Re: Alle James Bond Romane neu Veröffentlichung

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Invincible1958 hat geschrieben: 27. Juli 2020 11:01 Und ein Jospeh Wiseman mit chinesischem Make-Up ist auch rassistisch.
Warum eigentlich? Ich meine das ernst, man liest dies gerade in letzter Zeit immer wieder, z.B. Alex Guinness Darstellung eines Arabers in Lawrence of Arabia musste sich jüngst diesen Vorwurf auch gefallen lassen. Nachvollziehen kann ich das aber - gerade im Guinness-Beispiel - eigentlich gar nicht. Ist bereits die Tatsache, dass ein Schauspieler im Rahmen seiner Arbeit einen Menschen einer anderen Hautfarbe darstellt rassistisch? Oder nur dann, wenn die inhaltliche Darstellung bewusst vorurteilsschwangere Klischees bedient? Letzteres könnte ich bei Wiseman mit etwas bösem Willen sogar noch nachvollziehen, aber im erwähnten Guinness-Beispiel halt überhaupt nicht.
"Ihr bescheisst ja!?" - "Wir? Äh-Äh!" - "Na Na!"

Re: Alle James Bond Romane neu Veröffentlichung

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Die Diskussion ist ja schon alt, und geht ja soweit, dass es z.B. Leute gibt, die die Karl-May-Spiele in Bad Segeberg verbieten lassen wollen, weil dort weiße Schauspieler Indianer spielen.
Wenn ein Indianer auf der Bühne oder im Film dargestellt wird, dann soll er bitteschön auch von einem echten Indianer gespielt werden.

Und genauso wird eben bei allen Charakteren gefordert, dass sie jeweils von den Leuten gespielt werden, die sie darstellen sollen.

Ein schwarzer Charakter bei den Simpsons wurde jetzt wohl mit einem schwarzen Synchronsprecher neu besetzt. Vorher wurde er von einem weißen gesprochen. Daraufhin hat jemand treffend gefragt, wer denn nun jetzt die gelben Charaktere bei den Simpsons sprechen dürfe?

Ich glaube, es dauert nicht mehr lange, dann werden Samuel L. Jackson, Will Smith und Co. in Deutschland auch neue Synchronsprecher bekommen, weil die alten ja weiß sind.

Re: Alle James Bond Romane neu Veröffentlichung

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Ich kann das tatsächlich nicht nachvollziehen. Es heisst doch nicht umsonst „darstellende Kunst“, die Darstellung eines anderen Charakters mit all ihren Facetten ist doch die Essenz eines Schauspielers. Ist der Kunstgriff der Darstellung einer anderen Hautfarbe tatsächlich etwas anderes als z.B. die Darstellung eines dicken Menschen durch einen dünnen oder eines alten Menschen durch einen jungen? Vor kurzem war auch zu lesen, dass Halle Berry die Rolle eines Transgender-Mannes abgelehnt hat (bzw. ablehnen musste), weil die Reaktionen der entsprechenden Community geradezu übergekocht sind. Ob eine Darstellung rassistisch/diskriminierend ist oder nicht sollte doch nach der Art der Darstellung beurteilt werden und nicht nach ihrer Besetzung. Alles andere ist in meinen Augen zielloser Aktivismus.
"Ihr bescheisst ja!?" - "Wir? Äh-Äh!" - "Na Na!"

Re: Alle James Bond Romane neu Veröffentlichung

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Am 11. Juli gab es in der Daily Mail einen ausführlichen Artikel dazu:

https://www.dailymail.co.uk/news/articl ... ustry.html

Ein Fall, der im Artikel angesprochen wird, ist der einer komplett schwarzen Filmproduktion. Da wurde das komplette Team vor und hinter der Kamera nach der Hautfarbe eingestellt. Das Kuriose: darunten waren Viele, die nicht die benötigte Erfahrung in der Branche hatten.

