Re: Die Filme des Oliver Stone

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Noch ein Wort hinsichtlich geschichtlicher Authentizität des Films: eines von Stones zentralen Anliegen war es offenbar "historische Wahrheiten" zumindest in Frage zu stellen (was gerade angesichts seines eigenen Oevres fast schon ironisch anmutet). Vor allem durch Hopkins Rolle lässt er ja keinen Zweifel daran, dass das was letztlich überliefert wurde nicht zwangsläufig bzw. nur bedingt etwas mit der Wirklichkeit zu tun hat. Im Film bleibt es am Ende dann doch nur die Erinnerung eines alten Mannes, die nicht notwendigerweise Anspruch auf eine genaue Abbildung der Tatsachen erhebt. Ptolomäus stellt seine eigene Erzählung am Ende gar in Frage, als er sinngemäß meint "war Alexander tatsächlich so großartig? Natürlich nicht, kein Mensch kann je so sein".
"Ihr bescheisst ja!?" - "Wir? Äh-Äh!" - "Na Na!"

Re: Die Filme des Oliver Stone

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Ja, nur sprechen die über Alexander bekannten Fakten (v.a. der Eroberungszug) dafür, dass es sich um einen enorm starken Charakter gehandelt haben muss. Natürlich muss er nicht sympathisch gewesen sein, aber ganz sicher charismatisch. Ansosnsten wären hm die Makedonen bei einem für sie immer sinnloser werdenden Eroberungszug nie und nimmer gefolgt (sie hatten gar keine Veranlassung dazu). Im Kinofilm erscheint Alexandewr als wankelmütiger Weichling was ich für Verlaub für absoluten Blödsinn halte. Das macht einfach nicht den geringsten Sinn. So kommt man der historischen Figur garantier nicht näher. Den Ultimate Cut kenne ich nicht.
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Re: Die Filme des Oliver Stone

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vodkamartini hat geschrieben:Im Kinofilm erscheint Alexandewr als wankelmütiger Weichling was ich für Verlaub für absoluten Blödsinn halte. Das macht einfach nicht den geringsten Sinn. So kommt man der historischen Figur garantier nicht näher.
Jein, ich finde ja auch wie bereits geschrieben, dass Alexander im Kinocut deutlich weichlicher und unbeholfener rüberkommt. Dennoch ist er selbst da keine weinerliche Lusche a la Burtons Mark Anton. Im UC wird dann vieles seiner Charakterentwicklung viel deutlicher und man kann sein zuweilen zweifelndes Verhalten besser nachvollziehen. Und genau das ist dann ja auch die Kernaussage des von mir schon geposteten Ptolomäus-Schlusswortes: kein Mensch ist so grossartig wie die überhöhte Überlieferung des Alexander-Mythos. Natürlich hatte der Kerl Zweifel, alles andere wäre bei dem Druck unter dem er stand nicht menschlich. Und ich finde schon, dass selbst der Kinocut dem Charisma Alexanders sehr deutlich Rechnung trägt, am deutlichsten in der bereits erwähnten Ansprache an seine Truppen bei Gaugamela. Die zweite diesbezügliche Schlüsselstelle kommt im Ultimate Cut dann besser rüber, nämlich als seine Truppen in Indien zu meutern drohen und er sie mit einer sehr manipulativen Ansprache doch wieder rumkriegt. Für mich passt das schon, wenngleich ich deine Einwände sehr gut verstehen kann. Der Alexander in der Stoneschen Interpretation ist sicher kein Maximus jenseits von Selbstzweifeln und Fehl und Tadel.
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Re: Die Filme des Oliver Stone

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Born on the 4th of July - mal wieder eine filmische Bildungslücke geschlossen. Sehr interessanter und starker "Kriegs"-Film, virtuos und dynamisch in Szene gesetzt, bärenstark gespielt von Tom Cruise der wohl vorher und nachher nie so sehr Charakterdarsteller und so wenig Sunnyboy war, exzellente Leistung. Erzählerisch ist der Film in Stimmung und Setting sehr abwechslungsreich, ohne je in Episoden zu zerfallen. Für mich satte 9 Punkte auf dem Stoneometer.
We'll always have Marburg

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Re: Die Filme des Oliver Stone

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Beide Filme sind definitiv recht unterschiedlich. Born on the 4th ist eine direkte, konkrete Biografie, an der der betroffene Protagonist direkt mitgearbeitet hat, Platoon ist zwar auch biografisch geprägt, verarbeitet Stones Erfahrungen aber viel loser und allgemeiner. Ausserdem ist Platoon als Film roher und wilder, verglichen mit der ästhetischen Eleganz von 4th of July. Klasse sind beide, aber ich würde Platoon dennoch den Vorzug geben.
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