals so schlecht wie sie gerne gemacht wird.

Der Cast ist eigentlich ziemlich gut. Neben Radha Mitchell sind noch Sean Bean, Deborah Kara Unger, Laurie Holden & Jodelle Ferland dabei. Jeder macht seine Sache ordentlich und letztere weiß echt schaurig zu gucken. :D

8,5/10

Re: Zuletzt gesehener Film

2915
AnatolGogol hat geschrieben:
GoldenProjectile hat geschrieben:Auf DVD - Chinatown (1974)
...
8 / 10
Ja, so sehe ich den Film auch. Bemerkenswert neben den von dir genannten Aspekten finde ich vor allem noch die Darstellung von John Houston, die vielleicht nicht gerade Schauspiel im klassischen Sinne darstellt (dafür chargiert er doch etwas stark), aber in meinen Augen trotzdem oder vielleicht gerade deshalb perfekt zum Film passt und einen absoluten Höhepunkt von Chinatown darstellt. Die gesellschaftliche Kluft zwischen dem "Schlüssellochspion" Gittes und dem elitären Selfmademillionär Noah Cross wird dadurch erst so richtig unterstrichen. Einfach wunderbar, wenn Huston völlig herablassend und ignorant Nicholson permanent mit "Mr Gittz" anredet. :D
Ich finde gar nicht daß Huston chargiert. Ich würde das als eine sehr kontrollierte Darstellung bezeichnen.

Punktemäßig lege ich noch 2 drauf. Ein perfekter Film bei dem es nichts gibt wo ich sagen könnte dieses oder jenes hätte man anders oder besser machen können. Die Brillanz tropft aus jedem Meter Film und es ist deswegen so ein Film wo jede Sekunde ein direkter Genuß ist. Top 30 Material.

Re: Zuletzt gesehener Film

2916
GoldenProjectile hat geschrieben:Auf DVD - Chinatown (1974)
Drehbuch: Robert Towne
Regie: Roman Polanski
Darsteller: Jack Nicholson, Faye Dunaway, John Huston, Diane Ladd, Perry Lopez, John Hillerman, Roy Jenson, Roman Polanski und Bruce Glover aus DAF


Polanskis Chinatown ist ein Krimi mit Elementen des Neo-Noir, angesiedelt im L.A. der 1930er-Jahre und handelt von einem Privatdetetkiv, der nach einem scheinbaren Routineauftrag immer tiefer in mysteriöse Verstrickungen gezogen wird. Klingt, als wäre das etwas für mich.

Das war es tatsächlich. Chinatown ist ein clever geplotteter Thriller mit morbiden Akzenten, der konstant seine Spannung hält obwohl bzw. gerade weil er sich viel Zeit nimmt um den Protagonisten in diesem mehr als suspekten Fall ermiteln zu lassen. Für meinen Geschmack kam bei der Story letzten Endes aber leider zu wenig raus, einige Details wirkten dann etwas nebensächlich und auch aus der stetigen geheimnisvollen Andeutung "Chinatown" wurde nicht viel gemacht. Trotzdem hat der Film ein starkes Ende, das so richtig schön trist und düster daherkommt. Nicholson spielt dezenter als ich es von ihm kenne, aber wunderbar souverän. Faye Dunaway macht wie auch die übrigen Darsteller eine gute Figur und sogar Polanski selbst darf in einer starken Szene sein Gesicht in die Kamera halten.

À propos Kamera: Dem Auge des Zuschauers wird hier ordentlich was geboten durch grandiose Einstellungen und Schnitte, den leichten Braunstich der Bilder und Polanskis Gespür für Szenenaufbau. Die Bilder haben eine interessante Tiefe und Weite, ausserdem ist Chinatown atmosphärisch absolut stilsicher. Wir erleben hautnah die Zeit, als Männer noch Hüte trugen und die Welt eine einzige grosse Raucherzone war. Ein Hoch auf das Zwanzigste Jahrhundert! Da wünscht man sich gerade, zu dieser Zeit gelebt zu haben.

Down the Hatch!