Denen wurden eine weiße Produktionsleiterin an die Seite gestellt, die die Produktion überwacht hat. Ihr wurde aber gesagt, dass sie im Film keinen Credit im Abspann bekäme. Dort würden nur die Namen des schwarzen Teams gelistet.

Solche Stories kann man sich nicht ausdenken.

Die Halle Berry Transgender-Sache wird in dem Artikel auch erwähnt.

Re: Alle James Bond Romane neu Veröffentlichung

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AnatolGogol hat geschrieben: 27. Juli 2020 11:26
Invincible1958 hat geschrieben: 27. Juli 2020 11:01 Und ein Jospeh Wiseman mit chinesischem Make-Up ist auch rassistisch.
Warum eigentlich? Ich meine das ernst, man liest dies gerade in letzter Zeit immer wieder, z.B. Alex Guinness Darstellung eines Arabers in Lawrence of Arabia musste sich jüngst diesen Vorwurf auch gefallen lassen. Nachvollziehen kann ich das aber - gerade im Guinness-Beispiel - eigentlich gar nicht. Ist bereits die Tatsache, dass ein Schauspieler im Rahmen seiner Arbeit einen Menschen einer anderen Hautfarbe darstellt rassistisch? Oder nur dann, wenn die inhaltliche Darstellung bewusst vorurteilsschwangere Klischees bedient? Letzteres könnte ich bei Wiseman mit etwas bösem Willen sogar noch nachvollziehen, aber im erwähnten Guinness-Beispiel halt überhaupt nicht.
Das sehe ich ähnlich. Das hat an sich nichts mit Rassismus zu tun, da wird die Diskussion dann etwas blödsinnig.

Und wenn dann jetzt ein "umgekehrter Rassismus" kommt, dann ist das ebenfalls erst mal etwas absurd. Wobei "umgekehrter Rassismus" auch kein wirklicher Rassismus ist, denn der funktioniert ja nur über einer Mehrheit gegenüber einer Minderheit, bzw von einer herrschenden Klasse gegen eine Beherrschte. Das ist dann eher eine Überreaktion in Folge früherer Verfehlungen, aber ganz ehrlich das finde ich gar nicht so schlimm. Sollte nicht sein, ist aber dann auch wieder eine Art Kompensation gegenüber früherer Ungerechtigkeit. Wirklich gerecht läuft es ohnehin nirgends ab, und ist auch immer eine Frage der Perspektive, und wenn jetzt Schwarze über sowas bevorteilt werden, dann ist das immer noch besser als umgekehrt.

Und nur weil solche Diskussionen teils ausarten, heißt das nicht das es nicht wichtig ist sie zu führen.

Re: Alle James Bond Romane neu Veröffentlichung

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Invincible1958 hat geschrieben: 27. Juli 2020 11:01

Deshab bin ich seit Jahren dafür, dass endlich mal eine ordentliche Medienbildung in der Schule stattfindet.
Das müsste heutzutage eigentlich das wichtigste aller Schulfächer sein.
Allerdings, das ist schon lange bitter nötig.

Maibaum hat geschrieben: 27. Juli 2020 10:29Deswegen ist es zumindest wichtig solche üblen Klischees, wie die von Fleming, zu diskutieren, zumal die in den Filmen ja auch vorhanden sind, auch wenn sie nicht gar so offen zutage treten.
In den Filmen tritt das, wie ich finde, auch offen zutage. Man braucht nur den allerersten Film nehmen.
Quarrel wird von Bond und Co. nicht ernst genommen (frei nach dem Motto: die dummen Eingeborenen glauben an Drachen und Co. Da muss erstmal der Engländer über den Atlantik kommen und ihnen die Welt erklären). Das Frauenbild ist ebenfalls nicht besser.
Und und und ...
Nicht gar so offen umschließt ja, daß es immer noch offen ist, aber bei Fleming ist das noch deutlicher, da dieser seinen Abneigungen freien Lauf lässt. Auch z.b. gegenüber den Deutschen.

