Re: Zuletzt gesehener Film

1186
Public Enemy No. 1 - Mordinstinkt & Todestrieb
Dieser Film ist ein Meisterwerk, eine Schande, dass er hierzulande so floppte. Naja vielleicht sollte ich anders beginnen:
Erzählt wird die Geschichte von Jacques Mesrine, der Frankreich und Kanada von den 60ern an bis 1979 mit Bankraub, Entführungen, Gefängnisausbrüchen und weiteren Straftaten in Atem hielt, bis er schließlich sogar zum Staatsfeind Nr.1 erklärt wird. 1979 wurde der dann mitten auf einer viel befahrenen Kreuzung von der französischen Polizei de facto hingerichtet.
Der erste Teil "Mordinstinkt" beginnt schon mit dem Hinweis, dass der Film auf wahren Ereignissen basiere aber Teile fiktional seien, da die Komplexität eines Menschenlebens nicht durch einen Film abgebildet werden könne. Allein dieser Disclaimer zu Beginn ist ein toller Einfall, da somit der Film die Gefahr umschifft für so manche nicht verbürgerte Begebenheit zerissen zu werden. Gleichzeitig nutzt der Film so oft es geht die wahre Geschichte und teils sogar originale Wortlaute (Gerichtsverhandlungen, Interviews). Nach dem Disclaimer sehen wir im ersten Teil jedoch eine Eröffnungsszene die dieses Spannungsfeld zwischen Authenzität und Inszenierung geschickt nutzt: Wir sehen während den Credits Mesrines letzte Minuten, jedoch leicht zeitversetzt und aus verschiedenen Takes bestehend. Das gleiche jedoch immer ein klein wenig anders. Dieses regietechnische Schmankerl ist nur eine der vielen tollen Einfälle mit denen uns die beiden Filme (die ja eigentlich ein Werk sind) erfreuen. Doch dazu später mehr.
Der erste Teil zeichnet ein Portrait Mesrines, des ehemaligen Soldaten und Algerien-Veterans, der den Einstieg in die Gesellschaft verpasst und nun an "von Beruf" Krimineller ist. Der zweite Teil "Mordinstinkt" schildert wiederum die zunehmende Extremisierung und auch Politisierung seiner Taten, wohlwissend dass er "nicht in einem Bett sterben wird."
Der zweite Teil endet wie der Beginn des ersten Teils, mit Mesrines letzten Minuten und seiner öffentlichen "Hinrichtung". Hier jedoch nehmen wir das Geschehen aus den Augen der Polizei wahr. Diese letzten 10 Minuten des Gesamtwerks sind eine spannungs- und regietechnische wie man sie sonst allenfalls in einem Hitchcock sieht.
Die Darsteller rekrutieren sich durchweg aus der französischen Schauspielelite. Allen voran Vincent Cassel als Mesrine hätte einen Oscar verdient. Er spielt die Rolle nicht nur, er ist Mesrine. Wer Cassel zum Vergleich als "sich selbst" beispielweise in einem Interview sieht weiss was ich meine. Regietechnisch ist der Film wie schon erwähnt auf allerhöchstem Niveau und muss den Vergleich mit der Leistung eines Christopher Nolan nicht scheuen. Ich hoffe inständig, dass Regisseur Jean-François Richet die Chance bekommt weitere solche Glanzleistungen zu bringen.
Das Drehbuch ist auch über jeden Zweifel erhaben. Beim ersten Teil hat man die unumgehbaren großen Zeitsprünge sehr gut gemeistert. Nirgends gibt es größere Löcher oder Verständnisschwierigkeiten. Dazu schaffen es beide Teile die Spannung aufrecht zu erhalten, nirgends hat das Werk erwähnenswerte Hänger in der Dramaturgie. Insgesamt wird die Figur des Jacques Mesrine auch sehr vielschichtig und durchaus fair behandelt. Ein solch feines Portrait einer wahren Persönlichkeit hat man selbst in den besten Film-Biographien nicht gesehen (allensfalls evtl in "Walk the Line" und "Aviator").
Im weiteren sei noch der wirklich perfekt passende Soundtrack zu loben. Mal dezent, mal geradezu hämmernd unterstreicht der die Bilder und die Handlung. Auch die Produktionswerte des Films können begeistern. Das für einen europäischen Film horende Budget von 45 Millionen € sieht man dem Film in jedem Bild an. Die jeweilige Zeit erwacht in den Bildern zum Leben.

