Bondfilm-Rezensionen - user: danielcc

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Die folgenden Texte sind meinem eigenen Film-Buch entnommen. Dabei musste ich leider eine pdf Datei in Text zurück konvertieren, weswegen es sicher zu Formatierungsfehler kommen wird... An einigen Stellen sind die Kritiken nicht mehr up-to-date was meine Meinung angeht, und es fehlen an zwei Stellen Abbildungen/Grafiken die ich hier nicht einbauen kann.

Viel Spaß beim intensiven Lesen :-)


Einleitung:

Wenn man seit über 20 Jahren begeisterter Fan der James Bond Filme ist, so fällt es einem doch sehr schwer, sich dauerhaft an das Prinzip dieses Buches zu halten, nur aktuelle Kino- filme zu beurteilen.

Nachdem ich im Januar 2009 die Möglichkeit hatte, alle Filme chronologisch, im Original, in der digital gemasterten Version zu sehen (= „Ultimate Edition“), hielt ich es nun doch endlich für angebracht, alle Bondfilme bis zum aktuellen hier ausführlich zu bewerten. Dieser Bond- Marathon brachte zunächst folgende Erkenntnisse zu Tage:

- die Restaurierung der Filme ist beeindruckend gelungen und lässt teilweise nie geahnte Details erkennen
- die Filme wirken in dieser restaurierten Version praktisch wie moderne Filme mit eben zeitgenössischen Sets
- zu oft meint man fälschlicherweise, man könne sich aus der Erinnerung heraus ein Urteil über einzelne Filme erlauben, die man doch lange nicht gesehen hat, und wenn nur in 4:3 TV Fassungen mit Werbeunterbrechung
- manchen Filme gewinnen im direkten chronologischen Vergleich, während andere doch etwas verlieren

All diese Erkenntnisse haben den Marathon für mich zu einem tollen Erlebnis gemacht. Aus der jeweils anschließenden Rezension der Filme – und somit der wirklichen Beschäftigung mit dem Film – erwachsen Erkenntnisse darüber was bei der Serie funktioniert und warum manches oder manche Filme nicht so gut funktionieren. Ein paar dieser „Erfolgsfaktoren“ sind für mich:

- Typischerweise hat ein Bondfilm ein ganz klares, akutes Bedrohungs-Szenario als Aufhä- nger. Bonds Einsatz sollte somit gerechtfertigt sein und die Bedrohung am Ende des Films auflösen.
- Ein Bondfilm sollte in sich schlüssig sein auch was den „over the top - Anteil“ angeht. Selbst dumme Gadgets oder übertriebene Stunts sind bei entsprechendem Umfeld und Gesamt-
szenario kein Problem. Dumme Gadgets in einem realistischeren Film stechen jedoch nega- tiv ins Auge.
- Wenn ein Bondfilm stärker auf Charaktere und deren Entwicklung fokussiert, so kann ein
typischer „Bösewicht-Plot“ nicht gleichbedeutend daneben existieren. Hier ist eine Schwer- punktbildung gefragt sonst kommen beide Aspekte zu kurz.
- Ein Bondfilm wird nicht dadurch zum Klassiker, in dem man alles kopiert, was „die klassi- schen Bonds“ vorgemacht haben. Die Serie hat jeder Zeit neue Wege beschritten und lebt davon. Gleichwohl sind auch die „klassischen Bonds“ nicht deswegen gut, weil sie Klassiker
sind, sondern weil sie (hoffentlich) bestimmte Qualitäten haben. Ein Klassiker zu sein ist kein
Wert an sich.
- Der Erfolg einer Actionszene misst sich an der Bedeutung des Ausgangs der Szene. Bringt sie Bond weiter als er zuvor war ist das positiv, treibt die Actionszene die Handlung wirklich voran ist das optimal.
- Die Größe Bonds misst sich an der Größe seines Gegenspielers. Das kann nur funktionieren wenn entweder beide zusammen oder aber auch mal der Bösewicht allein starke Szenen hat. Kein Wunder, dass Filme wie DN, GF und TSWLM als die besten der Serie gelten.

Dies sind Erfolgsfaktoren, die für mich funktionieren. Ich bin aber überzeugt, dass andere Leute die Filme anders beurteilen und somit vielleicht die mir wichtigen Punkte genau anders beurteilen.

Da ich an der ein oder andere Stelle auch auf den Erfolg der Filme eingehe, finden Sie hier eine Statistik der weltweiten Kinobesucherzahlen der Bond Reihe. Dabei ist zu bedenken, dass eine solche Statistik nur einen annähernden Eindruck vermitteln und keinen Anspruch auf Korrektheit erheben kann. So haben alle Länder individuelle Inflationen und Ticketpreise, die Wechselkurse zum Dollar ändern sich unterschiedlich und manch älterer Film wurde mehrfach erfolgreich wieder aufgeführt. Leider wird vor allem in Amerika fast nur in Dollar berichtet anstatt in Besucherzahlen. Daher ist davon auszugehen, dass auch die unten auf- geführten Zahlen durch Umwandlung der Einspielergebnisse durch den jeweiligen durchschnittlichen US Ticketpreis des Jahres zurück gerechnet wurden.

Genauigkeit hin oder her, das Chart zeigt deutlich den explosionsartigen Erfolg der Reihe in den Sechzigern, den sehr schnellen Rückgang auf ein „Normalniveau“ bei YOLT, OHMSS und DAF, die sehr erfolgreichen Moore Filme LALD, TSWL und MR und den erschreckenden Rückgang der Besucherzahlen in den Achtzigern von FYEO bis LTK. Mit Pierce Brosnan kam der Erfolg zurück. Kein Darsteller vor ihm hat es geschafft bei all seinen Filmen ein so gleichmäßig hohes Niveau an Tickets zu verkaufen. Daniel Craigs Einstand mit CR hat letzt- lich vermutlich sogar LALD getoppt, und ist damit wohl der vierterfolgreichste Bondfilm (nicht wie in den Medien immer wieder behauptet „der Erfolgreichste“). Der Rückgang in den Acht- zigern ist teilweise sicher auch durch die Einführung von VHS, Kabelfernsehen und Pay Per View zu erklären. Dennoch hat die Qualität der Filme in dieser Zeit ihren Beitrag geleistet. In den Neunzigern kommen negativ die Einführung von DVDs und das digitale Raubkopie- Zeitalter hinzu. Gleichzeitig profitieren die Filme immens von weltweit neuen Märkten (Indien, Russland, China…).

Bevor ich meine Sicht der Dinge schildere vorab einige Auswertungen, die die Meinung der Fans widerspiegeln. Für die folgende Tabelle habe ich die Ranglisten von 50 Fans im Forum von jamesbond.de ausgewertet, die dort in den letzten 2 Jahren eingestellt worden sind. (ACHTUNG: Auswertung ist nicht der aktuelle Stand!)

- Platz 1 (GF) und Platz 22 (DAD) sind auch die mit dem deutlichsten Abstand
- Die Bandbreite der Bewertungen ist für fast jeden Film gleich groß, soll heißen: 15 der 22 Filme landen mindestens ein mal auf Platz 1, 14 der 22 Filme landen mindestens ein mal auf dem letzten Platz
- Die mit Abstand höchste Varianz weist QOS auf, der Film ist also der umstrittenste
- GF, TSWLM, DN, MR haben die geringste Varianz, also sind am wenigsten umstritten in ihrer Platzierung
- Generell sind neuere Filme zunächst mal umstrittener bzw. polarisieren mehr; was wohl auch damit zutun hat, dass user im Internet ihre Sicht der Dinge besonders deutlich machen wollen, in dem sie einen neuen Film übertrieben gut oder eben negativ bewerten; insofern wird sich das Urteil der Craig Filme und vielleicht auch das über die Brosnan Filme sicher noch einpendeln müssen
- CR landet 9 mal auf Platz 1 und damit am häufigsten
- QOS landet 12 mal auf dem letzten Platz

Grade die Bandbreite der Platzierungen aller Filme zeigen auch die Bandbreite der Filme selbst und die der Vorlieben der Fans. Fast jede Ausprägung, die die Bondfilme im Laufe von fast 50 Jahren angenommen haben, findet besonderen Anklang bei bestimmten Zuschauer- gruppen. Ob Filme wie Goldfinger oder From Russia With Love sich diese hohe Fanurteil wirklich filmisch verdient haben, oder ob nicht eher der Einfluss bzw. Gruppendruck der öffentlichen Meinung hier entscheidend ist, kann kaum objektiv beurteilt werden.

Die folgenden Besprechungen aus meiner Sicht weichen vom gesammelten Fanurteil daher hier und da mitunter deutlich ab. Sie sind zum einen Rezensionen der Filme selbst, darüber hinaus auch immer wieder Vergleich mit den anderen Filmen der Serie und Auseinandersetzung mit den gängigen Meinungen zu diesem Filmen – die eben oft durch trügerische Erinnerungen und den Nostalgie-Faktor verfälscht sind.
"It's been a long time - and finally, here we are"

Re: Bondfilm-Rezensionen - user: danielcc

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Dr. No, 1962, Regie: Terence Young



Grade heute in der "Craig-Era" ist es wunderbar die Ursprünge des Film-Bonds zu sehen, denn im Grunde ist grade ein Film wie QOS doch sehr nahe an Dr. No:

- viele Außenaufnahmen
- auch Landschaften und Gegenden die nicht wie aus dem Ei gepellt aussehen
- viel Atmosphäre durch die Landschaften und Außenaufnahmen
- harte Fights
- ein Bond, der durchgehend ernst ist (was nicht gleichzusetzen ist mit humorlos), und des- sen Sprüche noch wirklich sarkastisch/zynisch wirken und nicht wie selbst-parodisierende
Onelinern, die wie aufs Stichwort kommen und Bond nur zu sich selbst sagt (bzw. in Rich- tung Zuschauer)
- eine weitgehend gradlinige, eindimensionale Story, die wenig Ausschweifungen zulässt

Dr. No profitiert heute davon, dass die später bis zum Exzess ausgelutschte Bond-Formel damals noch nicht entwickelt war. Dafür kann der Film natürlich nichts, es lässt ihn aber im- mer noch sehr frisch und nicht verbraucht wirken. Hier schließt sich der Kreis zu QOS, der natürlich 46 Jahre später bewusst teilweise die Bond-Formel missachtet.

Dr. No ist für mich heute, nach häufigem Sehen, einer der besten Bondfilme, weil er zu- nächst mal ein guter Film ist, ein spannender Film, spannend in einzelnen Szenen, aber auch mit einer spannenden Grundstimmung. Es gibt eine klare Mission, die praktisch schon in der ersten Szene etabliert wird. Bonds Auftrag ist klar, er ermittelt kontinuierlich und zielstrebig, es gibt keine unsinnigen und verkomplizierenden Neben-Plots, wie sie in den heutigen Filmen häufig Überhand nehmen. Einzelne Szenen sind bis heute in der Serie unübertroffen (der kaltblütige Mord am Professor Dent, die Szene mit der Spinne im Bett...), andere Szenen werden heute immer wieder gerne kopiert (Bonds Ankunft am Flughafen, siehe auch in QOS), wieder andere Szenen suchen bis heute ihres Gleichen, was die Erzeugung von "Atmosphäre“ angeht (wie Bond im Haus auf den Professor wartet...).

Dr. No ist praktisch der erste und letzte Bondfilm, der sich nahezu auf eine exotische Location konzentriert (YOLT und TMWTGG sind nicht ganz so eingeschränkt), davon aber profitiert. Hier erhält man wirklich noch das Gefühl, dass Bond fernab von "zuhause" auf sich al- lein gestellt ist, etwas das die Serie damals ausgemacht hat und sich heute so kaum noch nachvollziehen lässt, da jeder sich einen exotischen Urlaub leisten kann und man dank Internet und Handy nie wirklich abgeschottet ist.

Der Film hat meiner Meinung nach zwei starke Drittel. Im ersten Drittel lernen wir Bond kennen, wir machen Bekanntschaft mit seiner Welt von Luxus, Frauen und Spionage. Im zweiten Drittel passiert ständig etwas Neues und man als taucht als Zuschauer absolut mit Bond ein in das exotische Abenteuer.

Erstaunlicherweise lässt der Film für mich dann leicht nach, wenn er spannend werden soll- te, nämlich wenn endlich Dr. No im Film auftaucht (nach ca. 1 Stunde!). Dies liegt für mich zum einen an dem starken Kontrast der gebauten Kulissen zu den vorhergehenden Außen- aufnahmen (nach dem Motto: "So, die Exteriors sind im Kasten, jetzt geht’s nach Pinewood"), zum anderen aber auch daran, dass einige Szenen zu lang sind und man eigentlich nicht weiß, warum sich Dr. No überhaupt so lange mit Bond beschäftigt (ein Problem, welches in vielen der folgenden Filme wiederkehren sollte aber eben in manchen doch sehr schlüssig gelöst ist).

Nichtsdestotrotz ist der Dialog mit Dr. No stark und nimmt schon viel vorweg, was später immer wieder aufgegriffen werden sollte – aber wohl nur bei GF übertroffen werden sollte. Dr. No ist ebenbürtig und nicht so allgegenwärtig, dass er nicht mehr bedrohlich wirkt. Der Film behält eine mysteriöse Stimmung bis zum Schluss. Dr. No ist gemessen an der geringen Screentime sicher die beste Bösewicht-Figur in der Serie. Fast hätte man sich einen so majestätisch, stoischen Joseph Wiseman später als Blofeld gewünscht.

Während die Dialoge mit Dr. No sehr gut sind, fallen vor allem die Szenen zwischen Bond und Honey in deren Zimmer etwas ab, da die anfängliche „Würze“ ihrer Beziehung nicht weiterentwickelt wird – in der Tat ist Honey im Rest des Films dann überflüssig und ihre Anwesenheit in keinster Weise dramaturgisch gerechtfertigt. Klar, dies waren noch nicht die Zeiten, in denen Bondgirls unterstützten oder gar eine eigene Motivation mitbrachten.

Auch das Ausbrechen Bonds am Ende wirkt etwas träge und surreal (Überbleibsel der Romanvorlage, die hier noch ausschweifender ist). Der Showdown hat zwar die typischen Bond-Showdowns eingeführt, leider finde ich diese später aber eher enttäuschend. Nach einem so schönen und "echten" Abenteuer, scheint der Kampf im Reaktorraum als Dämpfer. Dennoch ist positiv festzuhalten, dass Bond die Mission alleine zu Ende bringt und der Showdown auch erfreulich kurz und konsequent ist. Spätere Bondfilme sollten hier deutlich langatmiger werden.

Faszinierend ist wirklich die totale Beschränkung auf Dr. Nos Hauptquartier im letzten Drittel. Man dringt mit Bond ein und es vergeht keine Sekunde mehr, die man nicht mit Bond verbringt. Er ist vollkommen auf sich allein gestellt und hierdurch unterscheidet sich der Film von allen die folgen sollten. Man stelle sich die Inszenierung heute vor: Es gebe Zwischen- schnitte vom besorgten M und Moneypenny in England, es gebe Szenen mit einem warten- den Leiter auf der Insel, es gebe Aufnahmen von den Vorbereitungen des Raketenabschusses. All das fehlt hier, da es auch den Fokus verlagern und die bedrückende Atmosphäre zerstören würde. Man bleibt bis zum Ende mit Bond von der Außenwelt abgeschnitten.

Nicht nur was das Ende angeht, muss man die hervorragende Arbeit von Ken Adam würdigen, der aus mit einem damals sehr niedrigen Budget geschafft hat, den Film hochwertig und exotisch aussehen zu lassen.