Re: Alle James Bond Romane neu Veröffentlichung

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Maibaum hat geschrieben: 27. Juli 2020 12:58
Invincible1958 hat geschrieben: 27. Juli 2020 11:01

Deshab bin ich seit Jahren dafür, dass endlich mal eine ordentliche Medienbildung in der Schule stattfindet.
Das müsste heutzutage eigentlich das wichtigste aller Schulfächer sein.
Allerdings, das ist schon lange bitter nötig.

Maibaum hat geschrieben: 27. Juli 2020 10:29Deswegen ist es zumindest wichtig solche üblen Klischees, wie die von Fleming, zu diskutieren, zumal die in den Filmen ja auch vorhanden sind, auch wenn sie nicht gar so offen zutage treten.
In den Filmen tritt das, wie ich finde, auch offen zutage. Man braucht nur den allerersten Film nehmen.
Quarrel wird von Bond und Co. nicht ernst genommen (frei nach dem Motto: die dummen Eingeborenen glauben an Drachen und Co. Da muss erstmal der Engländer über den Atlantik kommen und ihnen die Welt erklären). Das Frauenbild ist ebenfalls nicht besser.
Und und und ...
Nicht gar so offen umschließt ja, daß es immer noch offen ist, aber bei Fleming ist das noch deutlicher, da dieser seinen Abneigungen freien Lauf lässt. Auch z.b. gegenüber den Deutschen.
Wobei er bei seinen Abneigungen gegenüber den Deutschen (die man nachvollziehen kann), differenziert.
Er persönlich hatte eigentlich nur an Berlin und dem Ruhrpott was auszusetzen. Über andere Gegengenden und anderen Menschenschlag in Deutschland äußert er sich äußerst positiv. Hier ein kleiner Auszug aus seinem Reise-Buch "Thrilling Cities":

"I left Berlin without regret. From this grim capital went forth the orders that in 1917 killed my father and in 1940 my youngest brother. In contradistinction to Hamburg and so many other German towns, it is only in Berlin and the smoking cities of the Ruhr that I think I see, against my will, the sinister side of the German nation. In these two regions I smell the tension and hysteria that breed the things we have suffered from Germany in two great wars and that, twice in my lifetime, have got my country to her knees."

Re: Alle James Bond Romane neu Veröffentlichung

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Maibaum hat geschrieben: 27. Juli 2020 12:45 Wobei "umgekehrter Rassismus" auch kein wirklicher Rassismus ist, denn der funktioniert ja nur über einer Mehrheit gegenüber einer Minderheit, bzw von einer herrschenden Klasse gegen eine Beherrschte. Das ist dann eher eine Überreaktion in Folge früherer Verfehlungen, aber ganz ehrlich das finde ich gar nicht so schlimm. Sollte nicht sein, ist aber dann auch wieder eine Art Kompensation gegenüber früherer Ungerechtigkeit. Wirklich gerecht läuft es ohnehin nirgends ab, und ist auch immer eine Frage der Perspektive, und wenn jetzt Schwarze über sowas bevorteilt werden, dann ist das immer noch besser als umgekehrt.
Ganz ehrlich, das sehe ich anders. Rassismus ist immer Rassismus. Egal von wem gegen wen. Und diese Kompensation die du ansprichst finde ich auch keinen guten Ansatz - denn wenn es frühere Ungerechtigkeit betrifft werden Leute "bestraft" die nichts dafür können was z.B. ihre Vorfahren gemacht haben. Und eine Bevorteilung sollte es auch nicht wirklich geben. Ich habe immer wieder das Gefühl dass sich viele Leute unter "kein Rassismus" eine solche Abfolge vorstellen: Rassismus gibt es nur z.B. gegen Schwarze, also ist Pro-Schwarz automatisch gut, eventuell sogar, wenn es Anti-Weiss wird (alles schon gesehen) etc. Ich finde es sowas von kontraproduktiv, wenn Leute auch mit dem Gedanken von Gleichberechtigung immer in Schubladen gesteckt werden, sei das jetzt Schwarz/Weiss oder Mann/Frau oder was auch immer. Hilft auch nicht wirklich, vorhandene Kluften zu überwinden. Ich hatte mal in einem besonders tiefsinnigen Augenblick folgende Metapher: Wenn Ungleichheit ein Krieg ist, dann scheinen viele der vermeintlich gut gemeinten Lösungsansätze darauf abzuzielen, die "schwächeren" Seiten zu unterstützen, statt Frieden zu schliessen, was das Ziel sein sollte.
We'll always have Marburg

Let the sheep out, kid.

