Re: Die Filme von Paul Verhoeven

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Casino Hille hat geschrieben: 12. April 2018 14:26Seinen Elle habe ich aber noch nicht gesehen - es ist allerdings noch für dieses Wochenende fest eingeplant.
Upps, hat doch etwas länger gedauert, aber es hat sich wirklich gelohnt. Habe gerade um diese späte Stunde zwei Stunden total gebannt vor meinem Abspielgerät gesessen. Großartiger, sehr subtiler und böser Film, den ich verdammt noch mal in Kino hätte sehen sollen. Werde mich demnächst noch mal ausführlicher äußern, bin jetzt etwas zu müde um jetzt über den doch ordentlich komplexen Plot referieren zu können.
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Re: Die Filme von Paul Verhoeven

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Wobei ich sagen muss: Starship Troopers und Flesh & Blood sind hervorragend. Und ich mag auch Total Recall, Showgirls und Basic Instinct. Nur nicht so sehr wie die breitere Masse, sag ich mal - Showgirls allerdings vermutlich eher deutlich mehr als die breitere Masse. :wink: Elle ist auf jeden Fall ein sehr ungewöhnlicher Verhoeven, der sich recht Puzzle-artig präsentiert und fast schon intim das Bild seiner Protagonistin zeichnet, wenngleich er dabei typisch für ihn politisch unkorrekt und mit genauer Beobachtung vorgeht. In jedem Fall hoch spannend, mit überraschendem Ausgang, der sich erst falsch anfühlte, in der Retrospektive aber genau richtig war.
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Re: Die Filme von Paul Verhoeven

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Ich habe meine langjährige Drohung in die Tat umgesetzt und in den letzten Tagen einen Querschnitt durch das Werk Verhoevens gewagt. Die Auswahl der Filme mag beliebig erscheinen, Grund dafür ist dass es die wenigen sind, die ich vorrätig hatte.


RoboCop (1987)
Um ehrlich zu sein, ich habe von der wandelnden Konservendose nicht viel erwartet und wurde auch nicht besonders überrascht. Der Film funktioniert im Kern noch besser als Rachethriller denn als dystopische Satire, weil er auf diesem Gebiet bei allem Lärm und Radau auch zu nichtssagend bleibt - ein bisschen Bandenkrieg, ein bisschen Unruhen, und eine böses, gigantisches Unternehmen, oder besser gesagt ein paar böse Einzelpersonen in Firmenvorstand. Aber auch als reiner Actionreisser hat mich RoboCop wenig überzeugt, was in erster Linie daran liegt dass die Actionszenen äusserst sperrig und undynamisch inszeniert sind und vieles nicht gut gealtert ist, bzw. eine meterdicke 80er-Patina trägt, die gar nicht mein Fall ist. Wenn dann auch die Schauspieler grösstenteils langweilig bleiben oder aber übers Ziel hinausschiessen - gerade auf Seiten der Schurken wird eine ganze Riege chargierender Ganoven geboten - verschwimmen die Grenzen zwischen Satire, ernstgemeinter cooler Action, freiwilliger und unfreiwilliger Komik und lässt sich von meiner Seite das Meiste gar nicht einordnen, was das jetzt genau soll und wie ich es empfinden müsste.
Wertung: 4,5 / 10


Total Recall (1990)
Total Recall ging wesentlich besser über die Runden als die Blechbüchse, was an einer Reihe von Faktoren liegt: Mit Arnie "I'm the Gavenah of Kälifohnia and kick the Gavenah of Mahrs in his Äss" ist ein cooler Typ am Ruder, die Action ist deutlich schmissiger in Szene gesetzt, die ganze Produktion wesentlich hochwertiger, Sharon Stone ist sexy, die Zukunftsvision und der Sci-Fi-Aspekt sind um einiges origineller und eigenständiger und die doppelbödige Verwechslungs-Spionage-Story legt ein gutes Tempo vor. Ich habe mich dabei ertappt, wie ich mich eigentlich gut amüsiert habe, vor allem in der atemlosen ersten Hälfte, die zweite büsst dann doch ein bisschen Dynamik und Coolness ein mit Kuriositäten wie dem hellsehenden Mutanten-Fötus und dem generell etwas einfallslosen Schluss. Direkt nach der Sichtung hätte ich noch einen Punkt mehr vergeben, aber schon mit einer Nacht Abstand ist der Film dann doch wieder auf ein etwas nüchterneres Spasslevel geschrumpft.
Wertung: 6,5 / 10