Man kommt nicht drum her bei einem Bondfilm über die Action zu sprechen. Aus heutiger Sicht mag Dr. No da nicht viel zu bieten haben, dennoch gilt Dr. No heute als Geburt des modernen Actionfilms. Die kurzen, heftigen Schlägereien, die Autoverfolgung, die Abenteuer auf Krab Key und im Fluss dort sowie der finale Showdown sind auch heute nicht langweilig.

Fazit:
Tolle Action, viel Abenteuer und eine dichte, packende Atmosphäre zeichnen Dr. No aus. Doch erst Sean Connery erfüllt die Rolle und den Film mit Leben. Auch wenn seine Darstellung in den nächsten zwei Filmen noch deutlich an Souveränität gewinnen sollte, so strahlt er doch schon hier eine ungeheure Präsenz aus und füllt die Leinwand.

Alles in allem einer der besten Bondfilme, wenn man (auch) den harten, ernsten und boden- ständigen Bond mag. Ein echter Klassiker, den man immer wieder "entdecken" kann und in seiner Gradlinigkeit manchmal mehr zu bieten hat als die fantasievollen Nachfolger, die in ihrer ausschweifenden Vielseitigkeit oft den Blick auf das Wesentliche verstellen: Den Charakter Bond und die Atmosphäre eines exotischen Abenteuers.
"It's been a long time - and finally, here we are"

Re: Bondfilm-Rezensionen - user: danielcc

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From Russia With Love, 1963, Regie: Terence Young

Auch wenn jetzt manches vielleicht wie Majestätsbeleidigung klingen mag: Bisher hielt ich FRWL immer für den besten oder zumindest einen der drei besten Bondfilme. Im direkten Vergleich mit Dr. No fallen mir jetzt aber doch auch die Schwächen auf.

Zunächst ist und bleibt FRWL natürlich ein Klassiker des Spionagegenres, und somit ein Bondfilm der alten Schule, so wie man ihn sich zuletzt wieder mehr gewünscht hätte. Eine pure Spionagestory, die sicherlich wirklich einen gewissen Einblick gibt in die spannenderen Aufgaben des echten Spionagegeschäfts – und somit auf Flemings Wissen aus seiner Vergangenheit zurückgreift. Was auffällt ist, dass wie auch bei Goldfinger hier durch eine kleine Abwandlung der Flemingstory eine viel raffiniertere Geschichte erzählt wird (hier durch SPECTRE, bei GF durch die Atombombe).
Allerdings, und dies ist im Vergleich zu Dr. No nun der erste Kritikpunkt, ist die Story auch etwas unnötig komplex. Dies ergibt sich Hauptsächlich aus der Vielzahl von gleichberechtigten Nebencharakteren. Es gibt einfach einige Sub-Plots, die das ganze in die Länge ziehen.
Dies ist zwar interessant und macht den Film "reichhaltiger" aber je nach Stimmung zieht es sich dann doch etwas. Ganze Szenen erfüllen eigentlich kaum einen Sinn, wie der Ausflug in
die Kanalisation oder die Zigeneuercamp-Szene. Alles nette Episoden aber irgendwie doch
etwas viel.
Im Nachhinein betrachtet stellen das Zigeuner Camp und das anschließende Attentat auf
Kerims Bulgarischen Opponenten den erzählerischen Schwachpunkt des Films dar. Allerdings dienen die Szenen dazu, einige der Nebenplots abzuschließen und stellen einen eigenständigen Erzählstrang dar, der immerhin logisch und geschickt mit der SPECTRE/Lektor
Geschichte verflochten wird. Fairerweise muss man aber festhalten, dass man beim ersten Sehen diese Schwäche wohl eher als Stärke auffasst. Keine der Szenen ist zunächst langweilig, nur beim wiederholten Sehen fällt auf, dass die eigentliche Geschichte des Films eine Zeit lang auf der Strecke bleibt.

Im anschließenden Mittelteil hingegen beweist Young etwas mehr erzählerische Raffinesse. Etwa wenn Bond Tania auf dem Schiff am Bosporus über die Lektor ausfragt und dann überblendet zur Szene in London, wo M und andere eben diesem Tonband zuhören. Auch die Szene, in der Bond in der Russischen Botschaft ständig zur Uhr schaut, der Diebstahl der Lektor und die Flucht zum Orientexpress sind schön. Im richtigen Moment nimmt der Film hier deutlich Fahrt auf und Elemente die vorher scheinbar unnötig gezeigt wurden, erfüllen nun ihren Sinn (das Tunnelsystem, Kerims Söhne…).

Absolut positiv am Film sind die Darsteller allen voran Connery. Seine Leinwandpräsenz ist unheimlich stark und macht jede Szene zu einem vergnügen. Allerdings ist seine Darstellung hier auch deutlich anders als in DN. Während er dort fast durchgehend ernst ist, merkt man ihm in FRWL ständig eine gewisse Heiterkeit an. Fast immer lacht er, was auch dazu führt, dass man Bond selten in Gefahr sieht (anders als bei DN).

Auch die anderen Darsteller sind hervorragend, ihnen wird aber auch sehr viel Raum gelassen in der Handlung (Kerim Bay, Grant, Klebb, Kronsteen,...) Dabei muss man wissen, dass schon der FRWL Roman recht einzigartig ist, nämlich deutlich umfangreicher, detaillierter und Charaktergetriebener als die anderen Romane. Dies merkt man auch dem Film an. Bemerkenswert ist, wie scheinbar erst durch die hervorragende Arbeit des Cutters Peter Hunt der Film in eine verständliche und logische Folge gebracht wurde, was auch für einzelne Sequenzen gilt, da Young wenig mit Story-boards arbeitete und so die Szene erst im Schnitt entstand.

Herausragend sind bei FRWL vor allem einige Einzelszenen, darunter die legendärste Prügelei der Bondserie mit Bond und Grant im Orientexpress-Abteil. Auch die Action im Zigeuner Camp ist gut inszeniert und das nächtliche Attentat mit Bond und Kerim ist spannend. Weiterhin interessant ist das erste Erscheinen von Blofeld, die taktischen Ausführungen von Kronsteen (warum gab es nie wieder einen solchen Charakter?), das erste Treffen mit Tatiana und eben die gesamte Zugsequenz. Hier fällt wieder auf, wie viele Elemente beim Film ineinander greifen. Hier im Zug kommt alles zusammen, was im Film zuvor aufgebaut wurde:

- Grant wird schon in der ersten Szene des Films eingeführt, als Zuschauer wissen wir die ganze Zeit wer er ist und wie gefährlich er ist. Nie wieder würde es später einen „Henchman“ geben, dem eine so herausragende Rolle zukommt, was auch daran liegt, dass es praktisch keinen Bösewicht gibt. Unser Wissen um ihn – und gleichzeitig die Unsicherheit darüber, ob Bond ihn durchschaut hat – führt zu einer für Bondfilme seltenen Suspense im Hitchcockschen Sinne. In den späteren Filmen würde man immer mehr das Gefühl haben, dass Bond mehr weiß als das Publikum.
- Bonds Koffer der Abteilung Q wurde in einer der ersten Szene eingeführt. Als Zuschauer hat man den Koffer längst vergessen, bis Bond ihn dann im Kampf gegen Grant einsetzt. Wie viel genialer ist das im Vergleich zu späteren Gadgets der Moore und Brosnan Filme?
- der Film von Bonds und Tanias Nacht und der damit verbundene Plan SPECTRES. Grant erklärt hier noch mal alles, damit der Zuschauer alles versteht und sich im Folgenden auf die Action konzentrieren kann.

Was mir bei dem Film dann aber immer etwas sauer aufstößt, sind die dem Zug folgenden Szenen. Während der Orientexpress noch spannend ist, wird es danach eine Zeit lang ziemlich belanglos. Weder die Bootsszene noch die an Hitchcocks "Der unsichtbare Dritte" angelehnte Hubschrauber Szene wissen zu überzeugen. Das Ende wirkt, als sei man schon beim Drehen nicht überzeugt gewesen und habe sich daher gedacht "machen wir besser noch eine Actionszene sonst reicht es nicht".
Der finale Kampf gegen Klebb ist dann aber wieder spannend, vor allem weil er nach dem gleichen Suspense Prinzip funktioniert wie Grants Erscheinen im Zug: Bond kennt Klebb
nicht, Tania kennt sie, darf aber nichts sagen, und der Zuschauer kennt sie und den Schuh
und würde Bond am liebsten warnen.

Alles in allem schon ein sehr guter Bondfilm, mit tollen Charakteren und exzellenten Einzelszenen, der aber wie das Buch kleine Längen hat.
"It's been a long time - and finally, here we are"

Re: Bondfilm-Rezensionen - user: danielcc

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Goldfinger, 1964, Regie: Guy Hamilton

Was sagt man zu einem Film über den vermutlich schon alles gesagt wurde? Nun, man kann Goldfinger auf zwei Arten bewerten, entweder als den wohl wichtigsten Bondfilm, der das Phänomen Bond so richtig in Schwung brachte und dessen Formel, bis heute Schablone für mehr oder weniger alle Filme war. Oder man kann versuchen den Film sehr rational und objektiv filmisch zu bewerten. Es wäre sicher mal interessant aufzuzeigen, was alles am Film
„suboptimal“ ist (nur um auch dem größten Nostalgie-Fan klar zu machen, dass kein Bondfilm fehlerfrei ist!) aber ich bin dann doch zu großer Fan, als dass ich das könnte, daher hier eine Mischung aus Bewunderung und Kritik.

Keine Frage, Goldfinger ist ein toller Bondfilm, der dies schon allein deswegen ist, weil er eben die Vorlage für die meisten anderen ist. Es fehlt an praktisch nichts, was heute so gerne als "bondtypisch" zitiert wird:

- Vortitelsequenz (PTS)
- Moneypenny Flirt
- Besprechung mit M
- größenwahnsinniger Bösewicht
- Henchman mit speziellen Merkmalen
- Q-Szene
- Gadgets
- Aston Martin mit Gadgets
- Martini, geschüttelt nicht gerührt
- Bond-Musik
- Bond-Song
- mindestens zwei hübsche Bond-Girls
- witzige Sprüche
- groß angelegter Showdown usw.

Das ist alles schön und gut, den Film deswegen zu loben ist aber total unsinnig, da uns diese Sachen ja nur bekannt sind, weil sie danach immer wieder kopiert wurden. Das ist für mich auch der Grund, warum eine Filmkritik für einen Bondfilm immer tiefer gehen sollte als zu überprüfen inwiefern die Klischee-Liste abgearbeitet wird.

Fangen wir vorne an:

Die PTS ist nett, kurz, explosiv aber auch eigentlich nichts sagend. Sie gehört in keinster Weise zur Story des Films und entgegen anders lautender Behauptungen ist dies eher die Ausnahme als die Regel bei den Bondfilmen (genau genommen gibt es nur 3 Filme danach, bei denen dies so war: TB, FYEO, und OP. MR und CR sind zumindest wichtig um Charaktere einzuführen - den Beißer bzw. Bond als 00-Agent). Unter Drehbuch-Gesichtspunkten muss man sich sogar fragen, was eine Szene soll, die keinen Charakter und kein Storyelement einführt.
Doch damit kommen wir darauf, wozu die Szene wirklich dient, und insofern ist sie brillant. Sie bringt uns nämlich den Charakter Bonds näher und das besser und komprimierter als es
im "normalen Film" möglich ist. Bond ist rücksichtslos, er ist knallhart wenn nötig, nutzt jede
Möglichkeit zum Intermezzo mit schönen Frauen, tut alles um selbst am leben zu bleiben und ist bei allem immer ganz cool. Hier erfahren wir dies alles in 5 Minuten und gleichzeitig
legt die PTS den Ton des ganzen Films vorweg. Die Mischung aus Humor und Ernsthaftigkeit, Drama und Unterhaltung, Sex und Action wird einmalig sein.

Der Song zum Film ist natürlich Legende und die Titles sind hier für mich die vielleicht gelungensten der Maurice Binder Ära (bis GoldenEye), zumindest wiederholte sich Binder später oft einfallslos selbst.

Während die PTS also in Bezug auf die Filmstory keine Funktion hat, profitiert der (oje: viel zu kurze!) Film im Folgenden davon, dass er sofort in die Story eintaucht! Schon die erste

reguläre Szene zeigt uns den Bösewicht und verknüpft dies sofort mit dessen Charakter. Erfreulicherweise kommt es gleich zum ersten Aufeinandertreffen der Kontrahenten und gleichwohl eine der besten Szenen des Films: "Your luck has just changed" teilt Bond Gold- finger mit und sagt ihm damit an, dass er seinen Meister in Bond gefunden hat. Interessanterweise - und auch dies ist etwas, was man einem heutigen Bondfilm nicht durchgehen lassen würde - ist es im weiteren Verlauf des Films Bond, der häufig ausgiebig vom Glück profitiert! Ja tatsächlich bringen Bond die vielen Gadgets im Film nämlich nie weiter. Überhaupt scheitert der Protagonist im Film häufig und muss sich auf Glück oder seine Intelligenz verlassen (wobei das letztere natürlich genau das richtige ist). Dass Bond Fehler und unnötige Risiken eingeht, ist aber ganz im Flemingschen Sinne.

Was folgt ist eine sehr stilisierte Story, im Grunde gibt es keine Story sondern nur Handlung. Bond bekommt seinen Auftrag - in einer wundervollen Szene die wieder mehr seiner Charakterzeichnung dient als der Handlung („Colonel Smithers is giving the lecture!“) -, er bekommt seine Ausrüstung von Q (erschreckend WIE stark sich die späteren Q Szenen an dieser orientieren bis hinzu gleichen Sätzen, Kameraeinstellungen und dem Set) und hat sein erstes offizielles Treffen mit dem Bösewicht ("socially, of course"). Das Golfspiel ist natürlich ein Leckerbissen, zeigt es uns doch wieder so viel über die beiden Leute, um die es im Film geht. Bond liebt es, seinen Gegner zu reizen, es kommt ihm weniger darauf an, wirklich et- was zu erfahren, vielmehr geht er sogar leichtfertig Risiken ein. Goldfinger zeigt sich hier schon als größenwahnsinniger Zocker, der aber sehr clever ist. Es sind genau die richtigen Beiden aufeinander getroffen und deren Dynamik ist es die den Film so sehenswert macht. Schön ist auch, wie Goldfinger Bond sofort klar macht, dass er ihn durchschaut hat und im Folgenden auch immer einen guten Grund hat, ihn am leben zu lassen.

Der Film führt uns schnell zur nächsten Location in die Alpen. Es handelt sich um eine recht lange Szene, die aber in ihren vielen schönen Details den Unterschied macht. Goldfinger schlafend im Rolls Royce ist für mich jedes mal wieder sehenswert, der Schuss auf Goldfinger und das anschließende Zwischenspiel mit Tilly sind natürlich auch einfach schön („It’s my ice-skates!“ – „Lovely sport!“)

Später im Wald geht Bond wieder ein komisches Risiko ein, wenn er die tote Tilly betrachtet und eigentlich damit rechnen muss, dass er auch getötet wird. Hier scheint es erstmals offensichtlich, dass Bond weiß, dass ihm nichts gefährlich werden kann.
Die Aston Martin Szene begeistert mich heute ehrlich gesagt wenig, für mich ist das pure Effekthascherei, denn keines der Gadgets bringt ihn letztlich weiter. Er wird wieder aufgrund eines Fehlers gefangen (insofern ist auch der Gadget Einsatz im Parkhaus von TND für mich gelungener). Die Autoverfolgung ist insofern interessant, als sie doch zeigt wie nah bei der Filmserie Spaß und Drama zusammen liegen. Im einen Moment spiegelt sich in Tillys Gesicht noch der Spaß der Zuschauer an der Verfolgung, im nächsten Moment wird sie kaltblütig getötet. Positiv fällt weiterhin auf, dass während der Action keine Musik läuft. Musik läuft im Film oft nur dann, wenn eine lange Szene interessant gemacht werden muss, die sonst langweilig wäre (Flugszene mit Pussys Fliegerstaffel, fahrt zum Schrottplatz mit einem groß- artigen Musikeinsatz...). Unter diesem Gesichtspunkt spricht der intensive Musikeinsatz über weite Strecken von TB oder YOLT Bände…

Doch all dies führt eigentlich nur zu der Szene, die vollkommen zu Recht legendär ist: die Laser Szene. Warum ist sie so gut? Weil sie wieder vieles vereint, was Bond ausmacht: Spaß („No Mr. Bond, I expect you to die!“), Spannung (es wird ganz schön knapp und man schwitzt mit Bond), ein technisches Schmankerl (der Laser) und vor allem der großartige Dialog der Kontrahenten. Nach all den technischen Spielereien die ihm nichts gebracht haben, ist Bond hier auf seinen Intellekt angewiesen und dieser hilft ihm weiter. Die Szene ist einfach brillant geschrieben und ich frage mich warum bis heute den Drehbuchautoren nicht eine annähernd gleichwertige Szene eingefallen ist. Auch dient die Auflösung der Szene als glaubhafte Rechtfertigung dafür, dass Goldfinger Bond am leben lässt – eine Rechtfertigung, die in vielen späteren Filmen fehlt. Von nun besteht sozusagen eine Zweckgemeinschaft zwischen Goldfinger und Bond.