Re: Alle James Bond Romane neu Veröffentlichung

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Ich habe nicht das Gefühl, dass die Mitglieder, die hier diskutieren, die besagte Textpassage gelesen haben, die ich meine. Egal in welche fernstem Zeitalter die geschrieben wurde... sie war schon damals- und wird es immer sein- von ausgewählter und explizit gegen das Geschlecht der Frau gerichteter Brutalität und Widerwärtigkeit.

Ich würde mir niemals ein Urteil über Belange dunkelhäutiger, homosexueller, behinderter, jüdischer Menschen erlauben, deren Zugehörigkeit zu einer Minderheit dazu führt, dass ihr Leben von anderen beurteilt, gewertet, eingeschränkt und sogar bedroht oder gefährdet wird. Hier erlaube ich mir höchstens eine Meinung, nie ein Urteil, denn ich bin nicht betroffen und kann gar nicht wissen, wie es in Betroffenen aussieht. Ich kann nur zur Kenntnis nehmen, wie es sie etwas sehen und werten. Aber ich bin berechtigt und verpflichtet, bei diesem frauenverachtenden Dreck ein Urteil zu fällen- das keiner nachvollziehen können, der nicht in der Haut einer Frau steckt. Es gibt Grauzonen und Bereiche, in denen diskutiert werden darf, kann, muss. Aber sowas, wie diesen Text- DER ist keine Grauzone! Da gibt es nix zu diskutieren. Und darauf zu verweisen, dass es sich doch NUR um eine literarische Gestalt handle, dass die Zeiten damals anders waren- ist ganz, ganz billig!

Das Denken der Menschen wird von dem geprägt, was er aus seiner Umwelt aufnimmt. Und wenn es um geistige Hygiene geht, sollte man einen ganz klaren Strich ziehen. Und ich sage, dieser Dreck liegt weit unter der erträglichen Grenze und gehört nicht auf Papier verewigt. Wenn ihr euch das nächste Mal unversehens ein paar kahlrasierten Schlägern gegenüberseht und dieser Abschaum euch völlig selbstverständlich dazu bringt, auszuweichen und Abstand zu halten, dann überlegt doch mal, womit die ihr Anschauung und Selbstbildnis zusammengebastelt haben, wer ihnen den Stoff dazu geliefert hat. In unserer Gesellschaft wird über "Hater" und "Trolle" gejammert und über die Verrohung, die Menschen dazu bringen, nach der Prügelei dem Niedergeschlagenen auf den Kopf zu treten. Hier haben wir mit diesem Text ein schönes Beispiel, aus welchen Versatzstücken anfällige Menschen sich das Bild einer Welt zusammenbasteln, in der keiner von uns leben will, die aber auch keiner verhindern will, weil man ja ach so frei ist.
Ich hab hier den Anfang gemacht. Ich werde nicht pseudotolerant schweigen, ich sage, DER TEXT GEHT NICHT.
Habe das Hörbuch gelöscht und alle Flemings in den Mülleimer verfrachtet.

Re: Alle James Bond Romane neu Veröffentlichung

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Dass es da nix zu diskutieren geben soll wundert mich, denn es wirft ja eine interessante Frage auf: Diese Gestalten aus der Realität, die du da beschreibst, darf es die in der Fiktion nicht geben? Dürfen Charaktere in Büchern keine Vergewaltiger sein, keine Frauenverächter, keine Sexisten oder sonstiges?