Schächen sehe ich bei diesem Film wirklich keine. Der thematisch und zeitlich ähnlich gelagerte "Der Baader-Meinhof-Komplex" wirkt im Vergleich zum Public Enemy No. 1 wie ein B-Movie.
Der Film ist in allen Belangen perfekt ausblanciert. Man hat mit der Story von Jacques Mesrine einen ziemlich gefährlichen Weg bestritten, denn solche Projekte scheitern weit öfters als, dass die triumphiren. Letzteres macht Public Enemy No. 1 auf ganzer Linie. Der beste Film aus Frankreich der letzten Jahre und einer der besten des letzten Jahre insgesamt. Ein Meisterwerk.

10 von 10 Punkten.


Wer nun nach meiner Mammutkritik Interesse an dem Film haben sollte, hier die Trailer:

Teil 1:


Teil 2:
"In a Bond film you aren't involved in cinema verite or avant-garde. One is involved in colossal fun."

Terence Young

Re: Zuletzt gesehener Film

1188
Max Payne
Wahrscheinlich die beste bisherige Videospielverfilmung. Zwar ist der Film beileibe keine zweiter "Departed" oder "Street Kings", doch kann er gut unterhalten und gibt ein stimmiges Gesamtpaket ab. Auch die Stilisierung der einzelnen Szenen gefällt.

7/10
"In a Bond film you aren't involved in cinema verite or avant-garde. One is involved in colossal fun."

Terence Young

Re: Zuletzt gesehener Film

1190
Eher 6/10. Fand ihn an manchen Stellen eher etwas langatmig. Sieben Leben fand ich da ne ganze Ecke besser und Emotionaler.Imo 8/10.

@MX87

Ich fand ihn nicht so dolle...Resident Evil war als eigenständiger Film, ohne bezug auf die Spiele besser find ich. Und Departed (10/10) mit Street Kings(7-8/10) zu vergleichen ist etwas krass finde ich. Beides super Filme aber da war Departed schon ein bisschen besser. Aber solche Filme sind allgemein sehr geil. Wo wir schon dabei sind, kann mir jemand Filme in der Art empfehlen? :)

Re: Zuletzt gesehener Film

1191
Agent 009 hat geschrieben:
@MX87

Ich fand ihn nicht so dolle...Resident Evil war als eigenständiger Film, ohne bezug auf die Spiele besser find ich. Und Departed (10/10) mit Street Kings(7-8/10) zu vergleichen ist etwas krass finde ich. Beides super Filme aber da war Departed schon ein bisschen besser. Aber solche Filme sind allgemein sehr geil. Wo wir schon dabei sind, kann mir jemand Filme in der Art empfehlen? :)
Resident Evil finde ich allenfalls mittelmäßig. Über 5 bis 6 Punkte kommen die RE-Teile bei mir nicht heraus, was für Spiele-Verfilmungen schon sehr gut ist. Max Payne dagegen kann mit einer guten Story aufwarten und einem guten Drehbuch. Ich hatte ehrlich gesagt einen wesentlich schlechteren Film erwartet bei dem der Schwerpunkt auf den Shoot-Out-Szenen liegt, doch ich wurde positiv überrascht.

Was Thriller wie Departed (10/10) und Street Kings (9/10) angeht, so fällt mir auf die schnelle Heat (10/10) von Michael Mann ein. Der Film ist wahrscheinlich einer der besten Thriller überhaupt. Dass das Aufeinandertreffen von Robert De Niro und Al Pacino als Gegner ist einfach nur genial. Falls du den noch nicht gesehen hast: Anschauen!