Es folgt wieder etwas, was Fans heute sicher nicht akzeptieren würden, denn für den Rest

des Films (ca. die Hälfte) ist Bond in Gefangenschaft und weitestgehend passiv. Überhaupt fällt auf, er trägt praktisch nichts zum Erfolg der Mission bei, alle seine Versuche scheitern. Am Ende ist nur Verlass auf seine größte Stärke, nämlich seinen Charme und seine männliche "Überzeugungskunst" gegenüber Pussy! (Aus heutiger Sicht schon bedenklich, dass nur die „Vergewaltigung“ der Frau dazu führt, dass der Plan vereitelt werden kann). Selbst die Atombombe am Ende kann der Held nicht entschärfen, der Kampf gegen Oddjob so gesehen eigentlich unnötig.

Um nicht jede Szene des Films analysieren zu müssen: der Streifen lebt von seinen beiden Hauptdarstellern und deren permanentem Aufeinandertreffen, wie es sie in späteren Bond- filmen leider weniger gibt. Die Szene in der Bond Goldfingers Plan durchschaut, im Grunde alle Szenen mit den beiden auf dessen Ranch sind einfach wundervoll. So stört mich auch nicht wirklich, dass die Locations des Films an späteren Maßstäben nicht so außergewöhnlich sind (Schweiz und Kentucky, nun ja) und ehrlich gesagt, die Action eher schwach ist. Im Grunde gibt es an Actionszenen nur die Autoverfolgung, den Kampf gegen Goldfinger und Oddjob und das Geballere im Showdown.

Hervorzuheben ist sicher noch die Szene, in der Goldfinger seinen Plan ausführlich erklärt. Hervorragend gespielt aber so sinnlos, da er seine Zuhörer ohnehin umbringen wird. Die Szene steht Pate für die Entfernung der Filme von jeder Glaubhaftigkeit und Logik.

Fazit:
GF ist die Schablone für alle weiteren Bondfilme. Der Film ist kurzweilig und unterhaltsam, doch zum Zwecke der Unterhaltung werden storymäßig bewusst Umwege und Abkürzungen genommen, logische Haken werden geschlagen. Der Film lebt vom einmaligen Gert Fröbe (im englischen komplett synchronisiert und zwar sehr gut) und einem Sean Connery, der sich
100% sicher in der Rolle ist und diese voll ausspielen darf, wie sie aufgrund von Sexismus heute nicht mehr „politcal correct“ wäre.
"It's been a long time - and finally, here we are"

Re: Bondfilm-Rezensionen - user: danielcc

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Thunderball, 1965, Regie: Terence Young

Um es vorab zu sagen, ich mag den Film und es ist einer der ersten den ich wohl in meiner Kindheit gesehen haben muss – auch wenn ich das heute nicht mehr recht nachvollziehen kann, wann genau ich welchen Film erstmals im TV sah. Alles an diesem Film ist groß und aufregend: die Story, die Locations, die wunderschönen Frauen, der Bösewicht, die Ausstattung, die Effekte... hier sind wir am Höhepunkt der Bond-Mania angekommen. Man hatte viel Geld, Bondfilme waren ein sicherer Erfolg an den Kassen und das Motto war "Klotzen nicht Kleckern". Hat es dem Film oder der Serie gut getan? Ich melde Zweifel an. Ich kann sagen: TB ist der Bondfilm, den ich am liebsten in meinen DVD Player einlege, aber auch derjenige, den ich am seltensten konzentriert zu Ende schaue. Warum will ich versuchen zu erklären.

Der Film hat seine Stärken beim Hauptdarsteller Connery, dem das Ganze hier einfach sichtlich Spaß macht, und bei den vielen guten Darstellern, angefangen beim Bösewicht bis hin zu den nicht nur schönen sondern auch gut agierenden, starken Bondgirls. Warum hier Bonds Assistentin (Martine Beswick) regelmäßig unerwähnt bleibt, ist mir ein Rätsel. Als Hinweis an alle „Filmkritiker“ und Feministinnen: Schon 1965 gab es zwei starke Frauen bei Bond, die durchaus eigenständig und selbstbewusst auftraten.

Doch wenn man mal ernsthaft auf das schaut, worauf es in einem Film ankommen sollte – sprich, die Substanz hinter dem Bombast sucht -, so muss man auch die Schwächen des Films bemerken, als da wären:

1. Die Interaktion der Charakter ist oft nicht nachzuvollziehen und die Logik bleibt das ein oder andere Mal auf der Strecke. Schon beim ersten Zusammentreffen im Kasino gibt Bond Largo eindeutig zu verstehen, dass er ihn als Spectre Man identifiziert hat. Dennoch agieren die beiden im Folgenden nicht entsprechend. Dies geht im Film sehr lange so! Anhand der entsprechenden Siegelringe geben sich auch andere Bösewichte eindeutig zu erkennen – wie praktisch.
Doch es geschehen viele andere Sachen, die ziemlich absurd erscheinen und die stärker als beim Vorgänger den Eindruck vermitteln, dass sich die Bondfilme von so etwas wie Realismus entfernt haben:

- da versucht man Bond auf dem Weg vom Sanatorium zu töten, während gleichzeitig der
Attentäter von hinten auf offener Straße weggebombt wird – merkwürdig!
- das ewige Spiel von Bond und Volpe oder Bond und Largo miteinander ist absurd und zeigt, dass es hier mehr um Fantasie geht als um ernsthafte Spionage.
- Bond wird vom Bösewicht vollkommen grundlos zuhause empfangen und alle tun so als
wissen sie nichts vom jeweils anderen - absurd. Im Übrigen erfüllt diese Szene überhaupt keinen Zweck und ist im Vergleich zum Aufeinandertreffen in GF eher schwach geschrieben
und somit bedeutungslose Effekthascherei.
- die Art wie Fiona Volpe mit Bond an einer Stelle über „James Bond“ redet, als habe sie die vorherigen Filme gesehen. Das ist nett fürs Publikum aber nicht logisch

2. Die „Pace“ und die Storyentwicklung: wie schon gesagt, der Film ist langatmig und unnötig kompliziert erzählt; schlimmer ist jedoch, dass grundsätzliche Pacing Problem, was schon damit beginnt, dass es ca. 30 Minuten dauert bis der Bösewicht überhaupt mit der Umsetzung seines Plans beginnt (Entführung der Raketen). So etwas würde in jedem Script- Seminar eine glatte 5 geben! Noch etwas: nach 95 Minuten (!) findet Bond das Flugzeug- wrack um festzustellen, dass die Raketen nicht an Bord sind! Natürlich sind sie das nicht, warum sucht er überhaupt danach? Der kritische Zuschauer stellt also nach 95 Minuten fest, dass Bonds bisherige Bemühungen überflüssig waren. Klar, ist das alles sehr schön und unterhaltsam erzählt bis dahin, aber im Nachhinein betrachtet ist es doch etwas schwach.

Daneben fällt auf, dass das Erzähltempo auch einzelner Szene sehr langsam ist. Als Beispiel sei genannt, wie minutenlang das Flugzeug unter Wasser getarnt wird. Man hatte es nicht eilig, man wollte eben klotzen.

Alternativ hätte man die gesamte Flugzeugentführung, -landung, -tarnung und die Entfernung der Bomben weglassen können und stattdessen einfach mit der Briefing Szene beim MI6 fortfahren können mit folgenden Effekten:
- man hätte 20 langatmige Minuten und damit aufwendige und teure Szenen gespart
- man hätte mit Bond ermittelt und entdeckt anstatt 90 Minuten nur passiv zu beobachten, wie er mühsam alles erfährt, was wir schon wissen. Für das Publikum wären der Fund des
getarnten Fliegers und das Fehlen der Bomben deutlich überraschender gewesen.
- es gebe weniger der langatmigen Unterwasserszenen

3. Der Showdown unter Wasser: Unterwasserszenen funktionieren im Film eigentlich nie so richtig. Hier hat man es aber auf die Spitze getrieben, was dazu führt, dass ich regelmäßig so bald es am Ende unter Wasser geht, das Interesse verliere. Filmisch ist das natürlich al- lererste Sahne, ich glaube es gibt bis heute keinen Film, der so lange, intensive, brillant ge- filmte Unterwasser-Actionszenen hat.
Doch muss man auch kritisch feststellen, dass ca. die letzten 30 Minuten des Films Unterwasser keine Storyentwicklung mehr leisten, da keine Dialoge mehr möglich sind. Man kann nur noch vollkommen passiv und ohne Involvierung zuschauen. Wenn man Glück hat, er- kennt man Bond inmitten der Hundert Froschmänner unter Wasser. Doch es ist nicht nur der Showdown: Auch zuvor spielen viele Szenen unnötigerweise unter Wasser und stellenweise weiß man als Zuschauer gar nicht, was sich Bond da nun warum eigentlich wieder anschaut.

Natürlich ist nicht alles so negativ wie hier dargestellt. Es sind eben einzelne Aspekte die offensichtlich machen, dass man hier endgültig die Bodenhaftung verloren hatte. Hätte Brosnan einen solchen Film gemacht, er wäre von Teilen der Fangemeinde als der schlechteste Film der Reihe bezeichnet worden. Würde Craig 2/3 des Films in Hemd und Badehose rum- laufen, würden alle „das typische Bondfeeling mit Smoking und so“ vermissen...

Dennoch, TB ist wohl der Film der Reihe, dessen Genuss am stärksten vom Gemütszustand des Betrachters abhängt. Ich kann den Film als opulentes Fantasy-Abenteuer genießen, nur um beim nächsten Mal Sehen festzustellen, wie langatmig und unlogisch das Ganze ist.

In jedem Fall wartet das Spektakel auch mit wirklichen Pluspunkten auf, jenseits der erwähn- ten Schauwerte: etwa die spannungsgeladenen Szenen im Sanatorium, die Verfolgung beim Straßenkarneval und der anschließende Tanz mit Volpe (wobei sie ein besseres Ende ver- dient hätte). Darüber hinaus ist wohl TB von allen Filmen der Serie derjenige, der am besten das Flair einer exotischen Location vermittelt. Die vielen Szenen auf den Bahamas wirken heute noch faszinierend und müssen damals für die Zuschauer wirklich fantastisch gewesen sein. Allerdings verbreiten sie in Kombination mit einem zu 100% entspannten Bond auch ein gewisses Urlaubs-Feeling. Die Grundstimmung des Films ist eine sehr Heitere, vollkommen unpassend zu der gewaltigen Bedrohung durch die Bomben, die so nie richtig zur Geltung kommt. Außerdem ist hier mehr als jemals zuvor deutlich, dass für Bond keine Situation wirklich gefährlich werden kann. Auch haben die einzelnen Schicksale im Film keinerlei Einfluss auf Bonds Gefühlslage (der Tod seiner Assistentin, der Tod von Fiona Volpe...). Nach dem Motto: „OK, sie ist tot, so what…weiter geht’s“).

Schauspielerisch sticht besonders Luciana Paluzzi hervor, die trotz des jungen Alters eine absolut reife Leistung abliefert und dadurch Bond ebenbürtig erscheint. Man nimmt ihr die leidenschaftliche Liebhaberin in Bonds Armen ebenso ab wie die eiskalte Killerin, die sich angewidert von seiner Arroganz zeigt. Paluzzi hat dann auch mit Connery die eine Szene, die den Film schauspielerisch aufwertet und im Dialog und in den Bildern so viel über Bond verrät: Die Sequenz beginnt als Bond im Hotelzimmer auf Fiona in der Badewanne trifft. Das ist Bond pur, wie er sich genüsslich dreist vor sie setzt („I'm glad to see you again"), ihr die Schuhe reicht als sie um ihre Kleidung bittet, die beiden dann im Bett eine herrlich sexy Dialog haben (im Original anders als im Deutschen ("You like wild things, Mr. Bond - James Bond?") und dann anschließend einen weiteren tollen Dialog der so viel über Bond verrät ("Vanity has its dangers... But of course, I forgot your ego!"). Dann noch Fionas perfekte Analyse von Bonds Charakter und sein abschließender Spruch in die Kamera "Well, you can´t win them all". Für mich die besten fünf Minuten in TB und in Bezug auf Charakter-/Dialogszenen eine der besten der Serie.

Etwas ambivalenter ist die Rolle und Leistung von Claudine Auger (die sogar noch jünger war). Stellenweise überzeugt sie als reife, abgeklärte Persönlichkeit, die nicht leicht zu erobern ist, nur um im nächsten Moment wieder das klischeehafte Bond-Dummchen zu geben. Beispielhaft sei hier Rolle auf dem Boot im Showdown genannt, wo Sie zunächst als selbst- sichere Amazone inszeniert wird, die Largo gnadenlos killt (und damit Bond rettet), um sofort im Anschluss ziemlich unsicher auf Bonds Rettung angewiesen zu sein.

Adolfo Celi agiert solide leidet aber dummerweise an der Einführung von Blofeld. Durch dessen Über-Status, wirkt Celis Largo wie ein Handlanger. Connery selbstsichere Darstellung und der heitere Ton des Films lassen Largo somit zu keinem Zeitpunkt bedrohlich erscheinen.



Fazit:
Thunderball ist ein spektakulärer Bondfilm, der begeistert und umhaut, wenn man ihn erstmals sieht. Es ist heute wohl kaum noch richtig nachzuvollziehen, wie dieser Film erst vor
über 40 Jahren gewirkt haben muss. Die exotischen Locations und fantastischen Episoden, waren genau das was die Leute erwarteten und somit wurde TB zum mit Abstand erfolgreichsten Bond aller Zeiten (bis heute!). Der Film hat aber auch gewaltige Schwächen unter streng filmischen Gesichtspunkten. Szenen wiederholen sich, der Film könnte 30min kürzer sein und würde davon sogar in Bezug auf die Spannung profitieren. Spätestens mit diesem
Film stellt sich für viele Fans die Glaubensfrage: mag ich die stringenten, ernsten Spionage
Filme oder gebe ich mich bewusst den epischen, ausgefallen, bombastischen Fantasiege- schichten (wie eben Thunderball) hin. Man kann auch beides mögen, darf aber dann nicht
heute so tun, als seien alle Bondfilme („die guten alten Bondfilme“) eine homogene Masse
von gleichartigen, gleich aufgebauten Filmen gleicher Couleur.