8 / 10
Im Originaldrehbuch (es war das erste Mal daß Polanski mit einem fertigen Stoff arbeitete) war Chinatown nur ein Chiffre für das Geheimnis der Frau. Erst Polanski entschied am Ende die metaphorische und die reale ebene zusammenfliesen zu lassen. Das sit zwar konventioneller, aber es funktioniert. Außerdem war Polanski für das pessimistische Ende verantwortlich (ein zu dieser Zeit typisches Polanski Ende), während Towne nur ein schlappes Happy-End geschrieben hatte. So leicht kann man aus einem optimistischen einen pessimistischen Film machen.

Die tiefe und Weite der Bilder haben damit zu tun daß Chinatown durchweg mit einem leichten Weitwinkelobjektiv gefilmt wurde was den ganzen Film eine kleine unnatürlich Verzerrung in die Tiefe der Bilder hinein beschert. Das sieht sensationell aus.

Re: Zuletzt gesehener Film

2917
Maibaum hat geschrieben: Ich finde gar nicht daß Huston chargiert. Ich würde das als eine sehr kontrollierte Darstellung bezeichnen.
Naja, wohl Ansichtssache. Ich finde schon, dass Houston in diversen Szenen etwas dick aufträgt, zB hier vor allem am Schluss dieser Szene (ab 1:35):


In der deutschen Fassung verstärkt Arnold Marquis gewohnt rustikale Darbietung das ganze soagr noch. Wobei ich das wie gesagt überhaupt nicht als Nachteil ansehe, ganz im Gegenteil.
"Ihr bescheisst ja!?" - "Wir? Äh-Äh!" - "Na Na!"

Re: Zuletzt gesehener Film

2918
The Abyss (1989) - James Cameron

Heute wieder mal gesehen. Im Kino. Auf Großleinwand. Als sehr gut erhaltene 70mm-Version. Und was soll man sagen:der Film war für mich vorher ohnehin schon mit Abstand Camerons bester und einer der besten Actionfilme aller Zeiten - aber erst heute habe ich den Film zum ersten mal richtig gesehen. Solche Filme muss man einfach im Kino auf großer Leinwand sehen. Es war unglaublich gut - obwohl ich natürlich jede Szene mitbeten konnte, aber dennoch gab es so viele neue Details zu entdecken, die mir bislang in der Glotze entgangen waren. Die Tricks sahen durch die Banks sowas von gut und frisch aus - 24 Jahre nach ihrem Entstehen! Es wurde glücklicherweise die Kinofassung gezeigt und nicht der überflüssige Directors Cut und ich kann an dieser Stelle nur jedem ernsthaft an dem Film interessierten dazu raten der Kinoversion den Vorzug zu geben - es sei denn natürlich man steht eher auf naiver, lahmender Möchtergern-Ökoparabel als auf perfekt getaktete Action. Wertung entfällt heute, da eine 10 hier nicht mal annähernd das heutige Kinoerlebnis wiederspiegelt.
"Ihr bescheisst ja!?" - "Wir? Äh-Äh!" - "Na Na!"

Re: Zuletzt gesehener Film

2919
AnatolGogol hat geschrieben:
Maibaum hat geschrieben: Ich finde gar nicht daß Huston chargiert. Ich würde das als eine sehr kontrollierte Darstellung bezeichnen.
Naja, wohl Ansichtssache. Ich finde schon, dass Houston in diversen Szenen etwas dick aufträgt, zB hier vor allem am Schluss dieser Szene (ab 1:35):


In der deutschen Fassung verstärkt Arnold Marquis gewohnt rustikale Darbietung das ganze soagr noch. Wobei ich das wie gesagt überhaupt nicht als Nachteil ansehe, ganz im Gegenteil.
Ich finde gerade diese Szene zeigt daß er nicht chargiert. Der kurze Moment ab 1:35 fällt da kaum ins Gewicht. Unterspielen tut er natürlich auch nicht.
Aber er ist in jedem Fall saustark in der Rolle. Er hat so eine Mimik in die ich mich reinfressen kann, egal in welchem Film. Aber sein Vater war ja auch ein großartiger Schauspieler, und mache würden sagen er hätte lieber Schauspieler anstatt Regisseur werden sollen.

Und er heißt übrigens Huston, nicht Houston.

