dernamenlose hat geschrieben: 21. August 2020 12:39
Casino Hille hat geschrieben: 21. August 2020 09:53
Ich denke, da fallen einem vor Nolans Batmännern noch ein paar andere Filme ein, die mehr für das Paradebeispiel für epische Filme taugen.
Ich würde auch nicht alle drei Filme nennen, sondern ganz speziell "The Dark Knight Rises". The Drak Knight ist zwar der bessere Film allerdings nicht wirklich episch
Ich hab ja eigentlich auch nur ein kleines Späßchen machen wollen, weil ich jetzt bei dem Wort "Paradebeispiel" nicht direkt an "The Dark Knight Rises" denken würde, sondern an Filme, die gemeinhin von einer breiten Masse mit dem Begriff "episch" (der heute übrigens ganz falsch benutzt wird) assoziiert werden – wie beispielsweise "Herr der Ringe". Bei sowas darfst du mich doch nicht im Kern schon abwürgen, ich wollte doch nur durch die Nennung von Jacksons Ring-Trilogie eine Reaktion der Herren Maibaum und Anatol provozieren (denn wenn die über den Ringmann reden, wird es immer lustig im Forum).
dernamenlose hat geschrieben: 21. August 2020 12:39
Casino Hille hat geschrieben: 21. August 2020 09:53
"The Dark Knight Rises" kommt denke ich so schlecht weg, weil es auch in meinen Augen von den drei Filmen derjenige ist, der einige offensichtliche Probleme im Plot hat, die sich schwer wegdiskutieren lassen (und die selbst mich als alten Logik-Vernachlässiger enorm stören)
Kannst du da ein paar nennen? Mir fallen da ehrlich gesagt keine ein. Da sehe ich bei Inception (den ich dennoch sehr schätze) deutlich mehr. Nur beschwert sich da kaum einer drüber.
Hat "Inception" welche, die über einige Unwahrscheinlichkeiten hinaus gehen, die jedes Fantasy-Szenario mit sich bringt? Bei einem Film wie "Inception" gibt es ein gewisses Maß an Suspension of disbelief, welchen man als Zuschauer selbst leisten muss, um sich nicht den Spaß zu verderben. Dieses Maß hat übrigens jeder Film, aber je weiter entfernt von der Realität das Szenario des Films sich orientiert, umso größer wird der erforderliche Suspension of disbelief. Sobald man den als Zuschauer nicht mehr bereit zu tragen ist, wird man zu einem Nick Rivers und wundert sich Jahre lang, wieso Menschen die völlig realitätsfernen Bond-Filme mögen können.
Gibt es da bei "Inception" echte Logikfehler? Als ich ihn zuletzt im Dezember 2019 sah, war ich wieder begeistert, wie schlau hier alles ineinander greift und sich stets erklären lässt, und wie vieles (obwohl der Film sehr erklärfreudig ist) dann doch zwischen den Zeilen gesagt und vorbereitet wird. Ich kann mich nur noch erinnern, dass sich 2010 viele Internet-Nerds an der Funktionsweise des Limbos (bzw. des Entkommens aus dem Limbo) gestört haben, aber da ist alles relativ lückenlos (solange man die generelle Existenz einer Inception, eines Limbos, eines Dream-Sharing-Apparats etc.) mitzugehen bereit ist.
Zu TDKR: Wie gesagt ist mir Logik meist gar nicht so wichtig, solange ein Film das richtige Verhältnis aus einer Art erzählerischem Aufwand und klimaktischem Ergebnis bietet. Soll heißen: Ob beispielsweise der Plan von Karl Stromberg in TSWLM oder der Plan von SPECTRE in FRWL zu tausend Prozent Sinn ergibt, ist nicht so entscheidend, solange das Vorgehen und der Aufwand des Plans und der Charaktere sich klimaktisch befriedigend auflöst. Erst wenn das nicht mehr gegeben ist, fällt es mir schwerer, über Logik und Wahrscheinlichkeiten hinwegzusehen. Da bietet TDKR ein Musterbeispiel für ein für meine Belangen störendes "Plothole": Als Bruce Wayne es endlich geschafft hat, sich aus dem Tunnel-Gefängnis zu befreien, steht er mitten in der Wüste und wandert in Richtung einer größeren Stadt. Nur einen Schnitt später trifft er in Gotham City wieder auf Selina Kyle – und das ergibt bei aller Liebe wenig Sinn.
