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von ernst stavro b.
Agent
Ich würde bezüglich der Craig-Ära zunächst anmerken, dass ich glaube, dass der Verlauf der Filme von vornherein gar nicht so geplant war, wie es gekommen ist. Das lässt sich am besten anhand der verschobenen Gunbarrel-Sequenzen nachvollziehen: Vor CR wurde die Verschiebung auf den Zeitpunkt nach der Pretitle damit gerechtfertigt, dass die Gunbarrel für den 00-Status von Bond stehe. Und Regisseur Campbell hatte mehrfach (ich meine sogar unisono mit den Produzenten) davon gesprochen, dass Bond am Ende von CR der Bond sei "who we all know and love". Es kam aber anders. In QOS war Bond doch nicht mehr der, den wir alle kannten und liebten, und der er am Ende von CR mit dem Maschinengewehr vor der Villa (tolle Szene) auch wirklich war (der gute alte Bond). Und die Gunbarrel rückte plötzlich ganz ans Ende des Films, diesmal mit dem Argument, dass Bond als Charakter nach dem Film "fertig" sei. Was für ein Schwachsinn, denn der Charakter keines Menschen und kein Mensch auf Erden ist jemals "fertig". Und tatsächlich: In SF rückte die Gunbarrel dann auch wieder ans Ende (wenn auch laut Mendes mehr aus ästhetischen Motiven). Im Endeffekt steht fest: Die Gunbarrel und deren Platzierung steht für gar nichts mehr. Es wurde vermurkst. Und das ist das Problem der Craig-Ära: Man nimmt Spielzeuge in die Hand, die zu gefährlich sind, um leichtfertig mit ihnen zu hantieren - und am Ende verbrennt man sich die Finger. Den Schmerz heilen auch nicht die Einnahmen, die an den Kinokassen klingeln.
Deshalb glaube ich: Die Craig-Ära wird meines Erachtens einmal als der anspruchsvoll inszenierte Abschluss einer großen Filmreihe gesehen werden. Es wird dermaßen viel an Themen und biographischen Hintergründen verheizt, dass schon jetzt - und es kommen noch zwei Craig-Filme - kaum etwas übrig bleibt. In der Skyfall-Rezension der FAZ wurde angemerkt, mit Skyfall habe Bond nun endgültig eine Biographie bekommen - durch den Hinweis auf die Eltern und das Elternhaus -, und wessen Biographie bekannt ist, der werde auch irgendwann sterben. Bond ist nicht mehr zeitlos.
Dazu kommt in meinen Augen die Einstellung der Bond-Produzenten Barbara Broccoli und Michael G. Wilson, die etwas beängstigendes hat. Man ist bereit, so viel, was die Serie vorher ausgemacht hat, preiszugeben (allein die Verschieberei des Gunbarrel und die komplette Ist-mir-egal-Haltung Broccolis dazu in einem der jüngsten Interviews), und geht zugleich sehr stark auf Craig ein, der natürlich, weil er ein guter Schauspieler ist, sein Talent auch zeigen möchte. Das funktioniert aber nur mit vielen dramatischen Elementen, sonst wäre sein Können ja Perlen vor die Säue. Da nun schon Vesper und Bonds Eltern abgehakt sind und die Tracy-Geschichte bereits in OHMSS vorkam und ich kein Remake erwarte, gehe ich davon aus, dass man versuchen wird, im übernächsten Bondfilm den Tod Bonds zu inszenieren. Ich glaube, dass Broccoli und Wilson - die ja auch nicht jünger werden - weder Lust noch Ideen haben werden, nach der Craig-Ära die Bondfilme fortzuführen. Für einen Verkauf der Rechte am Bond-Franchise aber war EON immer schon zu eigensinnig. Deshalb wird mit Craig auch die Bond-Reihe enden.
Ich könnte mir höchstens noch vorstellen, dass man tatsächlich, wie jüngst auch wieder berichtet wurde, auf einen schwarzen Bond umsattelt. Das wäre dann aber nicht mehr die alte Filmreihe, sondern etwas komplett neues. Interessanter fände ich indessen die Idee, Remakes der ganzen alten Filme zu machen, wird aber wohl nicht passieren.