Ich bin seit gestern dabei, die Craig-Bonds zum ersten Mal seit mindestens 2 Jahren wieder anzuschauen und bin nach der heutigen Sichtung von QOS regelrecht begeistert. Mir hat der Film immer ganz gut gefallen, aber mehr als 7 bis 8 von 10 Punkten hätte ich nie vergeben, heute wäre ich mit 9 bis 9,5 von 10 dabei
Was mir bisher nie so richtig aufgefallen ist, ist, dass QOS vom Aufbau der Story viel mehr ein "Formular-Bond" ist, als er generell wahrgenommen wird. Über die PTS wird geschickt von CR übergeleitet, nach den Titles ist man sofort in der neuen Story und nach weiteren 10 Minuten hat man eine modernisierte Form des ganz klassischen Briefings in London, bevor es für Bond zur ersten exotischen Location geht, fehlt eigentlich nur der Besuch in der Abteilung Q. Vor Ort gibts ein bisschen Detektiv- bzw. Ermittlungarbeit, bevor nach etwa einer halben Stunde der Bösewicht, Bond und das Haupt-Bondgirl zum ersten Mal aufeinandertreffen. Es folgen weitere typische Bond-Ermittlungen, nur dass die obligatorische Casino-Szene diesesmal in der Oper stattfindet.
Danach kommt m.E. der einzige wirkliche Schwachpunkt in der Geschichte: Die ziemlich spärrlich begründete quasi-Suspendierung von Bond, weil er einen Bodyguard getötet haben soll wirkt erstmal nicht schlüssig. Ein bisschen stichhaltiger wird es später zwar, als nämlich während der Szenen im Hotel mit M klar wird, dass der MI6 unter erheblichen Druck seitens der Regierung und des CIA steht. Kurz nach der Oper in Bregenz aber wirkt es, als ob man auf Biegen und Brechen das Motiv des "Ermittelns auf eigene Faust" einbauen wollte. Hätte man das Treffen von M mit dem Minister und eine Szene, die zeigt, wie der CIA den MI6 beeinflussen will, vor dem Abzug von Bond eingebaut und hätte M sich früher mit Bond solidarisiert als erst im Hotel, wäre die Story m.E. schlüssiger gewesen. Schade drum. Das ist aber auch der einzige Haken, den sich die Story erlaubt.
Sonst fällt wohltuend auf, dass die berühmte halbe Stunde, die Filme (nicht zuletzt CR) gerne zulange sind, hier fehlt. Der Film ist kurz und bündig, unnötiger Kitsch und Sentimentalitäten fehlen. Wahrscheinlich ein Grund für den eher durchwachsenen öffentlichen Ruf des Films.
Ich muss sagen, je näher ich zum herrlich offenen Finale des Films in der Wüste gekommen bin, desto klarer ist mir geworden, was für ein enormes Potenzial EON hier verschenkt hat. Wie toll hätte man mit Bond 23 an dieses Ende anknüpfen können, wie viel passender wäre die Einführung von Blofeld bereits im Folgefilm gewesen, mit Mr White als zentralem Charakter und Quantum statt Spectre als Blofelds Organisation.
So sehr ich SF und SP schätze, aber SF passt nicht an die 23. Stelle der Bondreihe und der Mendes' Stil der Inszenierung, sowie das duchlöcherte Drehbuch von SP werden der Basis, die CR und QOS gelegt haben, nicht ansatzweise gerecht. Wie gesagt, ich möchte weder SF noch SP missen, aber wie fantastisch die Craig-Reihe hätte werden können, wenn man im schlanken Stil von Forster oder auch Campbell mit einer schlüssigen, duchlaufenden Story über weitere 1 bis 2 Filme weitergemacht hätte, ist mir erst heute klar geworden.
Zurück zum Film: QOS wird für seine Humorlosigkeit gescholten, aber so weit vom staubtrockenen Humor eines Sean Connery ist Craig hier gar nicht entfernt. Natürlich ist er als Bond viel kälter und natürlich zieht Craig die Augenbraue nicht hoch, wenn er eine Bemerkung macht, aber ich finde, hier wird Craig ein bisschen Unrecht getan.
Zum Schluss möchte ich noch den Score loben, m.E. David Arnolds feinste Arbeit für Bond. Besser als in "Night At The Opera" kann man die Bedrohung und zeitgleich die Unklarheit aufgrund der unbekannten Organisation Quantum nicht ausdrücken, Chapeau!
Alles in allem ist QOS m.E. eine hoch gelungene, schlanke und moderne Interpretation eines klassischen Bondfilms, viel besser kann man es nicht machen. 9,5 von 10 Punkten.