Der ganze Film macht zu diesem Zeitpunkt einen riesigen Bohei darum, dass Wayne sein ganzes Vermögen verloren hat, dass der Angriff auf die Wall Street durch Bane seine finanziellen Reserven vernichtet hat. Bruce verliert, bevor er Batmans Identität und seinen Lebenswillen beinahe aufgibt, zu allererst sein Vermögen. Und trotzdem ist es für ihn kein Problem, in weniger als 24 Stunden aus der Wüste in eine Großstadt irgendwo im Nirgendwo zu marschieren, sich wie auch immer in eine Passagiermaschine zu setzen, in die USA zu fliegen und unbemerkt ohne Unterstützung und jede Ausstattung in das abgeschirmte, vom Militär umstellte, eingefrorene Gotham City zu marschieren? Nie im Leben!
Und hierbei stört mich gar nicht mal die tatsächliche Logik hinter diesen Ereignissen, sondern die Frage: Warum um alles in der Welt macht Nolan so ein Geschehen um den Geldverlust von Bruce Wayne, wenn es später im Film nie wieder eine Rolle spielt? Bruce hat nie ernsthaft mit seinen Geldproblemen zu kämpfen (außer das sie ihm den Strom abstellen und er seine Olle vor dem Kaminfeuer beglücken muss --- der arme Kerl). Und dann, wenn endlich eine Szene kommt, in der dies zu einem interessanten Konflikt führen könnte, vergisst der Film das und Bruces Heimkehr in die USA findet im Off statt? Nicht mit mir.
Solche Dinge stören mich wie gesagt nicht ihrer Unlogik per se wegen, sondern weil hier erzählerisch etwas eindeutig nicht im Gleichgewicht ist. Über andere Logikprobleme kann ich hinwegsehen. Beispielsweise warum genau Bane mit Bruce um die halbe Welt in das Tunnel-Gefängnis fliegt, um ihm da eine Ansprache zu halten und dann wieder zurück nach Gotham zu fliegen. Für ein 3 Minuten Gespräch fliegt der meistgejagte Mann der Welt um die halbe Welt? Warum? Unnötiges Risiko. Aber es ist filmischer, wenn Bane mit Bruce in der Zelle ist, also kann ich damit leben. Genauso ist die PTS eigentlich Unsinn. Warum lassen Bane und zwei seiner Dudes sich absichtlich gefangen nehmen? Für den Ablauf der Szene ist das total unerheblich, das Flugzeug hätten sie auch so kapern können und den Professor trotzdem entführen. Es gibt keinen ersichtlichen Grund, sich gefangennehmen zu lassen. Hat Bane so ein großes Geltungsbedürfnis? Aber wie gesagt: Damit kann ich leben, Filme müssen nicht logisch sein. Erzählerischer Aufwand muss sich aber rechtfertigen. Hätte Bane sich nur dazu gefangennehmen lassen, um einen Fallschirm zu klauen und wieder abzuhauen, wäre das mau und doof gewesen.
dernamenlose hat geschrieben: 21. August 2020 12:39
Allerdings hätte ich eine Frage dazu: Schränkt das den Genuss des Filmes für dich ein, weil es dir beim Schauen auffällt und dich stört, oder ist das eher die Interpretation mit etwas Abstand.
Hm, wenn es mir auffällt (und wenn, dann fällt es mir beim Schauen auf, weil ich mir selten nach einem Film noch länger Gedanken zum Plot mache), dann stört es mich sehr. Und manchmal sind es auch Sachen, die ich erst beim zweiten, dritten oder vierten Mal schauen entdecke, dann stören sie mich auch. Das sind nämlich fundamentale Dinge, die stimmen müssen, weil sie direkter Bestandteil des Narrativs sind, das Endergebnis in der vorher aufgestellten Gleichung sozusagen. "Der König der Löwen" kann ich beispielsweise nicht ausstehen, weil das hinsichtlich des Plots und der Implikationen des Plots einer der dämlichsten Filme aller Zeiten ist (und nein, nicht deshalb, weil die Löwen da singen und tanzen können
). Bei TDKR fand ich das Ende des Films schon immer unbefriedigend, mittlerweile konnte ich mir erklären warum. Die Erklärung ist die, die da oben steht. Ob ich das nach dem ersten Sehen schon so hätte artikulieren können? Vielleicht, hängt immer davon ab, aber das es mich da schon unterbewusst gestört hat, davon bin ich überzeugt. Wenn Nolan sowas anfängt, muss er es auch zu Ende bringen, allerdings kann er diese sozialkritischen Theorien in einem Blockbuster nicht verhandeln, weil er uns dann um einen Klimax berauben würde. "The Dark Knight" hat im letzten Drittel übrigens ein ähnliches Problem, stiehlt sich aber wesentlich eleganter und cleverer aus der Affäre. Mit anderen Worten: Auch wenn es nicht die erste Sichtung war, habe ich diese Gedanken direkt während des letzten Anschauens von "The Dark Knight Rises" gehabt und es hat mich unmittelbar beim Filmgucken gestört.