Thunderball ist vielleicht kein perfekter Film, er ist aber ganz bestimmt ein schöner Film.
"It's been a long time - and finally, here we are"

Re: Bondfilm-Rezensionen - user: danielcc

6
You Only Live Twice, 1967, Regie: Lewis Gilbert

Das schöne daran, die Filme die man so gut zu kennen glaubt, zum wiederholten Male zu sehen ist ja, dass man seine Meinung über sie ändern kann. Da ich nun alle Filme der Reihe im Original chronologisch gesehen habe, glaube ich gut die Entwicklung der Reihe beurteilen zu können.

YOLT habe ich nun erstmals im Original gesehen, ein Film, der mir nicht so richtig gefallen wollte bisher, zum einen wegen der übertriebenen Story, zum anderen - man möge mir das verzeihen – weil ich das asiatische Umfeld des Films nicht so mag.

Doch nun ein neuer Versuch und ich muss sagen, ich habe meine Meinung überdacht. YOLT ist für mich aber immer noch ein ambivalentes Vergnügen. Zunächst mal ist die Story hier wirklich gut und spannend. Der Film ist gespickt mit guten Szenen und spannenden Elementen. Vor allem in den ersten 90 Minuten wird einem nicht langweilig. Es passiert immer wieder Neues, Bond (und wir als Zuschauer) bekommen Einblicke in eine fremde Kultur (zumindest für die 60er; YOLT ist sicherlich der einzige Film der Reihe der einen solchen Einblick gibt). Beeindruckend an dem Streifen finde ich die Pace. Insbesondere im direkten Vergleich zu TB (der meiner Meinung unter einem schlechten Pacing leidet) fällt dies auf. Bond ermittelt hier sehr ausführlich und bekommt stetig mehr Informationen, die ihn immer näher ans Ziel bringen. Alles ist spannend gemacht und weitestgehend logisch aufgebaut und durch die PTS ergibt sich eine direkte Bedrohung als Motivation für Bonds Einsatz. Lo- gisch also zumindest im Prinzip, denn einzelne Szenen zeigen leider ein anderes Bild (später mehr).
Bemerkenswert auch bei diesem Film wieder, wie stark die PTS den Stil des gesamten Films wieder gibt: Ja, die über vier Minuten lange Weltraumszene ist spannend, aber musste sie sein? Ist sie nicht das erste Opfer der Bond-Mania, die nach immer „mehr“ verlangte? Letztlich ist das hier viel Lärm um nichts und die anschließende Inszenierung von Bonds Tod schlägt in die gleiche Kerbe. Effekthaschend ohne Bedeutung für die Story. So ist die Vortitelsequenz spannend und opulent, aber mit wenig „Nährwert“.

Sehr positiv fällt mir der gesamte Soundtrack auf. Barry versteht es allen Filmen Themen zu geben, die einen durch den Film führen und hier spiegelt er die Stimmung der Locations wie- der, mal ist es geheimnisvoll und etwas exotisch bis hinzu dramatisch - exzellent. Am Sound- track merkt man auch wie schwach das letzte Drittel erzählerisch ist: So viel Musik gab es nie bei Bond, was daran liegt, dass Barry die minutenlangen, sehr schwachen Weltraum und Raketenszenen „überspielen“ muss. Es bleibt dabei, starke Szenen brauchen keine Musik.

Auch Ken Adams Arbeit ist umwerfend. Das Set des Vulkans ist beeindruckend und es wird
Gott sei dank auch würdig in Szene gesetzt.

Zudem halte ich den Schnitt für einen der besten. Insbesondere in den Zweikämpfen vermittelt dieser einen wirklich rasanten Eindruck. Auch die Actionszene auf den Dächern beim Hafen ist mal eine sehr schöne Idee, die ich gerne wieder sehen würde, praktisch der Gegenentwurf zu den Schnippel-Actionszenen mit Nahaufnahmen in Quantum of Solace.

Doch wie gesagt, es gibt auch negative Aspekte, die einem beim bewussten sehen ins Auge springen. Diese betreffen hier insbesondere das letzte Drittel.
Ich weiß ich stehe mit meiner Meinung wohl recht einsam da, aber ich empfinde weder das
tatsächliche Auftreten von Blofeld noch die Massen-Showdowns als Bereicherung für die Bondserie. Während dies bei Blofeld am Darsteller liegt, ist mein Problem mit den Massen- Bombast Showdowns ein anderes. Vergleicht man die Enden von Filmen wie DN, FRWL und QOS mit denen von YOLT und TSWLM, dann fällt auf, dass Massenszenen immer zu zwei Dingen führen:

1. Bond geht ein wenig unter im Chaos, und wichtiger:
2. Es fehlt das Gefühl dafür, dass Bond allein und auf sich allein gestellt ist. Dieses Empfinden halte ich aber für wichtig für echte Spannung

Dies geht einher damit, dass am Ende jede Logik, Ernsthaftigkeit und Dramaturgie fehlt. Das letzte Drittel zieht sich wie Kaugummi, da helfen auch Tricks und Action nichts. Zumal Blofeld eine peinliche Witzfigur ist, die man in keiner Szene ernst nehmen kann und nicht zu Unrecht die Quelle für Parodien à la Austin Powers.

Weniger gravierend aber doch auffallend sind unzählige unlogische Elemente:

- warum wird Bond als vermeintlicher japanischer Attentäter von dem anderen Attentäter ins Büro von Osato gebracht? Aber sehr praktisch das Bond dort im Safe genau die Info findet die er braucht. Immer wieder lustig, was die Leute in ihrem Safe haben...
- warum um alles in der Welt begibt sich Bond in Osatos Büro? Das treffen ist überflüssig und verrät ihn nur
- warum soll Bond vor der Osato Company am Tage auf offener Straße ermordet werden? Als Treppenwitz der Unlogik soll er dann nur wenig später von Karin Dor auf ultra-
komplizierte Art und Weise bei einem Flugzeugabsturz getötet werden nachdem ihm diese zunächst ein mögliches „Überlaufen“ suggeriert. Wo sind da die Verhältnisse?
- noch absurder ist am Ende, wenn Bond im „geheimen“ Ninja Lager im Schlaf vergiftet wer-
den soll obwohl er leicht und vollkommen sicher erschossen werden könnte. Blofeld hat zu diesem Zeitpunkt ja sehr klar gemacht, dass Bond getötet werden soll, woran er sich selbst aber später auch nicht mehr zu erinnern scheint.
- wie schafft es Osato aus seinem Büro nach dem Treffen mit Bond zum Hafen, obwohl doch
Bond einen Vorsprung hat und auf schnellstem Wege dort hinfährt? Und müsste Osato nicht damit rechnen, dass Bond sowieso nicht ankommt, weil er ja eigentlich getötet werden soll-
te?
- warum gibt es immer wieder Bildschirme im Film die die Aufnahmen der Films zeigen? Das ist albern und unlogisch (gilt für Weltraum Szenen und Tanakas Überwachungs-Bildschirme sowie die Hubschrauber Sequenz)
- warum sagt Blofeld, dass Bond der einzige Mann sei, der eine Walther PPK einsetzt?
- der gesamte Teil mit Bonds Gesichtsverwandlung, der Ninja-Ausbildung und der anschließenden Heirat zur Tarnung ist Blödsinn und überflüssig zudem unglaubwürdig. So was mag im Buch funktionieren, nicht aber im Film. Warum so ein Aufwand und vor allem warum erst
dieser Aufwand für Bond, wenn anschließend Hundert Ninjas den Vulkan wie Berserker stürmen?
- warum der Little Nellie Ausflug und der Angriff auf Little Nellie? Klar, eine sehr gute Actionszene aber weder der Ausflug noch der Angriff bringen Vorteile.

Fazit:
Ein wirklich unterhaltsamer, gut aufgebauter Film, der aber auch Opfer der Bond-Mania wurde, da man scheinbar das Gefühl hatte, man könne dem Publikum alles erzählen, egal wie
unglaubwürdig. Die kurzen Weltraumszenen hingegen sind eigentlich kaum störend, denn der Fokus liegt auf dem Bedrohungsszenario eines möglichen Weltkrieges. Wie bei TB gilt:
Mit weniger Budget wäre hier vermutlich ein besseres Film entstanden.
"It's been a long time - and finally, here we are"

Re: Bondfilm-Rezensionen - user: danielcc

7
On Her Majesty’s Secret Service, 1969, Regie: Peter Hunt

Ich gebe zu, selbst als langjähriger Bondfan konnte ich nie ganz verstehen, warum so viele
Fans den Film als einen der besten ansehen.

Gut, nun habe ich ihn erstmals auf Englisch gesehen und obwohl dies ja normalerweise immer eine positive Bereicherung ist, muss ich in diesem Fall sagen, dass mich insbesondere die englische Stimme von Lazenby sehr gestört hat. Dass dann seine Stimme noch lange im Film und vollkommen unsinnigerweise mit der von Sir Hillary Brey gedubbt wird, ist ein zusätzliches Ärgernis. Um es kurz zu machen: ich finde hier wirklich die deutsche Version (bis auf Blofelds Synchro) besser!

Aber davon abgesehen kann ich inzwischen mehr Begeisterung für den Film aufbringen. Zunächst mal kann ich mir aber vorstellen, dass der Stil des Films, der eine totale Abkehr von der Art der direkten Vorgänger darstellt, eine gewaltige "Herausforderung" fürs damalige Publikum war (um nicht "Enttäuschung" zu sagen). Man muss sich vorstellen: seit DN wurden die Filme immer fantastischer und epischer und der Erfolg zumindest bis TB zeigte, dass die Leute das verlangten und wollten. Dann kam OHMSS, nicht nur mit einem neuen Darsteller sondern auch mit einem total anderen Stil. Nach exotischen Locations in TB und YOLT spielt der Film über weite Strecken sehr statisch im Schnee, an einer Location. Es gibt nur ein Girl, Bond verliebt sich, er heiratet sie... vieles ist gewöhnungsbedürftig.

Umso schöner ist für mich, wie in der PTS der „neue Bond“ eingeführt wird. Hier werden Erinnerungen an DN wach, denn Lazenby wird zunächst nicht gezeigt. Leider geht der Szene eine total unnütze und schwache Szene mit M voraus.

Gewöhnungsbedürftig und eigentlich ein No-Go ist auch die Tatsache, dass es sehr lange dauert bis man zumindest ungefähr weiß, worum es geht. Doch hier zeigen sich auch die Stärken des Films: im Gegensatz zu TB, der ebenfalls sehr lange braucht um den Plot zu starten, legt OHMSS Wert auf Charaktere und deren Entwicklung. Daher beginnt der Film auch nicht mit Szenen die Blofelds Plan zeigen, sondern der Film startet mit der Einführung von Tracy und ihrer Beziehung zu Bond. Damit ist von Anfang an klar, dass es hier weniger um einen üblichen "Bond jagt den Bösewicht"-Plot geht, sondern die Schwerpunkte anders liegen nämlich auf den Charakteren. Wenn man sich darauf einlässt, kann man auch den Film wirklich genießen.

Rigg ist toll als Tracy, „erinnert“ ein wenig an Eva Green. Ihre Beziehung zu Bond ist aber nicht gut geschrieben und leider merkt man Lazenby bei jedem Satz an, dass er keine Schauspielerfahrung hat. Seine Gestik und Mimik ist OK, seine Stimme und Sprache ist es nicht. Dafür ist er brillant in den Actionszenen. Hinzukommt, dass diese Szenen sehr gut geschnitten sind. Man ist mittendrin statt nur dabei, ohne Wackelkamera, Nahaufnahmen und Blitz-Schnitte (QOS). Doch leider ist die Liebesgeschichte eine Mogelpackung. Für gut eine Stunde des Films ist davon praktisch nichts zu sehen. So erscheint die Hochzeit am Ende wiederum umso unglaubwürdiger.

Doch man muss feststellen, dass weder Connery noch Moore oder Dalton diesen Film besser hätten spielen können. Ich neige aber dazu zu sagen, dass der Film für Daniel Craig perfekt gewesen wäre (nun gut, der war damals grade erst geboren).

Telly Savalas als Blofeld ist gut, auch wenn ich generell den Blofeld Charakter uninteressant finde. Warum er unbedingt Graf sein möchte ist albern und blödsinnig. Obwohl wir als Publikum unbedingt glauben müssen, dass es für ihn wichtig ist, wird seine Motivation nie wirklich erläutert. Merkwürdig ist hier, dass Blofeld vollständig alleine operiert. Zuvor gab es immer diverse "Nummern", die für den eigentlichen Plan zuständig waren. Hier ist Blofeld deutlich operativer und Savalas ist dafür gut, aber wirkt aber im Vergleich zu der geheimnisvollen Blofeld-Figur aus FRWL und TB eher wie ein Handlanger, ein Henchman.

Auch wenn ich Bond lieber an exotischen Locations mag, so kann man nicht leugnen, dass der lange Aufenthalt in den Alpen doch eine tolle, passende Stimmung erzeugt.

Wie viele Streifen der Reihe hat auch dieser Film ein Pacing Problem in der zweiten Hälfte und hier zeigt sich auch das Problem mit der Story: diese ist so schwach (Blofelds Plan ist ein Witz und zu keinem Zeitpunkt eine reale Bedrohung, wirkt eher wie aus einer Folge von
„Mit Schirm Charme und Melone“), dass sie im letzten Drittel kein Potenzial zur Entwicklung bietet. Was dann folgt ist zwar spektakulär aber auch eine Frechheit. Die gesamten letzten
50 Minuten wirken, als versuche Bond nur noch zu entkommen und die letzten 30 Minuten
des Films sind praktisch eine lange Actionszene, bei der es scheinbar die ganze Zeit mit Ski, Bob und Auto durch den Schnee geht. Das ist unglaublich gut gefilmt aber letztlich zu wenig für einen 2,5 Stunden Film. Hier passt dann wenig zusammen, weil einem plötzlich erst wie- der klar wird, dass Tracy und die Liebesgeschichte praktisch für einige Zeit vollkommen außen vor gelassen wurde, und jetzt müssen die beiden durch die Actionszenen wieder zusammen finden. Dass die beiden sich dann noch vollkommen unglaubwürdiger Weise zufällig wieder treffen, schlägt dem Fass den Boden aus.

OHMSS ist ein schöner, ein stimmungsvoller Film, ein Bondfilm der zeigt, dass es auch anders geht und wie breit das Spektrum ist, in welchem sich die Reihe bewegen kann. Doch im direkten Vergleich zu CR (dem ähnlichsten Film) fallen die Schwächen von OHMSS auf:

- Craig ist natürlich deutlich besser als Lazenby
- die Chemie zwischen Craig und Green ist deutlich besser als hier zwischen Lazenby und
Rigg
- CR ist besser geschrieben und somit auch die im Zentrum stehende Liebesgeschichte
- CR zeigt, dass wenn bei Bond Charaktere im Vordergrund stehen und deren Beziehung zueinander, dann kann man nicht gleichzeitig noch einen "Weltbedrohungs-Plot" gleichbedeutend aufbauen. OHMSS versucht das und beide Schwerpunkte leiden darunter. Bei CR hingegen unterstützt das Pokerspiel noch die Entwicklung der Charaktere. Zudem ist Vesper, nachdem sie eingeführt wurde auch ständig präsent und wird nicht unterwegs „vergessen“.

Fazit:
OHMSS stellt ein mutiges Experiment dar, welches insgesamt gelungen ist. Lazenby gibt eine ordentliche Leistung und die Actionszenen sind die bis dahin wohl besten. Doch der Film leidet unter einem dünnen - und zudem mit seinem surrealen Hypnose-Element im Widerspruch zur Bodenständigkeit des restlichen Films stehenden - Plot und der schwachen Chemie der Hauptdarsteller, welche die Entwicklung ihrer Beziehung nicht glaubhaft er- scheinen lässt.
"It's been a long time - and finally, here we are"

Re: Bondfilm-Rezensionen - user: danielcc

8
Diamonds Are Forever, 1971, Regie: Guy Hamilton

Mir ist es ein Wunder wie der doch sehr kritische Connery ausgerechnet für diesen Film zurück gewonnen werden konnte. Aber gut, er kannte ja das finale Drehbuch nicht...

