GoldenProjectile hat geschrieben: 11. April 2019 16:56
Iron Man ist in den letzten elf Jahren in acht Filmen aufgetreten, in sieben davon als Protagonist und Zugpferd. Oder verstehe ich dich jetzt falsch und du meintest das Gleiche? Auf jeden Fall doppelt so oft wie Bond.
Ja, ich denke wir meinen hier das Gleiche. Ich wollte darauf hinaus, dass obwohl Marvel im Gegensatz zu Bond eine ganze Reihe von verschiedenen Helden auffährt trotzdem einer (wenn nicht sogar) der beliebteste/n mindestens genau so oft wie Bond aufgetaucht ist und daher aus meiner Sicht nichts dagegen spricht,…
GoldenProjectile hat geschrieben: 11. April 2019 16:56
Aber sowieso komme ich bei dem Vergleich nicht ganz mit, denn wenn du sagst
(…)
passt das irgendwie nicht so recht, denn gerade die Marvel-Dingse sind nun mal keine einfachen Missionsfilme. Alleine in den letzten drei Jahren (weiter zurück kann man bei der Dichte und Kurzlebigkeit der Reihe ja fast nicht gehen) wurde das volle Repertoire an persönlichen Wehwehchen und Dramen aufgefahren. Sei es Freundschaften, die sich im Weg stehen und zerbrechen (Civil War), der Oberschurke als Vater des Love Interests (Homecoming) oder in bester Ernst-Manier ein böser, neidischer Verwandter als Oberschurke (Ragnarök, Black Panther). Oder meintest du das gar nicht so?
…dass man die gleiche einfache Geschichte mit der selben Hauptfigur immer wieder mit Variationen ans Publikum bringen kann. Darauf wollte ich hinaus bei meinem Vergleich, weniger auf eine Parallele hinsichtlich „Man on a Mission“ – obwohl bei Marvel es ja auch zumeist um irgendeine „Mission“ für den Helden geht, denn irgendeinem Superschurken gilt es ja eigentlich immer das Handwerk zu legen und nicht selten muss dabei auch gleich die Welt (respektive die „Welt“, in der sich das Geschehen abspielt) gerettet werden. Bezüglich der persönlichen Wehwechen hatte ich immer den Eindruck, dass diese bei Marvel eher Beiwerk waren und nie so ins Zentrum gerückt wurden wie bei den Craig-Filmen. Daher auch meine Argumentation, dass Marvel ein gutes Beispiel dafür ist, wie man auch mit einfach gestrickten und inhaltlich wie formal repitativen Filmen ein Publikum lang- (oder zumindest mittelfristig) begeistern kann. Aber ich bin da auch kein Experte und mein letzter Marvelfilm liegt mehr als drei Jahre zurück, von daher mag das mittlerweile anders sein.
GoldenProjectile hat geschrieben: 11. April 2019 16:56
Ich möchte Hilles Aussage, in der sicher ein grosser Kern Wahrheit steckt, zumindest insofern relativieren dass es für eine zeitgemässe, persönlichere Ausgabe der Bondfilme keiner küchenpsychologischer Entmystifizierungen im Sinne Sam Mendes' bedarf, sondern ein leichtes Umgewichten des Grundrezepts hier durchaus schon Wunder wirken könnte.
Ich denke, dass man sich mittlerweile selbst stark begrenzt hat dadurch, dass man die Filme seit der Craig-Ära sehr eng an die Realität gekoppelt hat. Damit will ich nicht sagen, dass die Craig-Filme unbedingt realistischer sind als ihre Vorgänger, sondern dass die portraitierte Welt (und damit eben auch Schauplätze, Plots, Figuren, Technik etc.) sich wesentlich stärker an unserer realen Welt orientiert als bei den Serienbeiträgen zuvor. Das wiederum hat zur Folge, dass man ein aktuelles Publikum tatsächlich nur noch schwer mit etwas Neuem (oder einer einfachen „neuen“ Mission) begeistern kann. Aber die Frage sollte doch dann lauten, warum muss es denn unbedingt so real sein? Natürlich liegt der Hintergrund hierfür auf der Hand, nämlich dass man analog zu den „charakterorientierten“ Filmen auch das ganze Drumherum realer und damit greifbarer machen wollte. Wenn wir hier aber darüber diskutieren, dass bzw. ob Bondfilme ohne die mittlerweile zum Usus gewordene persönliche Komponente noch verkaufbar sind, dann ist dieser Punkt meines Erachtens mitentscheidend.
Hier wurde ja bereits die Möglichkeit eines in der Vergangenheit spielenden „Retro-Bonds“ angesprochen. Gleichwohl ich solch einen Film (oder auch mehrere davon) sehr gerne sehen würde glaube ich nicht, dass man ein Massenpublikum mittelfristig mit diesem Konzept ansprechen kann. Das liegt vermutlich auch daran, dass Bond immer mit der Zeit gegangen ist und gerade was den technischen Standard angeht seiner Zeit eigentlich sogar immer voraus war (z.B. durch die Gadgets). Das würde man mit einem Retro-Bond komplett ins Gegenteil verkehren. Einfallsreiche Gadgets auf dem technischen Niveau früherer Jahrzehnte könnten leicht unfreiwillig komisch für ein aktuelles Publikum werden, ebenso
zeitgenössisches Verhalten oder Moralvorstellungen.
Dennoch – der Gedankengang ist meiner Ansicht nach der richtige, lediglich sollte man Bond nicht in der Zeit zurückschicken um aus der „persönlichen“ Sackgasse zu kommen, sondern ihm wieder eine eigene, alternative Welt zugestehen. Für mich war bei den älteren Filmen eigentlich immer klar, dass der jeweilige Bond zwar im Hier und Jetzt angesiedelt war, aber eben dennoch in einem eigenen Parallel-Universum mit etwas anderen Regeln. Dadurch konnte man sowohl inhaltlich als auch figürlich und technisch sich deutlich freier „austoben“ als innerhalb der engen Grenzen der realen Welt. Dadurch wurde alles auch etwas größer und fantastischer (letzteres ist übrigens meiner Ansicht nach ebenfalls ein integraler Bestandteil der Bondformel, welcher für meinen Geschmack in der Craig-Ära stark vernachlässigt wurde – wenn auch aus nachvollziehbaren Gründen) und somit fürs Publikum spektakulärer.
Wenn also beispielsweise die Exotik der existierenden Welt nicht mehr der Bringer ist, da mittlerweile – Neckermann macht’s möglich – praktisch alle noch so entfernten Paradiese via Pauschalreise auch für Ottonormalbürger erreichbar sind, warum sich dann nicht seinen eigenen exotische Handlungsschauplatz erschaffen? Warum nicht ein neues St. Monique oder Isthmus City ins Spiel bringen? Warum nicht eigene politische Szenarien etablieren, wenn die realen Bündniskonstellationen keine verwertbare Basis bieten? Warum nicht wieder mit abgefahrenen und die Regeln der Realität bewusst dehnenden Sets aufwarten, etwas was im Zuge der „Realitäts“-Schiene der letzten Filme leider auch etwas in Vergessenheit geraten scheint. Es muss ja nicht gleich immer ein ausgehöhlter Vulkan sein, aber Möglichkeiten gäbe es da genügend.
Von daher – und hier schliesst sich mein argumentativer Kreis wieder – sollte man sich in dieser Beziehung ruhig auch etwas von Marvel & Co. Darin bestätigen lassen, dass man durchaus auch im heutigen Kino noch mit Geschichten abseits der realen Welt ein Massenpublikum überzeugen kann, man müsste das eigene Konzept lediglich wieder etwas dahingehend öffnen.