Casino Hille hat geschrieben: 8. September 2020 18:38
Aber genau damit weicht die Reihe dem eigentlichen Problem immer wieder aus. Klar, Craig's Bond kann jetzt in jedem Film suspendiert oder gefeuert werden oder selbst kündigen und von außerhalb agieren. Nur: Ist das eine echte Lösung oder eine Entschuldigung, um ohne großen Aufwand weiterhin dieselben Filme wie die letzten 58 Jahre zu drehen? Natürlich ist Bond jetzt in jedem Film entweder ernsthaft verliebt oder von einer vorherigen Liebschaft vorbelastet, aber hat man sich dem Sexismus der Reihe damit gestellt oder geht man ihm nur geschickt aus dem Weg? Macht es einen Unterschied, ob Bond's Absichten mit Madeleine in NTTD ernste sind und sie zudem eine Powerfrau, wenn Ana de Armas dann trotzdem im tief geschnittenen Cocktail-Kleid die alte Bond-Girl-Funktion übernimmt? Ist SP ein moderner Film, weil M und C sich zwei Minten über Drohnen unterhalten? Hat man das damit thematisiert? Oder ist es nur ein Zugeständnis daran, dass selbst der größte Retro-Touch nicht ganz ohne moderne Note ausgespielt werden kann?
Thematisch waren die Bondfilme immer am Zahn der Zeit, und das sind sie auch bei Craig, aber entwickelt haben sie sich nie wirklich. Obwohl man das mit Craig anfangs deutlich angestrebt hat, ist man letztlich in einer Nostalgie-Blase verblieben, in der die Welt sich nur bezogen auf Filmtechnik und die nötigen politisch korrekten Töne weitergedreht hat. Der Bond von Sean Connery, Roger Moore und Tim Dalton war ein Mann seiner Zeit. Der Bond von Daniel Craig ist in SF und SP ein Mann alter Schule.
Die nächsten Bondfilme müssen klären: War das alles oder kommt da noch mehr? Gibt es noch Ideen für die Figur? Und existiert vielleicht eine moderne Version der altbekannten James Bond Rolle, die wir noch nicht kennenlernen durften?
Mit einem gewissen Bruch durch die Mendes Bonds kann man dir nur Recht geben. Ich sehe allerdings kein Problem darin, wie Bond durch Craig hin und hergerissen zwischen gewissen Eigenschaften und mittlerweile gefestigteren, moralischen Gesellschaftsnormen porträtiert wird. Sowie seine problematische Haltung zu seinem Staatlichen Arbeitgeber und dessen Interessen.
Bond kann reale, sexistische Eigenschaften besitzen, solange es vom Film nicht glorifiziert, bzw. einfach kritisch behandelt wird. Da hat man in SF mit der ehemaligen Kinderprostituierten einen recht ekelhaften Tritt ins Fettnäpfchen gemacht, der mir absolut schleierhaft ist.
Was in der Hinsicht in NTTD wirklich passiert, bleibt abzuwarten. Daher lieber aussen vor nehmen.
Gerade QOS muss ich hier wieder loben. Bond braucht nur einmal in "alte" Muster zu verfallen und hat indirekt wieder Blut an den Fingern kleben. Deshalb ist Fields Verführung auch so plump gehalten. Daher macht es auch Sinn das Bond am Ende mit Camile wie gelaeutert wirkt.
Da es in unserem Alltag sexistische Dar- und Vorstellungen gibt, sollte man bei einem Bond-Film jetzt nicht gleich die luftigen Cocktail Kleider verbannen. Schließlich macht es wenig Sinn eine moralische Utopie zu verkaufen, wenn der Film nicht gerade in einer zukünftigen, alternativen Gesellschaft spielt.
Und das Problem hinter seinem Job lässt sich m. M. n kaum lösen. Entweder Bond wird wirklich zu Bourne oder halt Jack Bauer. So wie es jetzt aber war, lässt es sich schlecht fortsetzen, wenn der neue Darsteller nicht gleich das selbe erlebt wie Craigs Bond.
Es bleibt eigentlich nichts übrig, als Bond den Drahtseilakt zwischen Pflicht und Gewissen fortsetzen zu lassen, was halt mit wachsender Anzahl von Filmen immer unglaubwürdiger zu werden droht.