DAF ist für mich das kreative Loch der Bondserie. Fast nichts an diesem Film ist brillant, innovativ oder auch nur sonderlich unterhaltsam. Bei den Ranglisten der Fans, so unterschiedlich sie auch sind, fällt auf, dass DAF fast nie oben dabei ist. Zu Recht wie ich finde. Es gibt Fans, die lieben die aufwendigen, fantasievollen Bonds à la YOLT, andere lieben die down- to-earth Filme wie DN und FRWL. DAF steckt irgendwie dazwischen fest und das nicht im positiven Sinne.

Was läuft also schief meiner Meinung nach?

Sinnbildhaft hierfür steht die einfallsloseste PTS der ganzen Serie, die interessanterweise ähnlich wie die ähnlich schlechte PTS von FYEO ist. Kein Storyelement wird eingeführt, kein Bedrohungsszenario, die Action ist lahm, Connery synchronisiert nur ein Stunt-Double, sein Erscheinen ist vollkommen undramatisch und das Ende der PTS ist schwach. Einzig der leicht kindliche, fast schon selbst-parodisierende Stil des Humors wird eingeführt. Verschenkte fünf Minuten.

Zunächst mal ist Bond hier gut 90 Minuten auf einer durchschnittlichen Polizisten Mission. Er versucht einem Schmugglerring auf die Schliche zu kommen. Wollen wir Bond bei so etwas sehen - nein!
Schlimmer noch ist, dass Bond lange Zeit von Tiffany Case wie ein dummer Laufbursche behandelt wird. Wollen wir das - nein!
Überhaupt ist die Entwicklung von Tiffany´s Charakter im Film peinlich und erschreckend:
von einer selbstbewussten, mit allen Wassern gewaschenen, weltgewandten Gaunerin, zum peinlichsten und nervigsten Dummchen der Serie (OK, Bibi und Goodnight machen ihr hier starke Konkurrenz). Auch Bond gibt im Film oft unglaubwürdig den dummen Jungen, nicht nur gegenüber Tiffany sondern auch später als „Klaus Hergesheimer – Section G“.

Egal wie oft ich den Film sehe und auf die Story achte, verstehe ich einiges nicht: der gesamte Schmugglerring ist irgendwie konfus. Warum sind so viele Leute daran beteiligt und warum werden alle getötet? Auch verstehe ich nicht, warum Tiffany Case Peter Franks nicht kennt. Werden die Beteiligten jedes Mal getötet? Wie doof wäre das! Und warum übernehmen Kitt und Wint am Anfang die Diamanten, um sie dann an die alte Frau weiterzugeben, um diese dann wieder zu töten? Habe ich da was verpasst? Überhaupt werden die Rollen nicht klar gemacht. Was ist Tiffanys Rolle? Sie gibt die Diamanten nur von der alten Frau an Franks weiter?

Connerys Leistung – bis dahin in den Filmen zumeist eine sichere Bank – ist hier schwach. Dank Übergewicht, miesem Toupet und scheinbar wenig Lust, kommt ausnahmsweise wenig Charisma rüber. Nicht mal die rosa Krawatte hat er richtig gebunden. Dass Connery nicht zu alt war, sieht man meiner Meinung nach viel später bei NSNA, wo er zeigt, dass wenn er nur wollte, es immer noch drauf hatte. Wie oben erwähnt passt Connerys Darstellung hier überhaupt nicht zu dem selbstsicheren Bond, den er zuvor immer gespielt hat.
Schlimm ist auch der ständige Blofeld-Bond Schlagabtausch. Was in GF noch funktionierte
(und in TB schon kritisch war), will hier einfach nicht passen. Warum um alles in der Welt tötet Blofeld ihn nicht einfach zum Beispiel beim „Empfang“ in seinem Penthouse? Diese
Szene offenbart auf frappierende Art und Weise die Schwächen des Drehbuchs. Bond entscheidet spontan, dass er ja per Aufzug hoch zu Blofeld fahren könnte, wird von diesem empfangen und es folgt ein vollkommen bedeutungsloser, schlapper Dialog. Warum lässt Blofeld Bond am Ende auf die Plattform kommen? Was hatte sich Bond überhaupt dabei gedacht? „Ich schau mal vorbei und lasse mich töten aber vielleicht habe ich ja auch Glück? Es wäre ja auch zu leicht die Insel einfach direkt in die Luft zu jagen…“

Ein Detail aber doch fragwürdig, ist die Tatsache, dass Bond im Film fast die ganze Zeit Anzug und Smoking trägt, und damit ausnahmsweise vollkommen deplatziert in den Actionszenen wirkt. Man hat fast das Gefühl, Connery habe sowieso keine Lust gehabt sich dreckig zu machen also konnte er auch die Anzüge tragen.

Die Actionszenen im Film sind ein Graus. Die Verfolgung mit der Polizei und die vorausgehende Verfolgung auf dem Weltraum-Testgelände sind unfassbar langweilig und einfallslos inszeniert (Alle Verfolger Bonds zerlegen ihre Autos in der Wüste ohne Zutun von Bond!). Dass Bond sich überhaupt mit Polizisten in Las Vegas rumschlagen muss, ist unter seiner Würde und ärgerlich genug.
So ist auch der Showdown eine Ausgeburt von Langeweile. Wie oft gesagt, groß angelegte
Ballereien sind immer langweilig, aber das ganze auch noch auf einer vorhandenen Ölplatt- form spielen zu lassen ist einfach einfallslos, gemessen an dem was in vorherigen Filmen geboten wurde. Bei YOLT und OHMSS hatte man noch gewaltige eigene Sets gebaut.

Schlimm auch die langwierige Szene mit Tiffany, als man ihr die Diamanten geben will. Sie SOLL sie doch bekommen, warum also so kompliziert? Hier werden sechs Minuten verschenkt, ohne die geringste Spannung in der Inszenierung. Und dann dieses übliche "OK, wir sind in einem Kasino, was kann man hier alles machen"... es ist so offensichtlich und albern.
Überhaupt die Locations: Was soll man sagen, die USA sind nicht wirklich gut genug für
Bond, und Las Vegas ist - wie ich finde - unter Bonds Niveau. Dass der Film dann noch die ganze Zeit dort spielt ist einfach nur langweilig.

Der Film bietet aber auch positive Aspekte: Charles Gray als Blofeld ist anständig und verleiht der an sich dummen Rolle zumindest für eine bestimmte Zeit (bis er als Tunte aus dem Kasino flüchtet) eine gewisse Glaubwürdigkeit. Die Story an sich "Diamanten werden für Superwaffe gebraucht womit die Regierung erpresst werden soll" ist gar nicht übel. Sie wird hier nur langatmig erzählt. Der Schmuggel-Teil ist schlicht zu lang. Der Kampf gegen Peter Franks im Aufzug ist allerdings ein Höhepunkt. Vor allem wenn man sieht, wie die Szene von den echten Schauspielern gedreht wurde und durch wunderbare lange Einstellungen absolut nachvollziehbar gezeigt wird.

Inszenatorisch ist die erste Viertelstunde ein Hingucker. Wie hier das übliche M-Briefing mit einer Exposition vermischt wird, die Henchmen eingeführt werden, und die Story direkt ins Rollen gebracht wird ist schon gelungen. Allerdings fällt auch überdeutlich auf, wie man versucht hat, sich an GF zu orientieren. Leider hat man nur die Oberfläche kopiert, ohne zu verstehen, dass die Qualität des Vorbildes eben ganz woanders zu suchen ist. Grade die Schlagabtausche zwischen Bond und Bösewicht sind die Stärke von GF und eben die Schwäche von DAF. Dennoch, der Film ist anfangs sehr temporeich und raffiniert erzählt. Erst wenn die Action beginnt, geht’s dummerweise bergab.



Fazit:
Natürlich ist auch DAF noch ein akzeptabler Unterhaltungsfilm. Aber für einen Bondfilm - zumal die Rückkehr von Connery - ist der Film zu wenig. Erstmals war die Serie in einem
Kreativ-Tief angekommen. Es mag subjektives Empfinden sein aber es scheint, als gebe es in DAF auch zu viele Szenen ohne Bond, die dann aber auch leider nicht genutzt werden um
Blofeld als Gegenspieler aufzubauen.

P.S.:
DAF ist der am schwächsten synchronisierte Film der Serie. Die Bambi/Klopfer Szene ist der Höhepunkt der Nachlässigkeit. Was Bond hier an dummen und sexistischen Sprüchen in den Mund gelegt wird, die im Original überhaupt nicht da sind, ist schon jenseits von Gut und Böse
"It's been a long time - and finally, here we are"

Re: Bondfilm-Rezensionen - user: danielcc

9
Live And Let Die, 1973, Regie: Guy Hamilton

Ich glaube LALD war einer meiner ersten Bondfilme die ich als Kind im TV gesehen habe und vieles an dem Film hat meine Sicht auf Bond geprägt und ist mir bis heute in guter Erinnerung.

Schaut man alle Filme chronologisch, fallen Dinge auf, die man sonst nicht immer so vor Augen hat. So stellt LALD nämlich nicht einfach den Übergang zu den humorvollen Bondfilmen dar, sondern ist in erster Linie (nach YOLT und DAF) eine Rückkehr zur Ernsthaftigkeit und Bodenständigkeit der ersten beiden Connery Filme und für das liebe ich den Film.

LALD ist in gewisser Weise sehr nah an Dr. No – ähnlich wie auch der Roman. Die Handlung ist bodenständig und konsequent, und selbst Exotisches ist nicht albern oder frei erfunden, sondern fußt auf Realem. Außerdem stimmt über weite Strecken endlich wieder das Tempo und Timing. Die besten Szenen kommen nicht gleich zu Beginn sondern es gibt immer wie- der Neues zu entdecken.
Weitere Dinge erinnern noch an DN:

- die Drehorte sind exotisch und es ist genügend Zeit, die Atmosphäre der Drehorte einzu- fangen. Das Voodoo und Tarot Thema mag nicht jedermanns Sache sein, doch fügt es dem Film etwas Exotisches und Geheimnisvolles bei. "The major ingredient of any recipe for fear is the unknown" und entsprechend sind einige der Voodoo Szenen (allemal damals 1973) wirklich spannend und furchteinflößend. Als schöne Ergänzung zur Karibik können hier auch die US Amerikanischen Locations durch Stimmung überzeugen.
- ebenso wie in DN werden hier auch weniger elegante aber dafür realistische Drehorte gezeigt, wie die Hinterhöfe in Harlem. Solche Details sorgen dafür, dass man hier wirklich das Gefühl bekommt, dass Bond auf unsicherem Terrain unterwegs ist und wir uns Sorgen um ihn machen müssen.
- Bond ist wieder auf sich allein gestellt, es gibt keine Horde von Ninjas oder Marines. Bond ist allein und das macht alles viel ernster und dramatischer, umso mehr als dass auch die
Drehorte, wie beschrieben, den Eindruck verstärken. Ein Grund, warum sich heutzutage das
alte „Bondfeeling“ nicht mehr leicht einstellen lässt, ist die Tatsache, dass man nirgends auf der Welt wirklich allein oder auf sich gestellt ist. Handys, Internet, und jeder kann sich Fern-
reisen erlauben…
- Quarrel Jr. und seine Rolle ist ein direkter Bezug zu DN
- einzelne Szenen zitieren förmlich Dr. No wie etwa der Angriff der Schlange sehr nah an dem der Spinne in DN ist, so auch die Ankunft am Flughafen mit anschließender Chauffeurs-
Fahrt mit Zwischenfällen.

Natürlich ist Roger Moore ein ganz anderer Typ und entsprechend seinem Typ wurde das Drehbuch verfasst. Moore scheint jede Situation heiter zu kommentieren, doch dies ändert nichts daran, dass er knallhart sein kann und die Situation in die er gerät in diesem Film allemal ernster sind als in Connerys letzten beiden Filmen. Moore feiert hier einen guten Ein- stand als Bond, wobei er von allen Darstellern die schwächste – weil gewöhnlichste – Einführung hat. Der Film insgesamt ist aber besser als seine Performance. An Stellen steht er recht steif rum oder überlässt seinen Augenbrauen weitestgehend das Feld. Dennoch ist er gut und bringt eben die Tugenden von Flemings Bond zu Tage, die Connery fehlten: Stil, Eleganz und eine überzeugende britische Kultiviertheit (Er brachte sogar seinen eigenen Schneider mit während Connery erst von Young in diese Welt eingeführt werden musste).

Es gibt noch mehr Positives an dem Film. Japhet Kotto halte ich für einen der besten Darsteller in der Reihe der Bösewichte auch wenn seine Rolle nicht die Beste sein mag. Die einzelne Szene mit ihm und Solitaire, nachdem sie bei seinem Test versagt hat, ist eine der dramatischsten und bedrohlichsten Szenen der ganzen Serie. Er liebt sie, Bond hat sie nur zu seinem Vergnügen in große Schwierigkeiten gebracht, und jetzt muss sie es ausbaden - brillant gespielt. Kottos Leistung wird sicher deswegen weniger gewürdigt, da die eigentliche Story und der Plan seines Bösewicht-Charakters, nämlich der Drogenhandel, nicht wirklich bedrohlich und eigentlich kein Thema für einen Britischen Agenten ist (doch im Audiokommentar wird auch schön erklärt, dass dies Absicht ist und die Story eigentlich nur ein Vorwand für die Episoden, Actionszenen und Bonds Kampf gegen einen Bösewicht). Sein Ab- gang wirkt heute eher unfreiwillig komisch.

Jane Seymour hat nicht nur eine herausragende Rolle in der Menge der Bondgirls, sie fühlt diese auch aus und ist somit eben bis zum Ende mehr als nur eine Honey Rider. Es ist kein Zufall, dass sie bis heute die erfolgreichste aller ehemaligen Bondgirls ist.

Weiterhin halte ich den Soundtrack für bemerkenswert. Klar, er unterscheidet sich von Barrys Arbeit aber das ist hier mal nicht negativ. Schon das Bondthema hat hier passender Weise mehr Jazz, und den ganzen Film über verlässt sich George Martin an den passenden Stellen auf das Bondthema und Variationen des herrlichen Titeltracks. Oft läuft der während der Actionszenen zunächst gar keine Musik – für Bondverhältnisse sehr innovativ und stimmungsvoll. Schlicht genial, wie Bond zum live gesungenen Titelsong im Fillet of Soul in den Boden abgelassen wird. LALD ist nach YOLT und DAF der Film, der Musik nicht einsetzt um schwache Passagen zu überspielen, sondern Musik bewusst auch zur Unterstützung der Dramaturgie. Bestes Beispiel hierfür ist die bereits erwähnte Kananga-Solitaire Szene.

Darüber hinaus hat der Film gute Ideen, angefangen von Ms Besuch in Bonds Wohnung, über die Ermordung seines Fahrers in New York bis hin zum Krokodil Stunt. Die Abwesenheit von Q sorgt dafür, dass man von einzelnen Gadgets noch überrascht wird. Oder aber Bond verlässt sich wieder häufiger auf seinen Intellekt und spontane Eingebungen anstatt auf Gadgets. Eine Agentin als Verräterin war neu, ihr brutales Ende überraschend. Man hat bei LALD erstmals wieder das Gefühl, dass die Macher nicht gefragt haben, wie sie etwas bereits gezeigtes kopieren oder steigern können, sondern dass sie bewusst die Abwechslung und das Neue gesucht haben. Erstaunlich ist hier, dass auch Kameramann Ted Moore, der seit DN an Bord war, dem Film eine weitgehend eigene Optik verschafft hat. Der Film sieht deutlich anders aus als die Vorgänger.