Re: Zuletzt gesehener Film

2920
@ Maibaum

Das mit der Tiefenverzerrung habe ich schon in einem älteren Beitrag von dir gelesen und deshalb auch speziell darauf geachtet als ich Chinatown geguckt habe. An vielen Stellen ist mir das aufgefallen und sieht auch sehr gut aus. Trotzdem kann ich dem Film im Gesamtpaket "nur" eine 8/10 geben. Ich habe aber etwas anderes, um dich milde zu stimmen. :)

Auf DVD - Once Upon a Time in the West / Spiel mir das Lied vom Tod
Drehbuch: Sergio Leone & Dario Argento
Regie: Sergio Leone
Darsteller: Charles Bronson, Henry Fonda, Claudia Cardinale, Jason Robards, Gabriele Ferzetti


Der Western der Western. Der beste Western aller Zeiten. Der beste Film aller Zeiten. Leones Meisterwerk. Morricones Meisterwerk. Solche Worte hört man immer wieder mal zu diesem Film. Kann ich das unterschreiben? Ja!

Über Spiel mir das Lied vom Tod könnte man wahrscheinlich soviel schreiben, dass es den Rahmen des Forums sprengen würde. Am besten ist es sowieso, wenn man den Film selber gesehen, bzw. erlebt hat (erleben ist in diesem Fall das treffendere Wort). Ich denke, die meisten können das auch schon von sich behaupten. Und wer es bisher versäumt hat, darf sich auf eine tolle Erstsichtung freuen.

Da gibt es so einiges an Spiel mir das Lied vom Tod, C'era una volta il West oder Once upon a Time in the West, das hervorzuheben wäre. Erstens: Der clevere und spannende Aufbau der Geschichte mit der finalen Auflösung, die inszenatorisch nicht besser sein könnte. Wie hier nach und nach jedes Puzzleteil seinen Platz findet ist von Leone einfach nur brillant umgesetzt. Zweitens: Die Leistungen der vier Hauptdarsteller (Fonda, Robards, Cardinale und Bronson) - hier entstehen lebendige Charaktere, aufregende Charaktere, die als Säulen der auf eben diese vier reduzierten Handlung bestens funktionieren. Drittens: Bildkomposition und Szenenaufbau. Welch fantastische Arbeit in diesem Bereich den ganzen Film über und gerade in der bekannten Eingangsszene geleistet wird, braucht wohl nicht weiter ausgeschmückt zu werden, denn erneut gilt. Wer den Film kennt, weiss Bescheid. Wer ihn nicht kennt, kann sich noch darauf freuen. Viertens: Morricone. Was Morricone da raushaut ist so brachial und episch, dass es mir schlichtweg in die Knochen fährt und meinen ganzen Körper mit Gänsehaut überzieht.

Kennt ihr dieses Gefühl, wenn ihr einen 160-Minuten-Film zu Ende geguckt habt und am liebsten gleich nochmal von vorne starten würdet? Spiel mir das Lied vom Tod ist ein Meisterwerk und dem Paten mindestens ebenbürtig. Zum Schluss kann es nur eine richtige Entscheidung geben:

10 / 10
We'll always have Marburg

Let the sheep out, kid.

Re: Zuletzt gesehener Film

2921
Stimme dem zu 100% zu, ein fantastisches epochales Meisterwerk, dass wohl mit zu dem besten gehört, was ich bisher gesehen habe. Definitiv unter meiner persönlichen Top 10 - 15 Liste. :)

Interessant fand ich auch immer, wie es der deutschen Synchronfassung gelingt, an mehreren Stellen eine ganz andere Atmosphäre zu erzeugen, als man sie im Original vorliegen hatte. Dabei bevorzuge ich letzten Endes sogar die deutsche "Irgendeiner-wartet-immer"-Fassung, obwohl meine Erstsichtung noch ein leises und weniger endgültiges "Someday" enthielt.
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Re: Zuletzt gesehener Film

2922
Maibaum hat geschrieben: Ich finde gerade diese Szene zeigt daß er nicht chargiert. Der kurze Moment ab 1:35 fällt da kaum ins Gewicht. Unterspielen tut er natürlich auch nicht.
Aber er ist in jedem Fall saustark in der Rolle. Er hat so eine Mimik in die ich mich reinfressen kann, egal in welchem Film. Aber sein Vater war ja auch ein großartiger Schauspieler, und mache würden sagen er hätte lieber Schauspieler anstatt Regisseur werden sollen.