Darf es einen Charakter wie Draco im Film OHMSS nicht geben? Und wenn nein, warum nicht? Warum sollte ein Gangsterboss mit dem Background dieses Charakters nicht genau so über seine eigene Tochter denken? Und wo ziehen wir da die Grenze? Wenn Kerim Bey von Vergewaltigung spricht, dann ist es okay, aber wenn die Bondfilme allesamt (von Connery bis Craig) sehr reale Gewalt (durch Schüsse und Schläge) in ihren Auswirkungen elementar verharmlosen, dann ist das okay. Und das ist dann keine Farce den Opfern tatsächlicher Gewalt gegenüber?

Bevor das als Gegenargument kommt: Hier geht es nicht um Whataboutism. Hier geht es um die Frage, wo die Grenze gezogen werden muss. Bei meiner Wahrnehmung? Bei deiner? Oder bei der eines unabhängigen Dritten?

Wir müssen nun mal verstehen, dass wir als Wertegesellschaft immer einem Wandel ausgesetzt sind, der auch unsere Sensibilität miteinschließt. Worüber Leser sich 1957 nicht den Kopf zerbrochen haben, das wirkt heute hoch problematisch, vielleicht sogar gefährlich - und dabei gibt es heute in der Literatur immer noch genug Werke, die mindestens auf dem gleichen Kaliber sind. Aber revisionistische Umschreibung kann so gut wie nie der richtige Weg sein. Was nicht heißt, dass man mit älteren Inhalten kein Problem haben darf. Wie Maibaum sagt: Es ist gut, wenn man auch Fleming heute noch diskutiert und niemand muss den Ian und sein Geschreibsel mögen. Nur rückwirkende Eingriffe in seine Bücher darf es nicht geben. Stattdessen gilt: Distanz gewinnen, drüber reden, und Abstand nehmen, so man denn will. Also genau richtig: Hörbucher löschen, öffentlich Dampf ablassen und fertig.

PS: Mehrere Soziopathen und Serienmörder gaben in den USA das Jugendbuch "Der Fänger im Roggen" als ihre heilige Schrift an. Und das ist weit weg von Fleming, dessen FRWL von JFK geliebt wurde... Mit anderen Worten lässt sich nie beeinflussen, wie ein gestörtes Individuum ein künstlerisches Werk für sich auslegt und interpretiert. Wenn wir Fleming als potenzielle Vorlage betrachten und verbieten, dann bitte auch tatsächliche Vorlagen für Gewalttaten. Da könnten wir mit so manch heiliger Schrift beginnen...
https://filmduelle.de/

Let the sheep out, kid.

Re: Alle James Bond Romane neu Veröffentlichung

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@Jaybee: Ist dein gutes Recht so zu handeln.

Fiktion ist aber nunmal tatsächlich Fiktion.

In fast jedem Quentin Tarantino Werk gibt es Monologe und Handlungen, die so abstoßend und widerlich sind, dass sie in der realen Welt zu keinster Zeit toleriert werden würden. Trotzdem hat der Autor das Recht solche Zeilen einem Charakter in den Mund zu legen. Da ist bestimmt nicht Fleming die Spitze des Eisbergs.

Wie Maibaum jedoch schreibt, kann man schlechte Menschen oder Charaktere mit schlechten Angewohnheiten ja nicht aus der Literatur, aus dem Kino etc. entfernen oder die Erschaffung solcher Charaktere verbieten. Ganz blöd gesagt: Darth Vader lässt mit einem einzigen Befehl ganze bewohnte Planeten in die Luft jagen.
Jetzt zu sagen: Ja, aber das ist so weit in einer Fantasy-Welt verankert, da darf man das - wäre ein wenig einfach.
In tausenden Büchern und Filmen kommen frauen- und menschenverachtende Charaktere vor - aber doch nur, weil die Menschheit sich eben von der "dunklen Seite" angezogen fühlt. Viele Schauspieler sagen ja auch: den Bösen oder zumindest ambivalenten Charakter zu spielen macht viel mehr Spaß als einen glattgebügelten Guten.