Doch natürlich hat der Film auch seine Schwächen, so erscheint der gesamte Film gut 10-15
Minuten zu lang, hätte noch gradliniger und stringenter sein können, maßgeblich hierfür sind die beiden Actionszenen am Flughafen und vor allem die Bootsszene mit Pepper. Charaktere wie ihn und die Beifahrerin am Flughafen hätte man sich sparen können, kamen aber sicherlich damals gut an. Genau diese beiden Szenen sind es, an denen der Film aus dem eigentlich bodenständigen Rahmen fällt. Auch zeigt eine Analyse der Flughafenszene, was hier falsch läuft unter dramaturgischen Gesichtspunkten: Ich bin der Überzeugung, dass eine Actionszene zum einen in ihrer Entstehung begründet sein muss, sie aber auch gleichzeitig durch ihren Ausgang gerechtfertigt sein muss. Soll heißen, man muss sich am Ende immer fragen können, inwiefern hat die Szene Bond weitergebracht. Die Flughafenszene ist eine pure Materialschlacht, die Bond am Ende praktisch nicht vorangebracht hat. (Das vielleicht negative Paradebeispiel in dieser Hinsicht ist die Autoverfolgung in DAD!). Auch ihre Entstehung ist fragwürdig: warum stellt sich Solitaire so plötzlich gegen Bond, ohne dass das scheinbar einen Einfluss auf seine Meinung von ihr hat?

Zudem wirkt der Film aufgrund des 1,66:1 Formats teilweise ein wenig zu sehr nach TV. Warum man wieder zu dem Format zurückkehrte ist unverständlich.


Fazit:
LALD ist ein toller Auftakt für Moore gewesen, ein Film der durch Atmosphäre überzeugt und in sich stimmig ist. Abwandlungen von der schon damals etablierten Bondformel stärken die
Qualität des Films und so erinnert er wieder ein wenig an die ersten beiden Streifen der Serie.

Der große Erfolg des Films spricht für sich und die Langlebigkeit von Moore in der Rolle spricht für ihn auch wenn keiner seiner folgenden Filme eine so dichte Atmosphäre haben sollte.
"It's been a long time - and finally, here we are"

Re: Bondfilm-Rezensionen - user: danielcc

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The Man With The Golden Gun, 1974, Regie: Guy Hamilton

Zunächst das Gute vorweg: Im englischen Original ist Goodnight nicht ganz so peinlich wie auf Deutsch aber es reicht immer noch. Die Rolle jedoch ist schlicht eine Zumutung. Es kann doch bitte nicht sein, dass Bonds Kontaktfrau so unfähig ist, nur Dummes tut, dabei noch patzige Sätze von sich gibt. Wäre ich Bond gewesen, ich hätte sie am Ende in den Solar- Strahl geworfen!

A propos Bondgirls: Maud Adams finde ich nicht sonderlich attraktiv aber sie spielt gut. Dass ausgerechnet sie zwei Mal Bondgirl war, muss aber andere Gründe haben...

Aber von vorne. TMWTGG halte ich sicher für einen der schwächsten Bondfilme. Dies zu begründen ist aber gar nicht so einfach. Oberflächlich könnte man ja sagen, es wird alles geboten, was man verlangen kann: Stunts, Action, Frauen, eine Casinoszene, Humor... doch bei TMWTGG zeigt sich irgendwie erstmals richtig deutlich, dass einen guten Bondfilm mehr auszeichnet, als die Summe seiner Einzelteile - und eben diese Gleichung geht bei TMWTGG gar nicht auf.
Dem Film fehlt zunächst mal eine wirklich akute Bedrohung. Klar, stellte die Ölkrise damals einen aktuellen Hintergrund dar, doch ein solches Thema ist zu vielschichtig und umfang- reich als dass man es einfach in einem Film behandeln könnte. Ein wichtiges Kriterium ist immer (besonders bei Bondfilmen), ob die eigentliche Bedrohung am Ende durch Bonds ein- greifen „behoben“ wird. Dies konnte natürlich bei TMWTGG überhaupt nicht gegeben sein, wenn der Film sich auf die Ölkrise beschränkt hätte. Daher hat man das Solex als MacGuffin eingebaut, der aber nicht wirklich zieht.

Also gibt es noch die persönliche Bedrohung für Bond durch Scaramanga, der eigentliche Aufhänger der Geschichte. Doch haben wir jemals Angst um Bond? Wohl kaum. Als wir dann noch erfahren, dass es Scaramanga gar nicht auf ihn abgesehen hat (sondern Ms. Anders ihm die goldene Kugel hat zukommen lassen), ist die Luft sowieso raus. Später sagt Scaramanga Bond sogar, dass er „persönlich nichts gegen ihn habe“ – sozusagen das Todesurteil für jede Spannung in einem Films, der auf die Konfrontation von Protagonist und Antagonist setzen will.

Das ganze Dilemma des Films zeigt sich schon in der PTS. Hier eine Kopie der FRWL PTS, die aber überhaupt nicht funktioniert. Wie wir festgestellt haben, erfüllte eine gute Pre Title Szene mehrere Zwecke. Fast immer wird der Ton des Films vorweggenommen und ein wesentliches Storyelement eingeführt, bestenfalls die akute Bedrohung eingeleitet. Nichts da- von passiert hier. Bond taucht nicht auf, soll das bedeuten, Scaramanga spielt die Hauptrolle? So wie er eingeführt wird, soll man wohl Angst um Bond bekommen, doch daran mangelt es wie gesagt im kompletten Film. Überhaupt, Lee ist sicher ein großer Schauspieler, aber er ist auch so sehr Gentleman im Film, dass er als Bedrohung nicht wirklich ausreicht. Nach unzähligen charmant-geistreichen Dialog-Geplänkeln der beiden nimmt man das Gentleman Duell am Ende ohnehin nicht mehr ernst. Wenn man einen persönlichen Bondfilm machen will, dann doch bitte richtig und konsequent. CR zeigt wie eine „Mano a Mano“ Konfrontation bei Bond besser geht, auch wenn einige Dialoge in TMWTGG zwischen Scaramanga und Bond durchaus gut sind und Potenzial bieten würden für einige Flemingsche Verweise (auf Bonds Job, sein Gewissen…)

Leider wirkt der Film stellenweise wie eine uninspirierte Aneinanderreihung von Episoden. Einige langweilig, andere geklaut, andere zu unglaubwürdig. Warum direkt nach LALD wie- der eine Bootverfolgung? Warum direkt wieder J.W. Pepper? Das ist doch arg populistisch und zu kurz gedacht von den Produzenten. Auch nicht unbedingt positiv ist die Tatsache, dass es fast eine Stunde dauert, bis mir der Kampfsportschule die erste richtige Actionszene kommt. Zwischen den weit verstreuten Actionszenen langweilen viele Szenen einfach, wie die mit Goodnight und Mrs. Anders im Hotel, Mrs. Anders und Scaramanga oder die Scaramanga und Hai Fat Unterhaltungen. Alles dauert sehr lange, ohne dass es der Charak- terzeichnung wirklich dient. Ohnehin dient der Hai Fat Charakter nur dem ungewollten Zweck, dass Scaramanga eher wie ein Henchman wirkt als wie der Bösewicht. Warum tötet er Hai Fat? Um auf einmal ins Business einzusteigen, obwohl er doch als der geniale Pistolenschütze eingeführt wird? Wo ist da die Charakter-Konsistenz?

All die Probleme die der Film hat liegen schon darin begründet, dass die Romanvorlage die schwächste ist, und man sich nicht genug davon emanzipiert hat.

Auch der Einfluss von anderen Filmgenres (Eastern) ist überdeutlich und unnötig, da man Martial Arts eigentlich schon viel frühzeitiger in YOLT eingebaut hatte. Mehr als zuvor merkt man auch, wie die Produzenten mehr Wert auf spektakuläre Attraktionen als auf eine packende Story gelegt haben. So baute man den berühmten Autostunt ein, nur weil man davon gehört hatte, nicht weil er dramaturgisch gerechtfertigt war. Gleiches gilt für den Besuch beim Thaiboxen (siehe Sumo bei YOLT).

Was die Locations angeht, mag es albern klingen aber ich mag es nicht sonderlich wenn Bond in Asien ist und hier wird es wirklich auf die Spitze getrieben. Mir fehlt die Abwechslung, mir fehlt ein Kontrast im Film aber das ist Geschmackssache.

Ein Dorn im Auge ist für mich jedes mal wieder Moores Unsportlichkeit, die sich in vielen Actionszenen zeigt. Dass er als Bond dann in einer Kampfszene gleich passiv daneben steht, während zwei Mädchen die Bösewichte verprügeln ist aber auch wieder peinlich. Übrigens ein Höhepunkt der Schwachsinnigkeit im Film: zunächst wird Bond merkwürdigerweise von Lieutenant Hip in der Karateschule gefunden, seine Nichten dürfen kurz kämpfen nur um Bond drei Minuten später alleine zurückgelassen?


Fazit:
TMWTGG wirkt wie ein Spaziergang im Park für 007, während doch eigentlich das Duell mit dem besten Auftragskiller der Welt das Gegenteil sein sollte. Er ist nie ernsthaft in Gefahr.
Dafür sind viele Szenen viel zu unglaubwürdig und albern. Es gibt keine auf den Punkt gebrachte Bedrohung und leider keine Motivation für das Handeln der Hauptfiguren, und so ist die gesamte Erzählung zwangsläufig schwach.
"It's been a long time - and finally, here we are"

Re: Bondfilm-Rezensionen - user: danielcc

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The Spy Who Loved Me, 1977, Regie: Lewis Gilbert

Zeigte TMWTGG noch, wie viele Einzelteile nicht zu einem ganzen zusammenpassen können, so beweist TSWLM eben genau das Gegenteil, nämlich den optimalen Fall, wo das ganze (noch) mehr ist als die Summe der Einzelteile.

Es gibt 2 verschiedene Vorstellungen von einem guten Bondfilm: die bodenständigen, realistischen Spionagegeschichten (DN, FRWL...) oder eben die großen, epischen Fantasiespektakel (YOLT, TSWLM...) und für viele Fans scheinen dies sich gegenseitig auszuschließende "Glaubensrichtungen" zu sein. Ich schätze mich glücklich, dass mir schon immer beide Varianten gefallen haben, so lange sie in sich schlüssig sind.
Dennoch habe ich jedoch schon oft festgestellt, dass ich Filme wie DN eher alleine gucken kann/möchte/muss, während Filme wie TSWLM auch heute noch jederzeit auf Gegenliebe
im Familien- und Freundeskreis stoßen.
Wie auch immer, TSWLM ist als Film so perfekt unterhaltsam, dass er das Potenzial hat, Fans beider Richtungen zu vereinen.

Zum Film selbst:

Die Story ist eine würdige Bondstory! Es gibt den größenwahnsinnigen Bösewicht, der die Welt verändern will, und gleichzeitig sind Spionageaspekte hier deutlicher als zuletzt. Zudem gibt es eine persönliche Komponente durch den Tod von Anjas Freund. Das wirklich Großartige hierbei ist aber wie schon in der PTS alle diese Fäden gesponnen werden. In den sieben Minuten der PTS werden die Story und damit die gewaltige Bedrohung in Gang gebracht, es wird die persönliche Komponente eingeführt und wir erleben eine bahnbrechende Actionsequenz, die mit einem wirklichen Höhepunkt endet und in die Titles überleitet. Ich behaupte, dass es keine vergleichbar perfekte PTS bei Bond gibt! Sehr schön auch, wie nach der PTS aus der Szene mit Gogol und Tripple X zu Bond übergeblendet wird - "Es ist mein Wunsch, den Mann kennen zu lernen, der für seinen Tod verantwortlich ist…" – Auftritt Bond.

Wie immer gilt, dass die PTS den Ton für den Gesamtfilm bestimmt und dieser ist hier zu- nächst ernst und erst in zweiter Linie heiter. So muss es sein, erst vor dem Hintergrund einer ernsten Bedrohung und dramatischen Szenerie, weiß man den befreienden Bond-Humor zu schätzen. Darüber hinaus zeigt sich schon hier, dass der Film aufwendig und fantasievoll wird - in großartigen Bildern erzähltes Actionkino.

Im weiteren Verlauf fällt positiv auf, wie schön die vielen Elemente, die einen Bondfilm aus- machen, hier zusammenspielen. Es gibt zwar ein Haupt-Bondgirl (und zudem ein wunder- schönes und starkes) doch es gibt auch jede Menge hübscher Frauen in Nebenrollen. Es gibt beeindruckende Locations, die auch würdig in Szene gesetzt werden (und nicht für nur Bruchteile einer Sekunde verschenkt werden) mit einer der wohl besten Kameraarbeiten der Serie. Es wird viel gereist aber auch im richtigen Tempo. Schön auch, wie die Actionszenen hier ineinander greifen und zudem die Handlung vorantreiben (Beispiel: die Autoverfolgung mit anschließender Entdeckungstour unter Wasser).

Ken Adam und sein Team haben ganze Arbeit geleistet. Die Sets sind beeindruckend und mehr als bspw. in YOLT (Vulkan) oder TB (Besprechungssaal beim MI6) finde ich, rechtfertigt deren Anteil am Film auch den Aufwand. Ein kleiner Höhepunkt ist für mich übrigens die Szene in (und das Set von) Max Kalbas Club. Sehr hübsch anzusehen und mit brillantem Dialog aufgewertet. Die Szene zwischen Bond und Tripple X hier ist selten für die Moore Filme und erinnert auch wieder an die persönliche Komponente, die der Film hat.

Oft wird Stromberg als zu passiv kritisiert. Ich empfinde ihn aber als genau richtig. Hier gilt es zu berücksichtigen, dass es ja als starken Henchman den Beißer gibt, so dass sich Jürgens ganz auf das Charakterspiel konzentrieren kann. Er spielt seine Rolle majestätisch, genauso wie Stromberg angelegt ist. Natürlich kann man streiten, ob sein Tod am Ende angemessen ist. Hier stellt sich wie immer die Frage, wie man einen solchen „Larger than life“ Bösewicht am Ende würdig zur Strecke bringen kann.

Überhaupt fällt auf, dass der Film (wie eigentlich immer) gegen Ende etwas abflacht, bzw. in zu viel Action ausartet. Schließlich beginnt mit Bonds Ankunft auf dem U-Boot praktisch eine sehr lange Actionszene. Doch da der Film bis dahin sehr viel geboten hat, und auch heute noch diese Actionszenen gut wirken, sei dies verziehen. Schön finde ich, dass auf die Massen-Actionszene in der Liparus eben doch noch eine "Bond auf sich allein gestellt"-Szene folgt, in der er Tripple X befreit und es mit dem Beißer zu tun bekommt. Hier hat Gilbert eindeutig aus dem schwachen YOLT Finale gelernt.

Gilberts Regie weiß in vielen Details zu gefallen, vor allem in denen er die Stimmung der Locations einfängt und dramatische Momente durch Kamera und Musik betont. Beispielhaft seien genannt die Aufnahmen von Bond in den Straßen Kairos wenn er Fekkesh aufsucht, die gesamten Gizeh Szenen, die Wüstenszene, Bonds Ankunft in der ägyptischen MI6 Zentrale gefilmt aus einer sehr hohen Position oder der Tod von Kalba in der Telefonzelle mit lauter werdender Musik. TSWLM unterscheidet sich hier recht stark von den Vorgängern und besonders von den Glen Filmen, die doch oft sehr bieder inszeniert sind.