Ansonsten evtl. noch Ronin (9/10), wobei es eher um eine Gruppe Gangster geht die für einen speziellen Job angeheuert werden. Mit dabei sind Robert De Niro, Jean Reno und Sean Bean. Für Bondfans insofern interessant da hier gleich drei ehemalige Bondschurken auftauchen: Sean Bean (Alec aus GE), Michael Lonsdale (Hugo Drax aus MR) und Jonathan Pryce (Carver aus TND).
Deutscher Trailer:
http://www.youtube.com/watch?v=Jc4tawby7gY

Ansonsten kämen noch Klassiker wie Bullit (10/10) und Dirrty Harry (10/10) aber die kennst du schon bestimmt :wink:

Falls du französische Filme magst so kann ich dir 36 - Tödliche Rivalen (9/10) empfehlen. Ein düsterer Thriller um zwei miteinander rivalisierende Polizisten. Es gibt eine Menge guter Schauspieler (u.a. Gerard Depardieu, Daniel Auteuil) und einen wunderbaren Stil zu bestaunen.
Habe leider nur einen französischen Trailer (mit englischen Untertiteln) gefunden, den Film gibts mittlerweile ziemlich günstig auf DVD:
http://www.youtube.com/watch?v=K8HSXswW5MA

Auch ist Die Purpurnen Flüsse (9/10) sehr empfehlenswert. Der ist allerdings mehr ein relativ ruhiger Mix aus Mystery- und Polizei-Thriller. Zuerst fand ich den Film nicht so besonders, doch mittlerweile finde ich ihn spitze. Deutscher Trailer:
http://www.youtube.com/watch?v=iJJ8HWRE-eE
"In a Bond film you aren't involved in cinema verite or avant-garde. One is involved in colossal fun."

Terence Young

Re: Zuletzt gesehener Film

1192
Ronin hab ich selber :) Super film. Heat hab ich leider wirklich noch nicht gesehen :( das ist echt eine Schande. :D Bullit u DH auch nicht, ich hab so einiges noch nicht gesehen aber ich werd mir das mal merken und demnächst nachholen ;) Die Purpurnen Flüsse Filme mag ich auch :) aber trotzdem danke. Ich werde schauen. Du wirst ja sehen was ich dann schaue ;)danke.

mfg 009

Re: Zuletzt gesehener Film

1193
Agent 009 hat geschrieben:Ronin hab ich selber Super film. Heat hab ich leider wirklich noch nicht gesehen :( das ist echt eine Schande. :D Bullit u DH auch nicht, ich hab so einiges noch nicht gesehen aber ich werd mir das mal merken und demnächst nachholen ;) Die Purpurnen Flüsse Filme mag ich auch :) aber trotzdem danke. Ich werde schauen. Du wirst ja sehen was ich dann schaue ;)danke.

mfg 009
Bitte :)

Durch meinen letzten Post hier im Thema habe ich auch wieder Lust auf einen der Filme bekommen und ihn mir angesehen:

36 - Tödliche Rivalen
Der Film ist wohl einer der düstersten Polizei-Thriller die ich kenne. Daniel Auteuil und Gerard Depardieu sind als rivalisierende Bullen einfach nur grandios. Während der Handlung geht der Film über einige Tabus, die selbst in düsteren Thrillern wie "Street Kings" nicht gebrochen werden. Oft fragt man sich auch wer nun eigentlich Bösen sind. Am Ende scheint einer von Beiden als der Gewinner, doch ist er nur der größere Verlierer.
Das Drehbuch ist fast den ganzen Film über superb, nur das Ende ist etwas unverständlich gelungen. 5-10 Minuten mehr Spielzeit hätten dem Film angesichts seiner sehr komplexen Story gut getan. Dies ist aber ein eher kleinerer Kritikpunkt. Die Darsteller sind durch die Bank weg super bis gut. Regie, Schnitt und Kamera überzeugen und lassen den Film ziemlich hochwertig wirken. Die augenscheinlich immer währende Trübe des Wetters passt wunderbar zum Film und seiner Thematik. Eines der größten Highlights ist der Soundtrack, er untermalt den Film wunderbar und teilweise sehr eingängig. Die Bandbreite der Musikuntermalung reicht dabei von klassisch instrumental bis modern-elektronisch.
Darüber hinaus ist der Film sehr zeitlos gehalten, was Austattung, Kleidung und anderes betrifft. So merkt man dem Film die 6 Jahre die er auf dem Buckel hat auch überhaupt nicht an.

Wunderbarer Polizei-Thriller der zeigt, dass das französische Kino locker mit Hollywood mithalten kann, wenn es dies nicht sogar manchmal übertrifft. Ein Film den ich immer wieder gerne sehe.

9/10
"In a Bond film you aren't involved in cinema verite or avant-garde. One is involved in colossal fun."

Terence Young

Re: Zuletzt gesehener Film

1200
Shutter Island, Regie Martin Scorsese, 2010

Ja, ich gebe zu: Mein erster Scorsese Film den ich im Kino gesehen habe (und auch sonst habe ich praktisch nur Departed und Michael Jacksons Bad Video von ihm gesehen :-) )
Das liegt einfach daran, dass mir seine Filme normalerweise thematisch schon gar nicht wirklich zusagen wollen und mich daher nicht reizen...

Dieses Mal war es anders, denn der Trailer zu Shutter Island versprach einen klassischen Schocker - das wollte ich mir nicht entgehen lassen.

Allerdings - wie heute leider üblich - hält der Film nicht wirklich das, was der Trailer versprach, was aber hier nicht negativ ist! Letztlich handelt es sich bei Shutter Island um einen erstklassigen, im Grunde erstaunlich soliden Psychothriller, der konzeptionell an Vertigo oder auch 12 Monkeys erinnert, aber darüber hinaus bei mit deutliche Erinnerungen an die Star Trek Next Generation Folge "Frame of Mind" (http://en.wikipedia.org/wiki/Frame_of_M ... G_episode)) weckt.

In jedem Fall ist Shutter Island meisterhaft inszeniert, mit sehr surreal wirkenden Kameraschwenks, vielen Flashbacks und interessanten Kameraperspektiven. Dabei erzeugt die Kamera- und Montagearbeit nicht nur eine befremdliche Stimmung, sie dient in der Rückbetrachtung auch der Handlung die durch einen tollen Twist im Finale in ein ganz neues Licht gestellt wird (OK, ich gebe zu, das überraschende Ende habe ich nach ca. 5 Minuten erahnt, macht aber nichts!). Wunderbar, wie subtil die letzte Dialogzeile und die letzte Filmeinstellung dann doch noch ein mal alles in Frage stellt... Dennoch lähmen die etwas selbstverliebten, in langsamen, teils gefühlsduseligen Bildern schwelgenden Flashbacks, Träume und Hallutinationen den Erzählfluss vor allem im zweiten Drittel.

Auch wenn ich prinzipiell nicht ganz verstehe, was Scorsese an DiCaprio so interessant findet, dass er ihn immer wieder besetzt, so empfinde ich seine Leistung in diesem Film doch als bemerkenswert, vor allem wenn im Laufe des Films Illusion und Wahrheit, Hallutinationen und Flashbacks mehr und mehr für ihn verschwimmen.
Noch grandioser aber fand ich (ein mal mehr) Ben Kingsley, der dem Film erst die nötige Rafinesse gibt. Weiterhin fand ich ein Wiedersehen mit Max von Sydow schön.

Kann den Film also allen, die sich für Psychothriller interessieren nur empfehlen.-
"It's been a long time - and finally, here we are"