Re: Alle James Bond Romane neu Veröffentlichung

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Mein Leben lang war ich immer super vorsichtig darin, mir über andere Menschen ein Bild, geschweige denn ein Urteil zu erlauben. Ständig hatte ich das Gefühl, nicht genug über jemanden zu wissen, seine Motivation, Gefühle und Wertvorstellungen, um sein Innenleben zu begreifen. Bis zu dem Tag, an dem ich in ein Stadtviertel musste, das als islamistische Hochburg gilt. Da bin ich zum ersten Mal einer vollverschleierten Frau begegnet. Keine Mimik, keine Gesten- nix! Ob sie diese Verschleierung freiwillig trug, ob sie gezwungen wurde, ob sie mit der Verhüllung die böse westliche Welt von sich fern halten wollte? War sie glücklich, traurig, wütend, amüsiert, aggressiv, fröhlich? Jeglicher zwischenmenschlicher Austausch, jede Kommunikation war unterbunden. Das war für mich ein Schlüsselerlebnis. Hier hatte ich zum ersten Mal das Gefühl- NEIN! DAS GEHT NICHT! Und es war mir zum ersten Mal völlig egal, ob andere Menschen über eine solche Verschleierung diskutieren wollten.
Es gibt Dinge, die gehen einfach nicht. Es gibt sie, diese Grenzen, die nicht überschritten werden dürfen, um sich nicht irgendwann zu wundern, warum der eigene Bruder wegen seiner Homosexualität von der Regierung, die man nicht verhindert hat, an die Wand gestellt wurde, warum die nicht verschleierte Frau grade blutend unter einem Steinhagel zusammenbricht oder eine Schwein mit einer Knarre die Tür einer Synagoge aufschießen will. Der sehr eindeutige Text, den Fleming da geschrieben hat, ist mit ein Stein im Fundament eines sexistischen Faschismus, da muss kein gestörtes Individuum ein künstlerisches Werk uminterpretieren.
Du fragst, wer die Grenze zieht? Wer sie ziehen darf? Keiner? Na, dann zieh dich mal warm an, solltest du selber irgendwo nicht der gesellschaftlichen Norm entsprechen.
Ein Reiseleiterin hat es mal für die USA schön zusammengefasst: "Amerika ist das tollste, freieste Land der Welt. Wenn du weiß, jung und gesund bist. Anderenfalls hast du ein Problem."
Ich bin eine Frau und nehme mir das Recht zu sagen, dass eine frauengefährdende Grenzüberschreitung stattgefunden hat. Eine Überschreitung, die unter dem Mäntelchen der "Kunstfreiheit" mein Leben als Frau einschränkt, herabwürdigt und bedroht.

PS Was wäre, wenn die gesamte Kunst dich als Mann aufgrund der "Kunstfreiheit" über Jahre, Jahrhunderte permanent und überall als minderwertiges, dauergeiles, perverses Vieh abbilden würde? Und du könntest reden, soviel du wolltest- dein Protest würde mit einem Achselzucken abgetan, als unwichtig, lästig und lächerlich betrachtet? Man würde dir absprechen, eine Grenze ziehen zu wollen? Wie würdest du dich fühlen? Hilflos? Wütend? Angeekelt? Bedroht? Ach was, wirklich!?

Re: Alle James Bond Romane neu Veröffentlichung

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Ich kann deine Sichtweise gut nachvollziehen. Du als Frau sagst, dieser Text von Fleming schränkt dich ein, würdigt dich herab und bedroht dich. Das ist dein gutes Recht und dagegen hat ehrlich gesagt kein Mensch auf diesem Planeten etwas. Du brauchst Fleming nicht zu lesen, kannst die Hörbücher löschen, deiner Verärgerung kundtun etc. Niemand kritisiert das. Warum auch?