Und er heißt übrigens Huston, nicht Houston.
Huston, we got a Problem. :D Natürlich ohne o. In den paar Rollen in denen ich ihn gesehen habe fand ich , dass er eigentlich immer sich selbst gespielt hat. Oder zumindest nehme ich das an, da sein Spiel immer sehr ähnlich war (u.a. auch bedingt durch die von dir angesprochene recht kauzige Mimik). Das geht aber auch ok, da er als Typ so unverwechselbar war, dass er allein durch seine Präsenz schon viele "normale" Schauspieler in den Schatten gestellt hat. Als "richtigen" Schauspieler, also jemanden der versucht eine Rolle zu spielen und sich auch den Gegebenheiten einer Rolle anzupassen habe ich ihn nie empfunden, für mich sah es immer aus als ob John Huston John Huston spielt, der zufällig diesesmal den Rollennamen XY hat. Hab ihn aber auch nur in 6,7 Filmen gesehen.
"Ihr bescheisst ja!?" - "Wir? Äh-Äh!" - "Na Na!"

Re: Zuletzt gesehener Film

2923
GP, Chinatown ist ein Film der auch das Potential hat beim 2. Sehen noch besser zu werden. Ich fand den beim ersten Mal sogar etwas enttäuschend, war aber auch noch sehr jung damals.

Zum Anfang von Spiel mir das Lied vom Tod sei gesagt daß da beim Warten auf den Zug rund 70 Sek zur Kinofassung fehlen. Und vor allem daß die kurze Szene als Bronson sich nach der Schießerei den Arm in eine Schlinge legt eigentlich nicht in den Film gehört. Eigentlich fallen alle um, und dann schnitt Leone direkt auf die schießende Schrotflinte von McBain bei der Vogeljagd.

Überleg mal wie der lange Anfang, der die Hauptfiguren so nach und nach einführt, wirkt wenn diese kurze Szene nicht da ist.

Außerdem ist die Schlußmusik falsch. Das "Finale" genannte Stück wird einfach abgebrochen, und stattdessen das Cheyenne Thema gespielt, daß hier aber überhaupt keinen Sinn macht.

Re: Zuletzt gesehener Film

2925
Casino Hille hat geschrieben: Interessant fand ich auch immer, wie es der deutschen Synchronfassung gelingt, an mehreren Stellen eine ganz andere Atmosphäre zu erzeugen, als man sie im Original vorliegen hatte. Dabei bevorzuge ich letzten Endes sogar die deutsche "Irgendeiner-wartet-immer"-Fassung, obwohl meine Erstsichtung noch ein leises und weniger endgültiges "Someday" enthielt.
Ich ziehe auch den Zynismus der deutschen Fassung vor, nicht zuletzt wegen dem legendären titelgebenden Fonda/Borchert-Spruch und dem ebenfalls von Borchert auf Fonda herrlich gemein hingeknurrten "Pazifik, mmh?"

Ich schätze Spiel mir das Lied vom Tod ebenfalls sehr, aber mehr wie 8,5 Punkte sind bei mir nicht drin. Mir legt der Film - bei aller unzweifelhafter handwerklicher Brillanz - zuviel Wert auf Stimmung und Szenerie und vernachlässigt mir dabei zuweilen etwas den Handlungsverlauf. Das mag für Bewunderer des Films vielleicht etwas blasphemisch klingen (zumal mir durchaus bewusst ist, dass die von mir genannten Kritikpunkte die eigentlichen Stärken des Films sind), aber es hilft ja nichts, da es für meinen Geschmack oftmals etwas zuviel des Guten ist. Es spricht Bände, dass der prinzipiell sehr ähnlich gelagerte, aber letztlich dann doch deutlich handlungsorientiertere Leone-Vorgänger Zwei Glorreiche Halunken meinen persönlichen Geschmack perfekt bedient und in meinen Augen zusammen mit Rio Bravo und The Wild Bunch den besten Western darstellt.
"Ihr bescheisst ja!?" - "Wir? Äh-Äh!" - "Na Na!"