Hollow Man (2000)
H.G. Wells meets Jekyll and Hyde meets Krawall-Blockbuster. Die Idee der Geschichte ist eigentlich richtig gut, viele Ansätze wissen zu überzeugen, aber so ganz zünden will das Ganze dann trotzdem nicht. Einzelne Szenen sind stark und wirkungsvoll umgesetzt mit eleganter, voyeuristischer Kameraarbeit, einfallsreichem Einsatz der Unsichtbarkeits- und Spezialeffekte sowie dem atmosphärischen Score von Jerry Goldsmith, aber den Film als Ganzes will es dennoch nicht so richtig über die Runden bringen. Die Figuren sind allesamt ziemlich langweilige Nervensägen, das Horror- und Splatter-Element läuft trotz aller handwerklicher Vorzüge total vorhersehbar ab und der Schlussakt avanciert zum bombastischen Haudrauf-Showdown, in dem niemand totzukriegen ist. So bleibt es bei der spannenden Ausgangsidee, gutem Regiehandwerk und einem schönen Score.
Wertung: 4,5 / 10


Zwartboek (2006)
Es geschehen noch Wunder. Black Book ist für mich mit Abstand der beste Verhoeven bisher, und mir erscheint das so selbstverständlich, dass es schwer ist zu sagen, warum. Gründe, wie dass die Geschichte wesentlich greifbarer und die Bildsprache um einiges lebendiger und eleganter sind als in den drei Zukunftsgrotesken scheinen eher gegen das Sci-Fi-Genre zu sprechen als für Black Book. Aber ja, die Geschichte ist greifbar, die Ausstattung und Inszenierung filmisch und stark, die ambivalenten und zwielichtigen Charaktere erhalten ein Eigenleben und sind grösstenteils stark gespielt und die vielen Intrigen, Ränkespiele und Wendungen halten die Spannung konstant hoch. Eigentlich ein hervorragender Film, der mühelos die Genres Krieg, Romanze, Drama, Spionage und Rachethriller fusioniert, aber im letzten Drittel des zweieinhalbstündigen Films, etwa ab Kriegsende, war es mir womöglich sogar eine Spur zu viel Twists und doppelte Böden. Dennoch sehr gelungen.
Wertung: 8 / 10
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Re: Die Filme von Paul Verhoeven

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Tut mir leid, dass es so schmerzhaft für dich war und du keinen Zugang zu vor allem Robocop gefunden hast. Mag jetzt doof klingen, aber Verhoeven ist halt wirklich nicht jedermanns Sache. Für mich ist Robocop Pauls bester Film. Immehrin hat dich Zwartboek etwas entschädigt und das legt den Schluss nahe, dass du vermutlich um Verhoevens Hollywood-Filme eher einen Bogen machen und bei Interesse eher mal in seine europäischen Filme reinschauen solltest. Wobei auch diese zu heterogen sind, als dass man die über einen Kamm scheren kann. Schwierig hier also überhaupt irgendwelche sinnvolle Empfehlungen zu geben. :)
GoldenProjectile hat geschrieben: 24. November 2019 12:42 Ich bin mittlerweile der Überzeugung, dass Scorsese der mit riesigem Abstand kontroverseste Regisseur des Forums ist. In diesem Thread schockiert mich gar nichts mehr :)
sieht so aus, als ob der olle Marty sich über ein bisschen Gesellschaft freuen kann. :)
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Re: Die Filme von Paul Verhoeven

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AnatolGogol hat geschrieben: 5. Dezember 2019 07:01 Tut mir leid, dass es so schmerzhaft für dich war
Ach was, so schlimm war es nun wirklich nicht. :wink: RoboCop (und ich sehe gerade, der wurde hier im Thread schon viel schlimmer abgestraft) war halt wirklich nicht meins und wie Hille auch schon andeutet finde ich das auch durchaus nachvollziehbar, von Hollow Man hast du mir selber mehrfach abgeraten und über die anderen kann ich nicht viel Schlechtes sagen - Total Recall gefiel mir unterm Strich sogar besser als bei der Erstsichtung, auch wenn die Wertung wohl etwa dieselbe geblieben ist, aber da hat sich halt meine Skala in der Zwischenzeit verändert und mehr nach unten geöffnet.
AnatolGogol hat geschrieben: 5. Dezember 2019 07:01 sieht so aus, als ob der olle Marty sich über ein bisschen Gesellschaft freuen kann. :)
Ja, spätestens seit Kubrick salonfähig geworden ist liegen die beiden weit vorne. Wer jetzt die Nummer 1 ist (als bester Regisseur oder als kontroversester Regisseur, was ja gerade zusammenhängt), darüber lässt sich wohl streiten. :wink:
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Re: Die Filme von Paul Verhoeven

