AnatolGogol hat geschrieben: 6. März 2014 16:57
Big Wednesday (1978) – John Milius
So, auch dieser einst weisse Punkt auf der Milius-Karte ist abgehakt.
AnatolGogol hat geschrieben: 6. März 2014 16:57
Ebenso hält Milius auch hier wieder jede Menge erinnerungswürdiger Moment in großartigen Bildern fest. Momente wie das einsam zurückbleibende mexikanische Mädchen, die mitternächtliche Ehrbezeugung auf dem Soldatenfriedhof oder die mehrfach grandios eingefangenen Sonnenuntergänge erinnern an ähnlich große Momente im Werk von Künstlern wie Ford, Lean oder Peckinpah. Geradezu überwältigend sind die Surfszenen festgehalten. Nicht nur, dass die Naturgewalt der haushohen Brandungen eindrucksvoll und wuchtig wiedergegeben wird, die abenteuerliche Kameraarbeit, mit der die waghalsigen Surfeskapaden eingefangen wird (gerade auch wenn die Kamera in die subjektive Perspektive der Surfer wechselt) ist schlicht und ergreifend spektakulär.
Den wohl allergrößten Anteil an der Wirkung des Films hat neben der Inszenierung ohne Zweifel Basil Poledouris sensationeller Soundtrack. Poledouris Arbeit für Big Wednesday unterstreicht zum einen perfekt den gefühlvollen, melancholischen Ton des Filmes mit wunderschönen, feineren Stücken wie auch die beeindruckend wuchtigen Surf- und Brandungsszenen mit epischen, mächtigen, ja geradezu triumphierenden Stücken. Dabei ist der Soundtrack nie überdominant oder kleistert den Film zu sondern verschmilzt förmlich mit Milius Bilderpracht.
Sehe ich genauso, visuell holt Milius wirklich viel Stimmung aus der Geschichte heraus und unterstreicht die Intention der Szenen immer wieder trefflich. Das Surfthema erhält nicht zuletzt dadurch eine nahezu mythologische Bedeutung für die Protagonisten, vor allem im letzten Segment, als die drei Freunde sich an der motivisch immer wieder eingewobenen Strandtreppe treffen und ohne grosse Fragen mit dem Brett unterm Arm in Richtung Wellengang marschieren, hier entfaltet sich eine ungemeine Stimmung des Surfsports als unvergängliches Freundschaftselement, aber auch als verführerisch-zerstörerische Faszination für die Charaktere, ähnlich wie etwa der Tauchsport in Bessons Le Grand Bleu. Nicht zuletzt da Milius die Wellen des "Big Wednesday" eindrucksvoll als gigantische Naturgewalt bebildert und Poledouris' sehr gelungener Soundtrack wie du sagst besonders hier mit den Bildern verschmilzt. Die Surfszenen sind natürlich die sorgfältig gesetzten Höhepunkte und funktionieren als gleichermassen eindrucksvoll-spektakuläre wie meditativ-schöne Momente.
AnatolGogol hat geschrieben: 6. März 2014 16:57
Zwar sucht man in der Besetzung von Big Wednesday die ganz großen Namen vergeblich, ähnlich wie zB auch in Conan nutzt Milius dies jedoch als Vorteil, indem er zum einen mit der Unverbrauchtheit seiner Darsteller die Charakterisierung seiner Hauptfiguren perfekt unterstreicht und zum anderen auch dieses mal wieder das Maximum an Darstellerleistungen von seinen Schauspielern abrufen konnte. Gerade Jan-Michael Vincent, der in seiner Karriere als Film- und TV-Star nicht wirklich als darstellerisches Schwergewicht aufgefallen ist, spielt in der Schlüsselrolle des Ausnahmesurfers Matt, dem auf seinem Board alles gelingt, der mit seinem Leben aber nur schwer klarkommt, ganz bemerkenswert auf. Wie er die diversen Facetten und Brüche seiner vielschichtigen Figur meistert das ist schon sehr stark. Auch William Katt in der Rolle des eher besonnenen und den Konventionen folgenden Jack liefert eine tolle Darstellung. Völlig überdreht und ausgeflippt darf man Gary Busey in einer für ihn typischen Rolle als Leroy, der Masochist bewundern, wobei sein Auftritt in Big Wednesday sowas wie der Prototyp für viele ähnlich geartete Busey-Rollen darstellt die folgen sollten. Dennoch hat selbst Busey seine ruhigeren, melancholischeren Momente, in denen er ebenfalls stark aufzutrumpfen weiss.
Auch hier kein Einspruch von meiner Seite, ich möchte nur noch ergänzen wie überzeugend der Wandel von verspielten Teenagern zu gereiften Anfangdreissigern sowohl darstellerisch als auch optisch gelöst wird. Ich musste im Nachhinein zuerst einmal recherchieren, ob hier drei Jungs auf älter gemacht oder drei erwachsene Schauspieler zunächst Jugendliche gespielt haben - letzteres ist der Fall, zumindest bei Vincent und Busey, während Katt altersmässig etwas dazwischen liegt. Aber gerade Katt schafft den Sprung vom etwas biederen Schulbuben zum beschnauzten Vietnam-Veteran meisterlich, was ich einem makellosen Zusammenspiel aus Darsteller, Regie und Makeup-/Frisur-Departement anrechnen würde.
Mir hat Big Wednesday viel Spass gemacht in seiner Überschneidung von Drama, Komödie und Coming-of-Age, immer mit dem Thema Freundschaft und Erwachsenwerden im Zentrum und katalysiert durch die mythologisch geschilderte Surferthematik. Vieles von dem was du geschrieben hast würde ich so oder in ähnlicher Form unterschreiben und eine weitere Sichtung bietet sich irgendwann definitiv an, hier könnte der Film durch die von Anfang an gegebene Kenntnis der Charaktere und ihres gemeinsamen Weges durchaus noch mehr Eindruck machen. Was gibt man hier also notenmässig? 9 Punkte? 9,5? Keine Ahnung, aber bei mir hat der Film auf jeden Fall einen starken Eindruck hinterlassen.