Re: Nicolas Winding Refn

31
Ich kann Refns Filmen nicht sehr viel abgewinnen. Am ehesten gefallen mir Only God Forgives und Pusher 1. Drive mag ich überhaupt nicht - eine merkwürdige Kreuzung aus lynchesquer Ästhetik und scorsesianischen Motiven - zwei Regisseure, die ich bewundere und wirklichen Tiefgang versprechen.

Ich habe das Gefühl Refn versucht mithilfe der hochstilisierten Gewaltdarstellungen in Drive kathartische Entladungs-Momente zu erzeugen. Allerdings hält er derart gefällig drauf, dass man nicht um den Verdacht herum kommt, Refn mache all dies zum Selbstzweck, was ich zumindest moralisch fragwürdig finde. Hier sind wir ganz weit weg von einem Gaspar Noe oder Sam Peckinpah. Hinzu kommt eine höchst seichte und vorhersehbare Story daher, die emotional bewegen und möglichst deep wirken soll. Leider sind bis auf wenige Ausnahmen sämtliche Charaktere derart plump und klischeehaft gezeichnet, dass es schwer fällt mit ihnen zu empathieren. Unerträglich ist auch die prätentiöse Machart Refns mit seinen Zeitlupen. So bleiben unterm Strich ein paar schöne, bzw. stylische Bilder, die alle fünfzehnjährigen Instagram Hipster-Gören mit Ryan Gosling-Faible zufrieden stellen sollten. Eine leere Hülle, das beste an dem Film ist der geniale Vorspann. Möchtegern -> 4/10.

Re: Nicolas Winding Refn

36
The Neon Demon

Ich habe Winding Refns äusserst umstrittenen Only God Forgives in sehr guter Erinnerung, nämlich als faszinierende Symbiose aus Gewalt, Ästhetik, Spannung und Abstraktion. The Neon Demon - eher weniger. Winding Refn gelingt in seiner neongetränkten, surrealen Filmsprache zwar erneut eine Reihe toller Bilder und Szenen, dafür konnte ich mit der zunehmend ins Groteske übergehenden Geschichte um den Schönheitswahn in der kalifornischen Laufstegszene nicht so viel anfangen, gewollt oder ungewollt ist mir der Film in manchen Teilen genauso oberflächenschön, steril und gekünstelt vorgekommen wie seine abstossenden Protagonistinnen. Auch zur erneut ziemlich drastischen Gewalt habe ich diesmal keinen wirklichen Zugang gefunden, das ist mir am Ende alles ein bisschen zu extrem und überzeichnet erschienen, um in dieser Form der künstlerischen Verarbeitung noch zu funktionieren geschweige denn zu faszinieren, etwas was ich z.B. auch bei Oldboy sehr ähnlich in Erinnerung habe. Erst einmal leider nur 4/10, dann lieber bald noch einmal Only God Forgives.
We'll always have Marburg

Let the sheep out, kid.

Re: Nicolas Winding Refn

37
Der schwächste Film von Refn dürfte Bronson sein, auch weil er sich da zu sehr auf den arg chargierenden Tom Hardy verlässt, und die Gewalt am Ende eher abstumpft denn mitreißt und bewegt. Großes Kino sind dagegen Valhalla Rising und besonders Bleeder, genauso wie Only God Forgives und Drive mit gehörig Schmackes erzählt sind. The Neon Demon habe ich nur einmal etwas zu übermüdet gesehen, aber wie in OGF dürfte da deutlich mehr zu entdecken sein, als es den Anschein macht.
https://filmduelle.de/

Let the sheep out, kid.

Re: Nicolas Winding Refn

38
Nah, ich bleibe da meiner Exotenmeinung (die meisten lieben oder verabscheuen ja jeweils sowohl OGF als auch TND). Only God Forgives habe ich vor zwei Jahren gesehen und als sehr beeindruckende Symbiose aus Abstraktion, Ästhetik, Thriller und (Bild-)Gewalt in Erinnerung, mindestens 9 Punkte. The Neon Demon fand ich eher langweilig und geschmacklos. Abgesehen von den abstossenden Charakteren (nur Keanu Reeves erschien komischerweise noch normal in diesem Zirkus) ist es für mich auch immer ein sehr schmaler Grat, wenn ein Film extreme psychische und physische Gewalt beinhaltet. Das kann sehr gut funktionieren und faszinieren (A Clockwork Orange, Blue Velvet, oder eben Only God Forgives) aber für mich auch schnell übers Ziel hinausschiessen (Neon Demon, Oldboy oder Aronofskys doofen Polanski-Abklatsch letztes oder vorletztes Jahr).

Abgesehen von den beiden habe ich nichts von Winding Refn gesehen
We'll always have Marburg

Let the sheep out, kid.

Re: Nicolas Winding Refn

39
Kann ich gut verstehen, Refn macht eben ein extremes Angebot, und das kann von der eigenen Stimmung, Tagesform oder manchmal auch von weniger klar definierten Aspekten abhängen, warum es das eine Mal schmeckt und das andere Mal dafür wieder nicht. Oldboy und Mother finde ich auch eher öde, würde das aber in beiden Fällen nicht unbedingt über die Gewaltdarstellungen begründen, obwohl Mother zugegeben mit seinen perversen Ekelheiten auch für mich in dieser Form sicher deutlich too much war.

Ich würde dir Valhalla Rising und Bleeder empfehlen, das sind grandiose, fiese, aber verstörend-faszinierende Perlen.
https://filmduelle.de/

Let the sheep out, kid.

Re: Nicolas Winding Refn

42
Überrascht mich, vor allem die Adjektive "geschmacklos" und "abstoßend". Ich mochte The Neon Demon, und denke daß ich den ebenfalls noch mehr mögen werde wenn ich ihn noch mal schaue. Das scheint aber für alle Refn Filme zu gelten, und spricht für ihn.

Re: Nicolas Winding Refn

43
Das bezieht sich vor allem auf die Plastikpüppchen von Charakteren und die überzogenen Gewaltdarstellungen. Klar ist das irgendwie Sinn der Sache, aber gefallen hat es mir trotzdem nicht.

Eigentlich reizt mich Winding Refns Filmografie trotz Only God Forgives nicht so wirklich. Ausser Drive, den will ich noch sehen.

Ah und doch, ich kenne noch jemanden die Neon Demon stark fand und Only God Forgives dafür nicht. Wir haben nämlich die Filme voller Vorfreude getauscht und dann beide recht enttäuscht wieder zurückgegeben. Witzig.
We'll always have Marburg

Let the sheep out, kid.