Re: Die Filme des Ron Howard

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Ich zitiere mich mal hierzu selbst:
AnatolGogol hat geschrieben:Zumindest einen Superlativ verdient sich Howards jüngstes Werk: er ist der wohl am hässlichsten ausschauende Film, den ich je gesehen habe. Nicht nur dass Howard offensichtlich bestrebt war neue Maßstäbe im "Teal&Orange"-Wahn zu setzen (viele Szenen ersaufen regelrecht in türkis), auch generell sieht der Film optisch durch die komplett verdrehte Farbpalette und den oftmals übermäßig digitalen Look extrem künstlich aus, was sich wiederum wunderbar beisst mit der Handvoll offensichtlich vor realen Hintergründen gedrehten Szenen, die wiederum einen fast schon hyperrealen Touch haben.(...)
In Summe ein sehr mittelmäßiger, optisch potthässlicher Film mit ein paar guten Ansätzen.
Das eigentlich traurige ist, dass Inferno auch furchtbar ausschaut, zwar nicht so übel verdreht wie Im Herzen der See, aber auch sehr künstlich und digital steril. Dabei haben Howards Filme früher wirklich toll ausgesehen, z.B. In einem fernen Land. :cry:
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Re: Die Filme des Ron Howard

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Für mich zweifellos einer der besten Filme von Ron Howard ist Rush. Was an Rush allerdings wirklich herausragend ist, ist das Drehbuch von Peter Morgan, der definitiv einer der besten gegenwärtigen Autoren ist. Anhand des Drehbuchs erkennbar ist die Formel 1 Verfilmung nämlich der Beweis dafür, dass Ron Howard vor allem eines war: Ein begabter Handwerker, dessen filmische Qualität mit dem Niveau des Drehbuchs steht und fällt. Rush erinnert natürlich wegen der Kreuzung Howard-Morgan überdeutlich an die Frost/Nixon Verfilmung, hat aber auch genug eigenständiges zu bieten, vor allem den stark eingefangenen Zeitkolorit und die treibende Automobilrasanz. Interessant ist, wie wenig Formel 1 und der Sport selbst eigentlich im Mittelpunkt stehen und bis auf den Unfall und den Showdown in Japan nur als "Actionelemente" (die von der Musikschmiede Zimmer turbulent untermalt sind) eingesetzt werden, aber vorbildlicherweise spielt sich das wahre Drama abseits der Rennstrecke ab. Angenehm war für mich, dass die Geschichte nicht mit höchstem Willen versuchte, die tatsächlichen Begebenheiten abzubilden, sondern ein fiktives Werk blieb, welches die historischen Ereignisse eher als grobe Basis sieht, auf dem die dramaturgischen Zuspitzungen stattfinden. Sehr sehr cool war das am 70er Jahre TV-Bild orientierte Color Grading, besonders in den Rennszenen konnte man wirklich der Illusion erliegen, einige Aufnahmen könnten originale Aufnahmen aus den 70ern sein. Ganz so grandios wie etwa Grand Prix von Frankenheimer gerät der Film dabei nicht, aber als Hollywood-untypisches Drama über zwei ungewöhnliche und erstaunlich komplex gezeichnete Protagonisten ist das mehr als gehobene Unterhaltung.
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Re: Die Filme des Ron Howard

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Schön geschrieben, Hille! Morgan hat wirklich ein einmaliges Händchen dafür historische Stoffe als Hintergrund für fein gezeichnete Charakterdramen zu nutzen. Auch wenn meine Begeisterung für Rush nicht mehr ganz so hoch ist wie noch im Kino (wo einfach der Wow-Effekt viel größer war), so halte ich ihn immer noch für einen der gelungensten Filme von Howard (btw: in der Glotze läuft gerade seine "Moby türkis" brrrr, was für ein hässlicher Film und ein guter Beleg dafür, wie tief der einst so zuverlässig solide Howard gesunken ist). Ich bin auch ganz bei deiner Einordnung des Films gegenüber Frankenheimers rasanter Renn-Oper: da zieht der PS-Rausch dann doch deutlich den Kürzeren, auch weil bei aller Wertschätzung die Besetzung von Rush trotz des formidablen Brühl der von Grand Prix nicht das Wasser reichen kann. Auch ist Frankenheimers adrenalingeschwängerte und visuell höchst einfallsreiche Inszenierung der von Howard deutlich überlegen. Und last not least: you can't beat the real thing! Angesichts des übersichtlichen Budgets von Rush sind die Rennszenen durchaus authentisch rekreiert worden, aber das Grandiose an Grand Prix ist halt, dass da nix (bzw. wenig) rekreiert ist, sondern man echten Rennfahrern bei echtem Rennsport zuschaut (oder tollkühnen Schauspielern, die in heissen Kisten ihren Hals riskieren: Chapeau, Mr. Garner!). Da kann dann lediglich die andere große Perle des Rennfilms mithalten, McQueens nicht weniger legendärer Le Mans.
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Re: Die Filme des Ron Howard

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AnatolGogol hat geschrieben: 22. Juli 2018 20:37Da kann dann lediglich die andere große Perle des Rennfilms mithalten, McQueens nicht weniger legendärer Le Mans.
Le Mans und Grand Prix wären für mich auch die beiden ganz großen mir bekannten Rennfahrerfilme, obwohl Rush wirklich ein sehr guter Film ist. Und ja, das liegt absolut vor allem an Peter Morgan, der wirklich vorbildlich mit Gegensatzpaaren zu arbeiten versteht. Das ist eigentlich das erstaunlichste an Rush, wie hier wirklich alles seine zwei Seiten hat. Nicht nur der Film selbst durch die doppelte Hauptfigur, sondern auch jedes Element der Handlung des einen spiegelt sich in der des anderen oder entpuppt sich im Nachhinein als weniger eindeutig als gedacht. In seinem dramaturgischen Ausbau würde ich das fast als mustergültig bezeichnen, wenn es in Frost/Nixon nicht sogar noch alles um eine Spur weitergedacht wäre. :D
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Re: Die Filme des Ron Howard

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"Rush" ist fantastisch. Klar bekommen wir einen Einblick in die Geschichte von Niki Lauda - aber für mich ist der Film noch mehr als das. Er schafft es perfekt sowohl die Rivalität als auch die Freundschaft von James Hunt und Niki Lauda darzustellen und für beide Sympathie zu wecken. Die Action und auch das Drama abseits der Rennstrecke wird richtig toll inszeniert und mit einem coolen Soundtrack von Zimmer unterlegt. Wenn man sich über Top-Leistungen in der Karriere von Chris Hemsworth und auch Daniel Brühl austauscht, kommt man auch an "Rush" nicht vorbei !
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Re: Die Filme des Ron Howard

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Eigentlich ist es doch so, dass der Film sogar wesentlich mehr auf Hunt konzentriert ist für eine lange Zeit. Ich habe das beim ersten Mal so empfunden, dass der Film aus der Erinnerung von Lauda seine Beziehung zu Hunt erklärt. Sicher, das stimmt nicht ganz, der Film versucht schon, beiden gleich viel Raum zu geben, aber das Chris Hemsworth als erster im Abspann genannt wird ist so falsch nicht.
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