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Casino Hille hat geschrieben: 5. Dezember 2019 09:32 Zumindest die 80er Patina kann man Robocop kaum absprechen oder?
Nein, aber ich finde so etwas nicht negativ (wenn damit gemeint ist, dass der Film viele sehr zeitgenössische Elemente an Bord hat). Dass die Grenzen bei dem Film zwischen den Genres sowie Spass/Ernst verschwimmen würde ich übrigens auch voll unterschreiben, aber genau das ist von Verhoeven ja auch gewollt. Die chargierenden Ganoven, wie sie GP genannt hat, sehe ich auch, aber das macht für mich auch einen Grossteil des Spasses aus und ist von Verhoeven ebenfalls fraglos so gewollt (der Comichafte Hintergrund wird nie verleugnet). Wobei ich gerade Ronnie Cox, Kurtwood Smith und Miguel Ferrer (den ich unbedingt zu den Schurken dazu zählen möchte) darstellersich schon stark und abwechslungsreich empfinde. Weller ist für mich ebenfalls ein echter Pluspunkt, da er den Kontrast zwischen Murphy und Robo sehr überzeugend spielt. Schön, wie er als Robo mehr und mehr leichte Nuancen in seine Mimik einbaut, um ihn menschlicher zu machen bzw. seinen inneren Konflikt zu verdeutlichen.
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Re: Die Filme von Paul Verhoeven

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AnatolGogol hat geschrieben: 5. Dezember 2019 10:08 Miguel Ferrer (den ich unbedingt zu den Schurken dazu zählen möchte)
Definitiv gehört er dazu, und Ferrer fand ich mit das Beste am Film, weil ich ihn immer gerne sehe, aber von dem kenne ich auch bessere Rollen. Bei Weller konnte ich nur wenig Nuancen erkennen, tut mir leid... (ich habe fast das Gefühl, dass mein Urteil für dich schmerzhafter ist als die Filme für mich, das waren sie nämlich nicht :) )

Beim Schwarzbuch war ich übrigens gestern bis zum Abspann fest davon überzeugt, dass es sich bei dem Widerständler, dessen Sohn geschnappt wird, um Uns Georgi handelt, aber ich dachte wohl dass Hauer und/oder Krabbé in jedem niederländischen Film auftreten.
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Re: Die Filme von Paul Verhoeven

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Ich halte ja Elle für den tatsächlich besten Verhoeven und generell für einen der besten Filme der 2010er Jahre. Leider nur mit verhunzter deutscher Bluray-Veröffentlichung, da kann man nur mit dem Kopf schütteln. Trotzdem ein regelrecht großartiger Film. Beim Robocop bin ich, Sorry General, tendenziell eher bei meinem Mod-Kollegen. Das hängt nicht unbedingt mit der 80er Jahre Patina zusammen, die ich eher charmant finde, aber mit der enorm schwachen Inszenierung, die nur dann etwas netter wird, wenn es zu schönem Gesplatter kommt. Und mit den unterirdischen Schauspielleistungen. Nicht mal mit der beabsichtigten Satire kann ich etwas anfangen, das ist mir zu grobmotorisch und erzwungen derb, und wenn eher unfreiwillig lustig. Was merkwürdig ist, da ich andersrum Starship Troopers großartig finde, gerade als satirischen Actionreißer, der letztlich auf dieselben Mittel wie der Blecheimer zurückgreift. Aber es hilft im Falle Robocop nun mal leider alles nichts...
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Re: Die Filme von Paul Verhoeven