Viele Einzelszenen sind ein Genuss, etwa der Kampf gegen Beißer im Zug. Klar, hier werden Erinnerungen geweckt, doch immerhin agiert hier Moore mal ohne Stuntman und das trägt zur Klasse der Szene bei. Überhaupt stellt der Beißer im Film eine heftige Bedrohung dar (ich erinnere mich, dass ich als Kind wirklich Angst vor ihm hatte, speziell wie er in der wunderschönen Pyramiden Szene eingeführt wird.) Gut, dass die ernste Action später durch Bonds Humor aufgelockert wird (die unvergesslich Szene im Lieferwagen mit Bond und Tripple X oder die Szene mit Sandor auf dem Dach). So funktioniert es richtig: Erst wenn das Publikum in die ernste Story involviert ist und eine wirkliche Bedrohung empfindet, kann man mit Humor gegensteuern. Wenn aber wie in TMWTGG der Humor von Anfang an da ist, dann kann man die Action und die Bedrohung nicht mehr ernst nehmen. Dennoch ist grade der Beißer im späteren Verlauf schon ein wenig zu sehr Witzfigur.

Nur an wenigen Stellen entgleitet der Film seiner Klasse (falsche Versuche mit witziger Musik in der Wüste...), ist unlogisch oder einige Ideen werden angerissen aber nicht weiter verfolgt (Stromberg hat Schwimmhäute an den Händen und meidet daher das Händeschütteln). Ein kleiner Exkurs zur Logik: Hier wird ein ziemlich mieser Story-Trick benutzt: Der unbekannte Allwissende! Bond erfährt also einfach im Zelt in der Wüste von einem alten Bekannten, wer das Ortungssystem anbietet? Und obwohl dieser ihm direkt den Namen von Max Kalba gibt, soll Bond dem Umweg über Fekkesh machen? Warum? Klar, nur damit der Beißer eingeführt werden kann und es so wirkt als ermittele Bond.

Doch insgesamt stimmt das Verhältnis aus Humor, Action und Ernsthaftigkeit hier besser denn je.

Fazit.
Moore bezeichnet TSWLM zu Recht als seinen besten Bondfilm (und LALD auch zu Recht wie ich finde als seinen Zweitliebsten). Vielleicht hätte er nur jeden zweiten seiner Filme machen sollen …
"It's been a long time - and finally, here we are"

Re: Bondfilm-Rezensionen - user: danielcc

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Moonraker, 1979, Regie: Lewis Gilbert

Wie soll man anfangen?

MR ist sicher zusammen mit DAD der Film, der am meisten negative Kritik abbekommt - Be- rechtigt?

Zunächst mal ist klar und offensichtlich, dass MR dort weitermacht wo TSWLM aufhörte, bzw. MR ist praktisch eine Kopie der TSWLM Story übertragen ins Weltall. Auch versucht der Film das zu kopieren, was bei TSWLM funktionierte. Doch wieder mal wollten die Produzenten zu viel von allem und wieder mal schienen sie eine Story um die vorhandenen Spektakel-Szenen herumzuschreiben anstatt mit einer guten Story anzufangen...

Dennoch, ich finde es schade, wenn der Film von vielen einfach abgelehnt wird als der "Weltraum-Bond", denn erstens sind die Szenen nur ca. 20 Minuten im Film und zweitens sind grade diese Szenen brillant inszeniert. Eine Brillanz die der Rest des Films teilweise vermissen lässt.

Doch der Reihe nach: Der Film beginnt ähnlich wie TSWLM mit einer sehr guten Pre Title Sequenz, die zum einen die Story und Bedrohung klar macht (Space Shuttle wird gestohlen) und zum anderen eine großartige Stunt Sequenz zeigt (vermutlich der beste Stunt der ganzen Reihe).

Was folgt ist der klassische Bond-Ablauf: Missions Briefing durch M, Gadgets durch Q, Treffen des Bösewichts, exotische Locations, Bondgirl... alles ist da, und ich möchte betonen, die Art wie Bond hier ermittelt und was er herausfindet, wie ein Teil zum nächsten führt, ist durchaus gelungen (sehr spannend die spätere Szene mit Bond im Venedig Labor). Darüber hinaus sind die Locations hier schlicht brillant. So viele unterschiedliche Länder, teilweise verschiedenste Drehorte zusammen komponiert für einzelne Szenen, das ist schon bemerkenswert. Umso mehr, wenn man weiß, dass der Film als englisch-französische Koproduktion in unterschiedlichsten Studios entstanden ist. Doch auch das ist bemerkenswert, denn wohl selten war der Anteil von Außenaufnahmen und Innenaufnahmen in realen Locations so hoch. Insgesamt ist der Film ein Triumph Ken Adams und Derek Meddings (doch zu dessen Arbeit später mehr) – doch gleichzeitig der Beweis dafür, dass deren Arbeit allein keinen guten Bondfilm machen.

Was kann man dem Film also in den ersten 100 Minuten vorwerfen? Es ist wohl das komische Gefühl, dass nicht alles was man sieht frisch und neu ist und anderes oft einfach zu absurd ist:

- dass in einem Film - kurz nach LALD und TMWTGG - gleich zwei Bootsverfolgungen vor- kommen ist schon bedenklich. Warum nicht eine streichen? Noch schlimmer ist die absurde Inszenierung des Angriffs auf Bond durch einen Killer im Sarg.
- warum muss Bond ausgerechnet in die Zentrifuge steigen? Klar, damit es wieder eine spektakuläre Szene gibt, die man unterbringen wollte... (auch die Manipulation vom Kendo-
Mann erinnert uns an Szenen aus TB mit Connery auf der Streckbank)
- dass ausgerechnet der Beißer zurückkommen muss, obwohl der doch ein nettes Ende in TSWLM hatte? Überhaupt prügelt sich Moore hier zu oft mit ihm (und es wird wirklich albern wenn der plötzlich überall aus Metall zu bestehen scheint)
- warum muss Moore an einer Stelle ins Wasser gestoßen werden, um mit einer Schlange zu kämpfen? Die gleiche Vorrichtung gab’s auch schon bei YOLT... Außerdem, wenn Drax ihn
hätte töten wollen, warum nimmt er davon danach Abstand? Gleiches gilt für die absurde
Krankenwagen-Szene die vollkommen nutzlos ist, unlogisch und überflüssig.

Dem gegenüber ist der Kampf gegen den Kendo-Mann toll, und die Art wie hier die Requisiten „einbezogen“ werden (sprich: zerstört) macht einfach jede Menge Spaß. Wie gesagt, man hätte sich an anderer Stelle stärker beschränken sollen und der Film hätte profitiert.

Das Skript ist an vielen Stellen recht gut. Viele Oneliner sitzen gut. Sogar zu geistreichen Dialogen reicht es. Aber es wird hier auch klar, dass Bond zu häufig Sprüche nur für sich selbst (oder eben fürs Publikum) klopft und nicht weil sie Sinn machen. Das Verhältnis Bond- Holly ist nett geschrieben und Drax ist einfach ein sau-cooler Bösewicht, der sich durch nichts aus der Ruhe bringen lässt. Die Szene in der Bond, M und der Verteidigungsminister in sein "Labor" mit Masken eindringen ist ein Klassiker („Ich werde den britischen Humor wohl nie ganz verstehen“). Auch die Szene, in der Bond das erste Mal ins Labor eindringt ist absolut spannend ein Highlight der Serie.

Auch zu erwähnen ist die weibliche "Ausstattung" des Films, denn wie bei den Moore Bonds mehr und mehr üblich sind auch diverse Nebenrollen sehr hübsch besetzt.

Dies alles gilt für gut zwei Drittel des Films. Dann kommt das, was scheinbar für einige gar nicht in einem Bondfilm geht, nämlich die Reise ins Weltall. Ich sage, gebt den Szenen eine Chance! Klar, wer so etwas bei Bond grundsätzlich ablehnt, wird seine Meinung nicht ändern. Doch die Inszenierung der gesamten Szene ist wirklich brillant! Zunächst mal ist vieles eben nicht so wie in billiger Science Fiction nach dem Motto "was interessiert uns die Wissenschaft". Zum anderen ist die Arbeit von Ken Adam und Derrek Meddings wunderbar. Ich halte die gesamten Weltraumszenen (mit Modellen, realen Stunts...) für absolut großartiges Handwerk der pre-CGI Zeit. Ich möchte auch behaupten, dass es noch 30 Jahre später in Filmen schlechtere Weltraumszenen gab und gibt, und der Film auch heute noch mit seinen Schauwerten eine gute Figur im Kino machen würde (weitestgehend zumindest). Klar, die Laserwaffen sind albern aber andererseits haben die Bondfilme funktionierende Laser schon 25 Jahre vorher eingeführt und auch TMWTGG schießt ja im Grunde mit einer. So what?

Ich bleibe dabei: Auch nachdem es ins Weltall geht, zerfällt MR nicht so wie DAD. Der Film bleibt sich treu und der Gang ins All ist die logische Konsequenz der Entwicklung und des Themas im Film. Der Film ist also in Summe „konsistent“, wenn er auch die Glaubwürdigkeit sehr strapaziert.
Interessant ist, dass MR eigentlich schon vor der Weltraum Sequenz hätte enden können, nämlich in Draxs herrlicher Kontrollstation in Brasilien. Dann hätten wir praktisch das gleiche Ende wie bei YOLT und TSWLM gehabt! Ich sehe die Weltraum Szenen daher als netten (und konsequenten) Bonus.

Fazit:
In Summe halte ich MR für einen ordentlichen Unterhaltungsfilm, der vielfach etwas zu un- recht total verrissen wird. Die ersten zwei Drittel des Films sind wirklich gutes Material, wobei
auch da aber mehr noch zuvor schon auffällig ist, dass fehlende Kreativität mit spektakulären
Schauwerten zu ersetzen versucht wurde. Das Problem des Films ist eher das „zu wenig“ an neuen Ideen als das „zu viel“ an Science Fiction.
"It's been a long time - and finally, here we are"

Re: Bondfilm-Rezensionen - user: danielcc

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For Your Eyes Only, 1981, Regie: John Glen

Willkommen in den 80ern und damit in der John Glen Ära. Ein Film an dem sich wieder die Geister - oder die beiden "Bond Glaubensrichtungen" - scheiden. Wer auf seriöse, boden- ständige Bondfilme steht, der wird sich theoretisch eher leicht mit FYEO tun. Nun, ich mag eigentlich beide Richtungen der Bondfilme (spektakuläre Fantasie Märchen wie TSWLM oder eben die Bodenständigen wie die ersten beiden Filme aus den 60ern). Doch ich muss zugeben, dass ich schon immer meine Probleme mit FYEO hatte. Warum?

Schaue ich alle Filme bewusst chronologisch, so mache ich mir als Fan viele Gedanken da- rüber, was für mich selbst ein guter Bondfilm ist und was für an manchen Filmen funktioniert und was nicht an anderen. Für mich ist FYEO kein schlechter Film, bestimmt nicht, aber er ist für mich auch kein guter Bondfilm. Das schlimmste was ich sagen kann, ist das mir der Film irgendwie gleichgültig ist und ich ihn ungern sehe. Es gibt Filme wie DN oder GF, die ich immer wieder alleine gucken kann und begeistert in die Bondwelt von damals eintauche. Es gibt andere Filme wie TSWLM oder TND, die ich immer wieder mit Freunden gucken kann, weil sie uns gut unterhalten. FYEO taucht weder für das eine noch das andere so richtig.

Zunächst aber halten wir fest, dass die Situation 1981 eine sehr ähnliche gewesen sein muss, wie 2003 nach DAD. Man hatte grade einen super erfolgreichen Film abgeliefert und dennoch war man unzufrieden über die Richtung, die die Serie genommen hatte. So entschied man sich für den (bis CR) wohl mutigsten Wandel. Ein total bodenständiger, realistischer Film sollte her, keine Fantasie-Elemente, keine Gadgets, keine dummen Nebenrollen, dazu praktisch keine Miniaturarbeit oder sonstige optischen Effekte sondern viel handgemachte Stunts.

Dieses Vorhaben wurde in der Tat sehr konsequent umgesetzt und Roger Moore darf in manchen Szenen eine ungewohnte Härte aber auch Tiefe zeigen, die dem Film gut tut.

Ein großes Kompliment gilt hier dem Stunt-Team. Drei beeindruckende Sequenzen markieren für mich den Film:

- die anfängliche Autoverfolgung erstmals von Remy Julienne, die wahrscheinlich die beste
Autoverfolgung in der ganzen Bondreihe ist
- die mittlere Ski-Sequenz im Schnee und im Eiskanal, meisterhaft inszeniert von Willi Bogner. Ebenfalls die wohl beste Ski-Arbeit der Bondfilme (hier hatte man endlich mal gelernt, dass wir keine albernen Rückprojektions-Close Ups in solchen Szenen brauchen)
- die finale, atemberaubende Kletterpartie zum Kloster hoch. Hier gebe ich gerne zu, dass ich die Szene auch heute noch für extrem spannend halte (wie es sich gehört: keine Musik!)

Was ist also weniger gut am Film? Zunächst halte ich (selbst bei Bondfilmen) die Story für wichtig. Es muss zumindest eine klar erkennbare Bedrohung geben, die den Einsatz des Protagonisten rechtfertigt. Diese gibt es hier nicht! Stattdessen muss ein Macguffin herhalten (das ATAC) und dies funktioniert genauso wenig wie das Solex in TMWTGG. Nun könnte man sagen, dass war ja bei FRWL nicht anders, ist eben eine Spionage Geschichte. Ja aber dort gibt es doch die Bedrohung durch Spectre, die immer wieder auftauchen und im Hintergrund die Fäden ziehen. Die Art wie Spectre dort die Geheimdienste gegenseitig ausspielt stellt eine spannende Dimension dar, die FYEO vollkommen fehlt. Was bleibt, ist eine Story, um einen technischen Kasten. In der Tat ist die fehlende Bedrohung im Zusammenhang mit dem schlechtesten Bösewicht aller Bondfilme ein wesentlicher Kritikpunkt. Dies zeigt sich schon in der falsch konzipierten PTS, denn die Blofeld Episode passt weder stilistisch zum restlichen Film noch inhaltlich und stellt damit die wohl schlechteste Vortitelsequenz der Serie dar.

Es fällt auch auf, dass gute Bondfilme praktisch immer Szenen haben, in denen sie dem Bösewicht Platz einräumen um seinen Plan zu erörtern oder einfach um ihm Profil zu geben. Auch dies fehlt hier und lässt diesen flach und sehr blass erscheinen. Und obwohl Glover vermutlich der am besten beschäftigte Darsteller aus allen Bondfilmen ist, ist auch sein Schauspiel hier teilweise sehr schwach! Zudem erfährt man erst sehr spät, wer der Bösewicht ist, was nicht zwangsläufig schlecht ist aber es fehlt dann doch irgendwie lange Zeit ein
Gegenspieler – nein, eine Bedrohung.

Nicht genug damit, dass das ATAC ein recht schwacher Aufhänger für den Film ist, leider geht es dann über weite Strecken des Films um ganz andere Sachen, nämlich Melinas Rache, und die Columbo-Kristatos Geschichte. Was heute QOS oft vorgeworfen wird, trifft viel- mehr auf FYEO zu: Es ist eine Rache- und Rivalitäts-Story, in der Bond eigentlich deplatziert ist. So wird ja beispielsweise eine sehr lange Sequenz (der Angriff auf Kristatos Hafenlager) praktisch ohne Relevanz für die Story gezeigt.

Auch andere Szenen ziehen sich doch arg in die Länge, etwa der Versuch Kristatos, Bond und Melina im Meer zu töten (vermutlich der dümmste aller solcher Versuche in einem Bondfilm – auch wenn er aus Flemings Romanen stammt!) oder die Unterwasser Szene in der das ATAC geholt wird.