Zum Thema revisionistischer Zensur gibt es aber viele Meinungen und da ist es längst nicht so einfach wie im individuellen Einzelfall. Was ist mit den Opfern von Autounfällen, die sich an der möchtegern coolen Art von bspw. "Alarm für Cobra 11" stören? Was ist mit den Opfern reeller physischer Gewalt, die in den Materialschlachten der Bondfilme (zurecht) eine Verharmlosung dieser Gewalt erkennen? Und was ist mit den Frauen, die Ian Fleming vor wenigen Jahren originalgetreu ins Deutsche übersetzt haben, und sich immer als Fan der Bücher outen, obwohl diese doch offenbar Frauen herabwürdigen, einschränken und bedrohen?

Des Pudels Kern ist: Jeder darf fühlen, wie er möchte, meckern worüber er möchte und konsumieren wie aussortieren, was ihm ge- und missfällt. Deshalb müssen es andere allerdings weiß Gott nicht teilen - und deshalb muss die Gesellschaft als ganzes erst recht nicht dasselbe Ziel verfolgen oder dieselbe Auffassung haben.

Von Zensur halte ich (ein weißer Cis-Mann - wenn das für die Diskussion so wichtig ist, sage ich es gerne dazu) schlicht nichts und auch nicht von Geschichtsklitterung. Fleming hat 1957 so einen Mist geschrieben? Klärt darüber auf, aber lasst es in seinen Büchern stehen. Wäre ja noch schöner, solche Passagen zu entfernen und dann diesem Autor im Nachhinein die Vita aufzuhübschen.

Deine abschließende Frage verstehe ich nicht, da hier im Forum schlicht keiner etwas gegen persönliche Befindlichkeiten gesagt hat, die jedem zugestanden werden - jedenfalls bei jamesbond.de
https://filmduelle.de/

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Re: Alle James Bond Romane neu Veröffentlichung

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Passt in diesen Thread womöglich nur so halb rein, aber die frohe Kunde ist eingetrudelt, dass Anthony Horowitz einen dritten Bondroman veröffentlichen wird! Der Artikel strotz zwar nur so vor Fehler (Amis, Gardner und Benson werden komplett ignoriert) aber ansonsten sind das gute Neuigkeiten.

Interessant ist dass Horowitz der erste Autor ist, der mehrere Romane schreibt ohne diese in einer fortlaufenden, zeitlosen Kontinuität anzulegen, sondern sie gezielt in die Fleming-Chronologie einbaut, und nach der Zeit zwischen zwei Abenteuern (TM) und der Zeit vor CR (FAAD, das ich gerade lese) wählt er nun auch die Zeit nach TMWTGG wie Amis, Faulks und Boyd vor ihm.

https://timesofindia.indiatimes.com/lif ... 035685.cms
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Re: Alle James Bond Romane neu Veröffentlichung

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Casino Hille hat geschrieben: 27. Juli 2020 17:43 Zum Thema revisionistischer Zensur gibt es aber viele Meinungen und da ist es längst nicht so einfach wie im individuellen Einzelfall. Was ist mit den Opfern von Autounfällen, die sich an der möchtegern coolen Art von bspw. "Alarm für Cobra 11" stören? Was ist mit den Opfern reeller physischer Gewalt, die in den Materialschlachten der Bondfilme (zurecht) eine Verharmlosung dieser Gewalt erkennen?
Du kannst Opfer von Unfällen doch aber nicht mit Opfern von Rassismus oder Sexismus vergleichen... oder gar gleichsetzen.
Jeder kann in einen Unfall geraten... jeder kann Opfer von Gewalt werden.
Du als weißer Mann wirst aber wahrscheinlich niemals Sexismus oder Rassismus am eigenen Leib erfahren.

Noch dazu verhöhnt oder diskriminiert die dämliche Action bei Cobra11 keine Unfallopfer.

Ich verstehe Deine Frage zwar, sie denkt aber in eine falsche Ecke. Denn auch wenn Du sie nicht als Whataboutism verstanden haben willst, ist es eben doch eben eine solche Frage.

P.S. Ich muss aber auch sagen, dass ich nicht jeder Aussage Jaybees Recht gebe. Einige Sachen waren früher einfach anders.
www.ewiggestern.de (der Retro-Podcast)