Hab mir den Film gestern mal wieder angesehen. Insgesamt hat er etwas an Pluspunkten gewonnen. Als da wären:
- Der visuelle Stil, Mise-en-scène, etc. Gerade diese "Gelacktheit" der Bilder hat mich früher immer eher abgestoßen, vor allem im Zusammenspiel mit der Musik und den teils aufgesetzt wirkenden Dialogen. Aber mittlerweile gefällt er mir, und ich muss sagen, dass Campbell wirklich ein gutes Auge für schöne, atmosphärische Einstellungen hat. Vor allem die Lichtsetzung ist sehr stimmungsvoll. Ich wage mal zu behaupten, dass die Brosnanfilme unterm Strich wesentlich besser ausgefallen wären, hätte Campbell als Regisseur weitergemacht . Im Vergleich mit den Nachfolgern wirkt GE am besten fotografiert. Um nicht zu sagen: "bondiger".
- Pierce B. Irgendwie finde ich ihn mittlerweile nicht mehr so hölzern. Überhaupt muss ich sagen, dass alle Bondfilme bei mir gewinnen, wenn ich sie im englischen Original ansehe. Was ich mittlerweile nur noch mache, sofern ich allein bin. Und ich finde, er spielt in GE gar nicht so schlecht.
- Konflikt der Hauptfigur. Was in den nachfolgenden Filmen Standard wurde, wirkt hier noch relativ frisch und unverbraucht: Die Figur Bond hat einen ernstzunehmenden psychologischen Aspekt. Wobei das Ganze aus heutiger Sicht ein bisschen wie eine Sackgasse wirkt, aus der man schwer wieder herauskommt. Oder wie der Psychoanalytiker Wolfgang Schmidbauer auf die
Frage meinte, wie Bond zu sich selbst finden könnte: "Ist nicht klar, dass er alles dafür tun muss, um nicht zu sich selbst zu finden? Wie sollte er noch seinen Job machen, wenn er sich mit seiner Psyche befassen würde?"
In GE zeichnet sich ansatzweise bereits der Konflikt ab, der in CR dann stärker hervortritt: Erfolg im Job durch Emotionslosigkeit versus Erfolg als Mensch durch das Zulassen von Emotionen. Natürlich hätte man das auch besser machen können, vor allem bei der Dialogszene am Strand. Auch der Schlussong (und ja, ich schreibe Schlussong in voller Absicht ohne drei s) transportiert das ganz gut (wenn man mal davon absieht, dass Serras Gesang noch grauenvoller ist als seine Musik, und die Melodie 1:1 aus "Leon, der Profi" recycelt ist).
- Finale, bzw. Steigerung der Attraktionen. Hier funktioniert das Ganze noch klassisch, und das ganze Pulver wird noch nicht am Anfang verschossen, wie in TND und TWINE. (Ganz schlimm ist das ja in TWINE, wo die Action stetig unspektakulärer wird.) Das Finale ist für mich das beste der Brosnanfilme.
- Dann natürlich der Hammer-Titelsong samt Kleinmans Animation, Xenia, Zukovsky, die Panzerfahrt sowie der Staudamm am Anfang und die Anlage in Arecibo als Locations.
Aber dann doch wieder die Minuspunkte:
- Serras lieblose Synthi-Klimperei. Einer der schlechtesten Scores aller Zeiten. Passt zu Campbells warmen, klassischen Bilder wie Nana Mouskouri zu einem Splatterfilm. Wenn Bond in Monte Carlo ankommt, spielt Serra eine Melodie, die klingt, als sei gerade jemand gestorben. Völlig unpassend irgendwie.
Wenn Arnold oder jemand anders irgendwann mal zuviel Zeit haben sollte, sollte er einen alternativen Soundtrack komponieren und zusammen mit dem Film ins Netz stellen.
- Die Musik.
- Die Musik.
- Die Musik.
- Die Qualität der Actionszenen. Der Bungeesprung, die Panzerjagd und die finale Schlägerei sind sehr gut, aber sonst merkt man irgendwie Geldmangel. Vor allem im Vergleich mit vorab veröffentlichten Storyboards. Ursprünglich sollte gegen Ende Xenia in einem Sägehelikopter à la TWINE auftauchen und Bonds Flugzeug bearbeiten, sowie die beiden im freien Fall verfolgen. Stattdessen nur eine Rakete, und dann die merkwürdige Szene, als Bond bedeppert dasteht und wartet, bis ihm Xenia vor den Latz tritt. Auch die Szene, als Bond und Natalya aus dem Zug flüchten, sollte ursprünglich wesentlich spektakulärer auf einer Brücke stattfinden.
- Boris. Obwohl im Original nicht ganz so nervend, ist er irgendwie der Jar Jar Binks des Films. Sein Dialog mit Natalya in der Severnaya-Station ist für mein Empfinden auch zu lang. Völlig deplatziert auch seine schreiende Visage, nachdem Alec von der Antenne fällt.
- Die FX. Auch hier merkt man Geldmangel. Die Erde sieht in den Weltraumszenen z.B. viel zu verwaschen und undetailiert aus. Auch die Modelle sind häufig als solche zu erkennen.