Es ist vollbracht! Vor knapp einer Woche tauchten die ersten Berichte von Finanz- und Filmbranchenblätter über einen möglichen Verkauf von Metro-Goldwyn-Mayer (MGM) an Amazon auf, nun haben es beide Firmen auch schon offiziell verkündet. Für unglaubliche 8,45 Milliarden Dollar soll das legendäre Filmstudio MGM vom weltgrößten Onlinehändler gekauft werden.
Seit vielen Jahren gab es immer wieder Berichte über Verhandlungen zu einer möglichen Übernahme des angeschlagenen Studios. Mehrheitlich gehört MGM aktuell noch der Investmentfirma „Anchorage Capital Group“, 2010 meldete das Studio Insolvenz an, konnte danach aber „weiterleben“. Der Kauf von MGM, das neben dem Herzstück – den Teilrechten an den James-Bond-Verfilmungen – auch über 4.000 Filme und 17.000 TV-Produktionen besitzt, hilft Amazon natürlich bei seinen Ambitionen im Film- und Streamingsektor gegen die Konkurrenten wie Netflix und Disney. Mit den „Amazon Studios“ hat der Online-Gigant bereits eine Filmproduktionsgesellschaft gegründet und veröffentlicht auf seiner Streamingplattform „Amazon Prime Video“ Serien und Filme. Der Kauf soll noch bis Ende des Jahres abgeschlossen werden. Die Marke MGM soll weiterbestehen.
„Der tatsächliche finanzielle Wert hinter diesem Deal ist die Schatztruhe des geistigen Eigentums aus diesem riesigen Katalog an Produktionen, die wir zusammen mit dem talentierten Team von MGM neugestalten und erweitern möchten“,
beschreibt Mike Hopkins (Amazon) die vielen Möglichkeiten, die sich Amazon auch auf längere Sicht gesehen durch den Kauf von MGM erhofft.
Was bedeutet der MGM-Deal für 007?
Für den geplanten Kinostart des 25. James-Bond-Filmes wohl einmal nichts. Sowohl MGM als auch EON Productions möchten den Film im Herbst (aktuell ist es der 30.9.2021 in Deutschland) in die Kinos bringen. Daran wird auch der Amazon-Deal nichts ändern, selbst wenn der Film pandemiebedingt ein weiteres Mal verschoben werden sollte – die Bond-Produzenten wollen den Film zuerst auf der großen Leinwand herzeigen.
„Wir fühlen uns dazu verpflichtet, neue James-Bond-Filme weiterhin für das weltweite Kinopublikum zu veröffentlichen“,
schreiben Barbara Broccoli und Michael G. Wilson dem Filmbranchenblatt Variety in einem kurzen Statement zum MGM-Amazon-Deal.
Seit 1962 teilt sich MGM die Filmrechte an dem James-Bond-Franchise mit der Londoner Filmproduktionsfirma „EON Productions Ltd“. MGM finanziert die Filme, kümmert sich um den (Kino-) Vertrieb und teilt sich dann den Profit mit EON Productions, die den Film produzieren und herstellen. Die von Albert R. Broccoli & Harry Saltzmann 1961 gegründete Filmproduktionsfirma wird derzeit von den Halb-Geschwistern Barbara Broccoli und Michael G. Wilson geführt, die seit jeher bei allen Angelegenheiten rund um die 007-Filme – vom Marketing, Casting bis hin zum Vertrieb von neuen Ideen und Bond-Produktionen – ein Vetorecht besitzen und somit bei allen Themen rund um die Bondfilme das letzte Wort haben. Ohne das Einverständnis von EON können jedenfalls keine neuen Bond-Inhalte erschaffen oder Änderungen im Franchise vorgenommen werden.
„Ob Fluch oder Segen, wir sind die Hüter dieser Figur [James Bond]. Und wir nehmen diese Verantwortung sehr ernst“,
so Barbara Broccoli kurz und knapp in einem Interview 2020 mit Variety.
Aktuell gehe ich deshalb davon aus, dass auch unter der Schirmherrschaft von Amazon neue Bondfilme weiterhin zuerst im Kino zu sehen sein werden, wobei sich der Zeitpunkt einer Streaming-Veröffentlichung zukünftig sicherlich noch bewegen könnte (und dann möglicherweise zuerst exklusiv bei Prime Video). Ob das auch noch in ferner Zukunft gilt, ist derzeit schwer abzuschätzen – das hängt sicherlich auch von den Wünschen und Bedürfnissen der Filmfans ab (wie es Barbara Broccoli in dem Interview 2020 schon angedeutet hatte) und ob sich das Kino gegen das Streaming behaupten kann.
Natürlich könnten durch die Amazon-Beteiligung in Zukunft auch neue James-Bond-Inhalte entstehen – wäre etwa eine eigene Bond-Serie parallel und unabhängig von den Bond-Filmen denkbar? Ich würde das nicht ausschließen, sofern man EON Productions für solch ein Projekt überhaupt jemals begeistern kann (bei entsprechender Qualität?). Das gibt uns Fans einerseits ein gutes & beruhigendes Gefühl, da man glaubt zu wissen, dass es jemanden gibt, der James Bond nicht gleich bei der ersten Gelegenheit vermarktet. Andererseits hat EON Productions Anfang der 2000er Jahre tatsächlich an einem „Jinx“-Spinoff gearbeitet. Da hofft man doch gleich wieder auf die künstlerische Qualität der Amazon-Leute, die das mit Serien wie „Bosch“, „Fleabag“ oder „The Marvelous Mrs. Maisel“ ja auch schon bewiesen haben. ;)
Aber ja, wäre es möglich, dass durch die Amazon-Beteiligung wieder etwas „mehr Schwung“ in die Bond-Produktionen kommt? Durchaus, sowohl terminlich als auch kreativ könnte sich schon BOND 26 in eine neue Richtung bewegen. Mit Amazon im Hintergrund könnte der Druck auf EON Productions in manchen Bereichen steigen (den Beginn könnte gleich die mögliche Suche nach einem Daniel-Craig-Nachfolger machen). Und vielleicht stehen die bisherigen Bondfilme ja bald den 200 Millionen Prime-Abonnenten (kostenlos) zur Verfügung – auch wenn die Vielfalt der Abendgestaltung dann bei manchen stark leiden könnte. Bei mir jedenfalls.
Abschließend sei erwähnt: Auch wenn wir zum jetzigen Zeitpunkt noch nicht wissen können, welche Auswirkungen die Amazon-Übernahme auf 007 in den nächsten Jahren haben wird, ist es doch sicherlich positiv, dass diese langwierige „MGM-Saga“ endlich ein Ende hat und wir uns in den nächsten Jahrzehnte keine (finanziellen) Sorgen mehr um das Bond-Franchise machen müssen. Dass früher oder später ein großer Konzern MGM übernehmen wird, war nämlich klar – es hätte genauso Apple, Netflix, Disney, Warner etc. oder auch ein chinesischer Konzern sein können.