Über weite Strecken des Films stellt sich bei mir überhaupt kein - und ich meide das Wort üblicherweise – „Bondfeeling“ ein. Man hat einfach lange das Gefühl, hier gehe es um "Onkel Roger", der es im Urlaub am Mittelmeer mit ein paar Vorabend-Serien Bösewichten auf- nimmt. Der Film wirkt einfach zu "privat". Die Bibi Rolle trägt ebenfalls dazu bei. Irgendwie fehlt auch der England- und „M“-Bezug, und Bonds Verhältnis sowohl zu Bibi als auch zu Melina wirkt ebenfalls onkelhaft hier und wenig erotisch. In vielen Szenen wirkt Moore deplatziert und beschränkt sich auf peinliches Augenrollen. Vielleicht waren im die ständigen Aus einandersetzungen mit Bibi aber auch wirklich peinlich...

In gewisser Weise fehlt dem Film die Inspiration. Ken Adam hatte mit MR seine letzte Bond- Arbeit abgeliefert. Ob dies nun allein ausschlaggebend ist, weiß ich nicht. Aber ich möchte doch feststellen, dass ich bei allen John Glen Filmen dieses Gefühlt hatte! Keiner seiner fünf Filme erscheint mir sonderlich innovativ, spektakulär, wegweisend. Warum ausgerechnet John Glen fünf Mal Regie führen durfte, und man genau bei diesen Filmen seelenruhig zu- gesehen hat, wie die Zuschauerzahlen von 85 Million bei MR auf weniger als die Hälfte bei LTK zurückgingen, bleibt mir ein Rätsel.

Zu allem Überfluss werden einige der gelungenen Actionszenen durch den schlechtesten Soundtrack der Serie beleidigt. Die hervorragende Skisequenz erhielt (ab dem Schanzensprung bis zum Ende) von Bill Conti ein durchgehendes Pop/Jazz/Disco-Stück, welches einfach grausam klingt und mit Filmmusik nichts zu tun hat.

Was bleibt Positives übrig: Der Ansatz einen ernsten Bondfilm zu machen war gut und kam zur richtigen Zeit. Die handgemachte Action ist großartig. Der Columbo Charakter ist eine schöne Hommage an Drako und Kerim Bey und sein erster Dialog mit Bond ist Klasse. FYEO macht aber auch klar, dass auch die ernsten, bodenständigen Bonds gewisse „larger than life“ Komponenten brauchen, sonst sind zu alltäglich und belanglos für James Bond.
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Re: Bondfilm-Rezensionen - user: danielcc

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Octopussy, 1983, Regie: John Glen

Sicherlich auch ein Film an dem sich die Geister scheiden. Lange Zeit konnte ich nicht glauben, dass OP ernsthaft der Versuch gewesen sein soll, den ernsten Stil von FYEO weiterzuführen. Da sah ich überhaupt keinen Zusammenhang, doch nun kann ich diese Meinung etwas korrigieren.

OP ist im Grunde ein ernsthafter Film, bei dem man sich aber beim Drehen wohl immer wie- der zu Klamauk hat hinreißen lassen. Schon die PTS zeigt dieses Tendenz deutlich: Da endet eine ernste, spannende und perfekt inszenierte Actionszene mit einem dummen Klamaukspruch und einem in die Kamera grinsenden Moore – schade! Dennoch hat der Film eine ernsthafte Basis und die Abwesenheit von Ken Adam (und damit der Einzug von Peter Lamonts Still) zeigt sich in einem stärkeren Anteil von Location Shots und weniger ausgefallenen Sets der Bösewichte... A propos, auch die Art und die Aufteilung der Villain Rolle ist eher in Kontinuität zum Vorgänger als zu älteren Bondfilmen (Blofeld, Goldfinger...).

OP ist meiner Meinung nach ein Film der hervorragend den Kalten Krieg thematisiert (zumindest aber das Potenzial dazu hat) und praktisch der einzige Bondfilm mit einem wirklich bösen Russen - und diese Parts sind auch die Stärken des Films! Beim jetzigen Sehen ist mir aufgefallen, wie hervorragend die letzten Szenen des Films sind, in denen es um die Bedrohung durch die Atombombe geht. Dies ist sehr gut inszeniert und kommt so plötzlich, dass man nicht den ganzen Film Zeit hat, sich damit zu beschäftigen (wie in TB oder TSWLM). So wage ich zu sagen, dass der Film deutlich besser gewesen wäre, wenn man sich auf die Kalten Krieg Teile konzentriert hätte, evtl. Kamal Khan und Octopussy raus gelassen hätte (und stattdessen die sowieso bessere und hübschere Kristina Wayborn zum Bondgirl gemacht und Orlovs Rolle aufgewertet hätte. A Propos: OP taucht zum ersten Mal wirklich nach 65 Minuten auf!).
Man stelle sich vor, wie gut der Film als ernstes Bedrohungs-Szenario gewesen wäre, eine
Art „Der Anschlag“ nur viel früher.
Stattdessen wird hier aber leider eine große Blase mit dem Schmuggel-Hintergrund aufgebaut, die am Ende gar keine Bedeutung hat, schlimmer noch: für mich bis heute keinen Sinn macht. Octopussy ist der Bondfilm, den zu verstehen fast nicht gänzlich möglich ist. Da geht es um Schmuggel, aber es geht eigentlich um gefälschte Ware, es geht um eine Atombombe im Zirkus, der wiederum zum Schmuggeln dient, Kunstschätze werden verkauft und wieder gekauft nur um sie zu Fälschen usw.
Im Nachhinein betrachtet und im direkten Vergleich stellt man fest, dass die Roger Moore
Streifen insgesamt darunter leiden, dass man keine großen Stories hatte und stattdessen Material aus verschiedenen Fleming-Stoffen und anderem zusammengesucht hat und zu- dem zu oft spektakuläre Stunts als Aufhänger und Pfeiler der Handlung benutzt hat.

Nichtsdestotrotz ist es auch mal eine Bemerkung wert, dass OP einige Elemente hat, die man scheinbar ausgerechnet für die doch so kreativen Indiana Jones Filmen (vor allem "Temple Of Doom") abgekupfert hat: Drehort Indien, das Dinner, die Ekel-Tiere, die Verfolgung auf dem Zirkuszug.

OP zeigt auf jeden Fall, dass auch die weniger brillanten Bondfilme doch immer noch tolle
Einzelszenen haben:

- die Auktionsszene hat was und hier merkt man auch direkt, wie selbstsicher Moore nun in der Rolle ist. Er steht nicht mehr steif rum sondern agiert und hat das Geschehen voll im Griff.
- die PTS ist im Grunde technisch gelungen und zeigt mit der Zerstörung der Halle eine wundervolle Miniaturarbeit sowie die vielleicht beste Rückprojektionsarbeit der Serie. Leider ist die Szene ohne Bezug zum Film.
- der finale Kampf auf dem Jet ist schlicht atemberaubend! Mich wundert sehr, warum dieser fast nie in Umfragen erwähnt wird...
- der erste Teil der Verfolgung in Indien (mit dem Dreirad) ist toll und bemerkenswert sind die
Menschenmengen, die hier als echte Statisten überall sind
- nahezu alle Szenen mit Orlov und Gogol sind gelungen und erzeugen ein realistisches Bedrohungs-Szenario. Der Dialog Bond-Orlov im Zug überzeugt durch eine seltene Ernsthaftigkeit. Auch der Tod Orlovs ist eine schöne Szene.
- die Zugszene ist eine weitere tolle Stuntarbeit – mit der erwähnten Ausstrahlung auf den dritten Indiana Jones Film.

Eindeutige Schwächen des Films sind neben der unnötig komplizierten Nebenhandlung (dem Schmuggel Part), die Klamauk-Ausflüge, wie die Autofahrt durch Deutschland mit dem deutschen Paar zum Schluss, das Krokodil, die peinlichen Anspielungen auf Indien-Klischees (Fakir, Feuerschlucker...). Doch daneben fallen hier wirklich negativ die Moore- Close Ups vor Leinwand/Blue Screen auf. Ich glaube, dass sie den hervorragenden Actionszenen eher schaden als in irgendeiner Weise helfen - ärgerlich.

Ähnlich wie bei FYEO fällt auch hier negativ ins Auge, dass Bond im Mittelteil zu passiv ist, nein er ist sogar überflüssig in dem ganzen Octopussy-Kamal Plot. Dies ist ein typisches Zeichen der John Glen Ära und praktisch logische Folge der zusammengewürfelten (Sub-)Plots.

Fazit:
OP leidet unter einer konfusen und zusammengewürfelten Story, einer ungünstigen Fokussierung auf den schlechteren Bösewicht und das weniger hübsche Bondgirl, sowie albernen Details und technischen Schwächen, die ins Auge springen. Der Film wirkt nicht konsistent hat aber einen schönen Abenteuer Touch.
"It's been a long time - and finally, here we are"

Re: Bondfilm-Rezensionen - user: danielcc

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Never Say Never Again, 1983, Regie: Irvin Kershner

NSNA ist natürlich das Remake vom 65er Feuerball, dem bis heute mit Abstand erfolgreichstem Film der Serie, der - wie ich aber in meiner Kritik festgestellt habe - alles andere als ein perfekter Film war. Was kann also NSNA besser? Was macht der Film anders? Oder ist gar alles schlechter?

1964 war die Bond Manie auf ihrem Höhepunkt und Connery genoss die Dreharbeiten grade noch, was ein Film später umschwenken sollte. Es sollte bis 1983 dauern, bis sich Connery erholte und reif genug erschien, der von ihm gehassten Rolle etwas Neues abgewinnen zu können.

Connery war bei NSNA eine treibende Kraft auch hinter den Kulissen, und unter dieser Prämisse ist ein Film entstanden, der zwar durch und durch Bond ist, aber doch vom Flair und vom Tempo her - manche werden das Wort "Feeling" bemühen - sehr eigenständig wirkt. Während Connery in den 60ern der Getriebene war, so sehr war er hier in voller Kontrolle dessen was er aus der Rolle machen wollte und diese Lässigkeit und Selbstironie sieht man dem Film voll an. Und so ist es dann auch vor allem die Ironie die den Film auszeichnet und ein Connery in Höchstform, der nicht nur schlanker sondern auch charismatischer ist als zuletzt in DAF. Einige wunderbare Beispiele für den selbst ironischen Blick auf die Serie:

- der Dialog bei Bonds Ankunft im Sanatorium. Man redet scheinbar über seinen Wagen, in
Wahrheit geht es aber um Connery selbst ("Ist wirklich noch in einem guten Zustand")
- selbst Bonds Urin ist noch als Waffe gut genug
- eine Wache kommt in Bonds Gefängnis auf der Insel und schaut als erstes - in Anspielung an GF - nach oben
- Gadgets funktionieren entweder nicht, oder Bond setzt einfach sein Zigaretten-Etui als
Pseudo-Gadget ein und zeigt damit, wie lächerlich doch all die Gadgets der Moore-Ära waren

Es gibt zwei Aspekte, die in NSNA gelungener sind als im Original:

1. Die Charakterkonstellation ist eindeutiger. Dies gilt insofern, als dass der in TB unnötig eingeführte Count Lippe und der echte Nato-Kapitän hier einfach entfallen. In NSNA gibt es insgesamt weniger Charaktere und diese kommen dann besser zur Geltung, vor allem Fatima Blush als Vorwegnahme von Xenia Onatopp und Brandauer als Largo. Noch ein Wort zu den Charakteren. Es ist bemerkenswert, dass der eine wirklich ernste Charakter der "normalen" Filmreihe, nämlich M, hier zur Karikatur wird, wie auch Q. Dem gegen- über ist die eigentliche Lachnummer Blofeld, hier fast glaubwürdig. In jedem Fall erhalten alle wichtigen Figuren viel Platz und das ist schön.

2. Das Tempo von NSNA im zweiten und letzten Drittel ist deutlich besser. Vor allem die sich im Original wiederholenden Unterwasser Suchszenen sowie die unübersichtlichen Massen Unterwasser Szenen sind praktisch vollkommen raus.

Dennoch ist auch hier das Tempo eher eines der Probleme des Films. Zumindest wäre es das, wenn man nicht merken würde, dass es sowieso mehr um Connery und um den Spaß geht als um Dramaturgie. So hält sich Bond über 20 Minuten im Sanatorium auf und die gesamte Exposition bis zum Entwenden der Raketen dauert gleich eine halbe Stunde. Sorry, das ist zu viel, wenn auch nicht langweilig bis dahin. NSNA ist praktisch der Gegenentwurf zu QOS. Hier ist praktisch jede Szene zu lang, zu ausführlich, nichts ist gekürzt, alles wird unendlich ineffizient erzählt. Jede Bewegung wird gezeigt, selten wird eine Bewegung geschnitten. Aber so soll es hier sein!

Was ich an NSNA hingegen wirklich schätze, ist die Abwechslung - übrigens im Gegenteil zu TB. Keine Actionszene gleicht der anderen, nichts wiederholt sich, vor allem im Mittelteil passiert ständig neues. Auffallend gut sind folgende Szenen:

- Bonds Kampf im Sanatorium (vier Minuten lang ohne Musik und herrlich selbst ironisch)
- Die Motorrad Verfolgung sowie die Pferde-Action, beides Neuland für Bond
- Das finale Aufeinandertreffen mit Fatima. Sie ist ein Freak, und wie Largo und Blofeld von
Macht besessen (in gewisser Weise das Thema des Films, es geht um Macht und Besitztum)
- Die Sexszene ist vielleicht die schönste, stilisierte Szene dieser Art in der Serie

Auch an anderen Stellen beweist die Regie Kreativität, etwa wenn Bond nach einer gefährlichen Hai-Szene von einem Girl "geangelt" wird, wenn sein Hotelzimmer gesprengt wird während er parallel im Bett des Girls liegt, wenn er Domino beim Tanz den Tod ihres Bruders mitteilt, die Szenen hinter dem Spiegel des Tanzraums oder wenn nach der langen Kasino- Szene auch der von Bond kaltgestellte Mann im Abstellraum nicht vergessen wird.

Weitere Stärke des Films neben der Selbstironie sind zweifellos die Drehorte und Kulissen. Alles wirkt echt und aufwendig, ohne verschwenderisch zu erscheinen wie in TB.

Schade ist, wenn es an einigen Stellen albern wird, etwa wenn Bond den Turbo Boost des Motorrads zündet. Das war gar nicht nötig, wo doch Bond an vielen Stellen eben auf Intelligenz und Intuition setzt anstatt auf Gadgets. Klar bleibt auch die Logik und Glaubwürdigkeit hier und da auf der Strecke, denn wie schon beim Original, scheint Largo viel zu großzügig mit Bonds Leben umzugehen – allerdings im Gegensatz zu TB kann man es bei Brandauers Largo auch nachvollziehen.

Als Schwachpunkt empfinde ich die - aufgrund der Auslegung des Films fast zwangsläufig - fehlende Dramatik. Der Film ist trotz der guten Story und eigentlich vorhandenen Bedrohung, kaum spannend. Weil Bond zu viel Spaß hat, weil Largo zumindest Bond gegenüber nie bedrohlich wirkt. Fast wirkt es, als habe sowieso jeder zu viel Respekt vor der Legende Connery, als das man ihm ernsthaft etwas anhaben will.

Die schwache Musik lassen wir nun mal Großzügig bei Seite, nur so viel: Im Vergleich zeigt sich bei CR und QOS, wie gut ein Soundtrack auch ohne Bondthema sein kann.

Fazit:
NSNA ist ein schöner Film, mit viel Abwechslung, viel Selbstironie, der dadurch ein gewisses Alleinstellungsmerkmal hat. Connery in Topform zu sehen, ist spannender als der Film an sich.
"It's been a long time - and finally, here we are"