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Casino Hille hat geschrieben: 5. Dezember 2019 12:03 Und mit den unterirdischen Schauspielleistungen.
kannst du da mal bitte Beispiele nennen? Ich sehe da eher eine ganze Reihe an richtig guten Darstellungen, unterirdisch im Sinn von so schlecht wie man es sich nur vorstellen kann (so würde ich das verstehen) kann ich ehrlich gesagt nicht mal im Ansatz nachvollziehen.
Casino Hille hat geschrieben: 5. Dezember 2019 12:03 Ich halte ja Elle für den tatsächlich besten Verhoeven und generell für einen der besten Filme der 2010er Jahre. Leider nur mit verhunzter deutscher Bluray-Veröffentlichung, da kann man nur mit dem Kopf schütteln.
Nimm doch die schweizer BD, die läuft in korrekter Geschwindigkeit und hat die deutsche Synchro.
GoldenProjectile hat geschrieben: 5. Dezember 2019 09:48 (als bester Regisseur oder als kontroversester Regisseur, was ja gerade zusammenhängt),
Ich denke auch, dass es fast schon eine Grundvoraussetzung für einen "Meisterregisseur" ist kontrovers und eben nicht "everybody's darling" zu sein. Die alte Weisheit "viel Feind, viel Ehr" ist nicht gänzlich aus der Luft gegriffen. :D
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Re: Die Filme von Paul Verhoeven

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AnatolGogol hat geschrieben: 5. Dezember 2019 13:09 kannst du da mal bitte Beispiele nennen? Ich sehe da eher eine ganze Reihe an richtig guten Darstellungen, unterirdisch im Sinn von so schlecht wie man es sich nur vorstellen kann (so würde ich das verstehen) kann ich ehrlich gesagt nicht mal im Ansatz nachvollziehen.
Ich bin zwar nicht gemeint und finde den Begriff auch zu hart, mich hat schauspielerisch aber auch nichts sonderlich begeistert. Weller wie gesagt ziemlich blass, auch hat er wenig Möglichkeiten, und die Kurtwood Smith-Bande, vor allem der dunkle und Ray Wise, waren stark an der Grenze zum Chargieren. Viel gackerndes Lachern, viel Cartoon-Bösartigkeit, wirklich bedrohlich konnten die auf mich nicht wirken. Ferrer und Cox waren wie gesagt okay, aber auch da hat's mich einfach nicht richtig mitreissen wollen.
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Re: Die Filme von Paul Verhoeven

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Ja, die Schurken chargieren was das Zeug hält, im wirklich unangenehmen Bereich und Wellers Art, seine Sätze zu performen ist furchtbar. Aber man kann das problemlos anders sehen Anatol, und ich denke, wenn man mit dem Film als Ganzes zufriedener ist, dann passen die Schauspieler auch besser ins Konzept.

Wo krieg ich die Schweizer Bluray denn zu einem vernünftigen Preis? Hat jemand da einen Link für mich? :)
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Re: Die Filme von Paul Verhoeven

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Casino Hille hat geschrieben: 5. Dezember 2019 13:57 Ja, die Schurken chargieren was das Zeug hält, im wirklich unangenehmen Bereich(...) Aber man kann das problemlos anders sehen Anatol, und ich denke, wenn man mit dem Film als Ganzes zufriedener ist, dann passen die Schauspieler auch besser ins Konzept.
Das ist denke ich der Punkt und gerade bezüglich der Darstellungen würde ich da dann auch kein handwerkliches Problem sehen sondern eher ein generelles Problem mit der Ausrichtung bzw. ob man diese (wie auch den Stil der Darstellungen) für angebracht hält. Ich finde gerade dieses übertriebene Macho-Gehabe ganz köstlich. Es passt auch wie ich finde wunderbar zu den diversen comedy-Einschüben wie z.B. dem "kauf ich für nen Dollar"-Typ oder wenn ED-209 bei seiner ersten Präsentation mal schnell den jungen, dynamischen OCP-Manager wegballert (eine Szene, die ja eigentlich überhaupt nicht lustig sein dürfte, die Verhoeven aber so over-the-top zelebriert, dass man einfach grinsen muss). Aber davon ab chargieren ja bei weitem nicht alle Schurken, eigentlich ja nur die Fußsoldaten. Sobald es in der Hierarchie weiter hoch geht, werden auch die Darstellungen wesentlich ernsthafter und dunkler. Cox ist da finde ich ein sehr gutes Beispiel.
Casino Hille hat geschrieben: 5. Dezember 2019 13:57Wo krieg ich die Schweizer Bluray denn zu einem vernünftigen Preis? Hat jemand da einen Link für mich? :)
schaust du hier:
https://www.cede.ch/de/movies/?view=det ... d=15323093
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